Weidmännische Begriffe – Fachjargon oder einfach nur Jägerlatein?
Übertriebene Berichte von Beinahe-Jagderfolgen nennt der Volksmund gern "Jägerlatein". Doch dadurch wird dieser Begriff eigentlich falsch interpretiert.Einfach zum Schießen: Neue und alte Jägerwitze |
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Wie es zum Begriff Jägerlatein kam
Korrekterweise wird dieses ursprüngliche Jägerlatein eigentlich als Weidmannssprache bezeichnet, welche zu den sogenannten Zunft- oder Standessprachen zählt. Ihre Entwicklung ist bis in das Hochmittelalter zurückverfolgbar: Um ihre Jagdausflüge erfolgreich zu gestalten, beschäftigten die damaligen Adelsgesellschaften spezielle Jäger und Treiber. Diese verwendeten untereinander, wie andere Berufsgruppen auch, nach und nach immer mehr Fachausdrücke, deren Bedeutung anderen Menschen weitgehend verborgen blieb. Vermutlich aufgrund dieser Tatsache prägte der Volksmund den Begriff Jägerlatein. Bisweilen konnte es dabei sogar vorkommen, dass die uneingeweihten Zuhörer einen Begriff zwar kannten, ihn jedoch völlig anders interpretierten:
Worte der Jägersprache mit abweichender Bedeutung
So kann etwa das Wort "Wolle" nicht nur mit Schafen oder Bekleidungsmaterial assoziiert werden. Die Jägersprache versteht darunter stattdessen die Haare von Hasen und Kaninchen sowie das weiche Grundhaar des Schwarzwilds im Winter.
Ähnlich haarige Verwechslungsgefahren bringt der Begriff "Fahne" mit sich: Er bezeichnet die lange Behaarung an der Schwanzrute einiger Hunderassen sowie die aufwärts gerichteten Seitenteile einer Vogelfeder.
"Spießer" wiederum sind nicht nur die peniblen und spaßfreien Bürger unserer Gesellschaft. Im weidmännischen Sinne handelt es sich dabei vielmehr um Elche, Hirsche und Rehböcke während ihrer ersten Geweihbildung.
Ob Gewehre eine "Seele" haben, ist für echte Jäger übrigens keine Glaubensfrage: Sie wissen es, denn in der Jägersprache heißt so die Bohrung des Gewehrlaufs.
"Schweinisch" doppeldeutige Begriffe
Wer die Begriffe "Teller", "Schüssel" und "Kessel" hört, denkt vermutlich vorrangig an entsprechende Küchenutensilien. In der Jägersprache hingegen bezeichnen Teller und Schüssel gleichermaßen die Ohren des Schwarzwilds, also der Wildschweine. Deren Lager wiederum heißt Kessel.
"Schweinisch" lässt sich übrigens auch das Wort Überläufer interpretieren. Die Jäger verstehen darunter keine verräterischen Geheimdienstagenten, sondern schlichtweg ein Wildschwein im zweiten Lebensjahr.
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Eigenbegriffe der Jägersprache
Es gibt jedoch im weidmännischen Fachjargon auch Worte, die dem Laien völlig unverständlich sind. Dazu gehört etwa der "Prudel", womit eine Suhle von Rothirschen oder Wildschweinen gemeint ist. Bekanntester Vertreter dieser Gruppe spezieller Eigenbegriffe dürfte wohl das sogenannte "Halali" sein. Heute beendet es als geblasenes Signal die Jagd. Ursprünglich war es jedoch eine französische Redewendung. Sobald ein gehetzter Hirsch ermattete und sich den Hunden stellte, rief man: "Ha, la lit" (Ha, da liegt er).
Die bisher genannten Beispiele sind natürlich nur ein winziger Bruchteil des weidmännischen Fachjargons, welcher mehrere tausend Begriffe umfasst. Bereits die Beherrschung einiger Grundbegriffe bedarf erheblicher Anstrengungen: Fortbewegung, Nahrungsaufnahme, Lautäußerungen und selbst der Kampfstil werden bei Tierarten im Bereich des Jagdwesens jeweils unterschiedlich bezeichnet. Hinzu kommt, dass einige Tiere je nach Geschlecht und Lebensalter durch separate Namensgruppen definiert werden. So lassen sich beispielsweise Wildschweine in insgesamt zwölf Kategorien einteilen ... Mit einiger Berechtigung kann man daher sagen: Die Jägersprache ist tatsächlich eine Wissenschaft für sich.