Wir warten auf den Weihnachtsmann - ... bald muss er kommen.

Vor ein paar Jahren, als meine Kinder noch im Vorschulalter waren, kam natürlich am Heiligen Abend immer der Weihnachtsmann. Die Kinder waren frisch herausgeputzt und saßen erwartungsvoll im Wohnzimmer. Der Esstisch, schön und festlich gedeckt, lud zum traditionellen Rouladenessen ein. Die Speisen schmorten langsam in der Küche und das ganze Haus durchzog appetitlicher Bratenduft.

Selbstgemachte Kartoffelklöße blubberten leicht vor sich hin und der Rotkohl war mir dieses Mal besonders gut gelungen. Ich hatte mir bereits Tage zuvor große Mühe mit der Zubereitung gegeben, schließlich sollte dieser Abend perfekt sein.

Kurz bevor der Weihnachtsmann erwartet wurde, trafen dann auch meine Schwiegereltern ein, schließlich wollten wir gemeinsam als Familie in trauter Runde schmausen und feiern. Nur mein holder Gatte, der leider bis zum Abend arbeiten musste, fehlte noch. Wir warteten.

Der Weihnachtsmann - Ist es Papa oder doch der echte?

Das Kinderlied: Morgen kommt der Weihnachtsmann

 

 

Mein Mann ist Berufsfeuerwehrmann. Er sollte dieses Jahr den Weihnachtsmann spielen. Da unsere ältere Tochter im Vorjahr bereits den Opa als Weihnachtsmann entlarvt hatte, musste nun der Papa ran.

Schon weit im Vorfeld hatten wir diesen Abend gemeinsam geplant. Die Oma hatte ein tolles rotes Kostüm mit falschem Pelzbesatz und großer Kapuze geschneidert, der Opa hatte eine alte Schweißerbrille ummodelliert und daraus eine Brille mit einem anhängenden langen und weißen Bart gebastelt. Das Gesicht war also nicht zu erkennen.

Es war verabredet, dass mein Gatte die Sachen beim Nachbarn postiert, sich nach seinem Dienst dort umzieht und dann als Weihnachtsmann verkleidet mit Geschenkesack (und einem großen Buch, worin die Untaten der Kinder des vergangenen Jahres verzeichnet sind, aber auch deren Wunschzettel) am Abend an die Tür klopft. So hatte mein Mann also auch seine Feuerwehrstiefel dabei und die dicken Lederhandschuhe.

Plötzlich pochte es recht laut an der Tür. Der Weihnachtsmann war endlich da.

Meine ältere Tochter öffnete mutig, die jüngere verschwand zunächst scheu unter dem Tisch und lugte am Tischbein hervor.

Tatsächlich - die Überraschung war gelungen. Keines der Kinder erkannte den Papa. Er war aber auch zu gut verkleidet. Ein Kissen am Bauch unter dem Kostüm sorgte für eine gewisse Fülle und das Gesicht war überhaupt nicht zu erkennen. Handschuhe und Stiefel sorgten dafür, dass man ihn auch anhand dieser Merkmale nicht erkennen konnte.

Eine sonore Stimme fragte dann unsere Kinder, ob sie auch brav waren. Allmählich kam die Kleine neugierig unter dem Tisch hervor und stellte sich sicherheitshalber aber doch hinter die große Schwester.

Schöne Bescherung - Der Tritt ins Glück

Das Licht war vorsorglich gedämmt worden, der Weihnachtsmann holte sein großes Buch (ein zweckentfremdeter Atlas) hervor und fragte die beiden Mädels streng und doch sehr liebevoll nach ihren "Untaten", schließlich wäre alles in dem großen Buch vermerkt. Dabei lief der Weihnachtsmann auf unserer hellen Wollauslegware hin und her - und wieder - hin und her.

Irgendwie roch ich es schon, aber durch Räucherstäbchen und Bratenduft war der Geruch zunächst undefinierbar. Und dann ging mir plötzlich ein Licht auf!

Der Weihnachtsmann war vor dem Haus mit beiden Füßen mitten in einen riesengroßen Hundehaufen getreten. Durch das Hin- und Herlaufen verteilte sich alles nun auf einer großen Fläche auf dem Teppich.

Was tun? Würde bewahren? Schließlich sollten die vor Ehrfurcht erstarrten Kinder ja nichts merken. Andererseits konnte ich natürlich nicht zulassen, dass alles weiter beschmutzt wurde. Ich kämpfte mit mir, meinem Gewissen und der schönen Weihnachtsstimmung.

Also fragte ich freundlich den Weihnachtsmann, ob er nicht wenigstens still stehen könnte. Mein über alles geliebter Ehemann war aber so in seine Rolle vertieft, dass er überhaupt nicht merkte, was los war. Er lief weiter hin und her. Der unangenehme Geruch wurde immer stärker.

Nun musste ich dringend handeln. Ich nahm kurzerhand Eimer, Bürste und Seife zur Hand und begann, vor dem Weihnachtsmann auf dem Boden kniend, den Boden zu schrubben. Der schaute nur verdutzt, hob die Füße, um dann erneut hin- und herzulaufen.

 

 

Die eine Katastrophe jagt die andere - ... es kommt noch schlimmer

Mit Tränen in den Augen schrubbte ich, was das Zeug hielt. Ich sagte kein Wort. Ich war sauer. Alles war so schön und perfekt geplant worden, und nun das. Meine persönliche Weihnachtsstimmung jedenfalls war auf dem Nullpunkt.

Der Weihnachtsmann machte seine Sache wohl recht gut, leider habe ich in meinem Zorn und der Enttäuschung nicht mehr sehr viel davon mitbekommen. Inzwischen hatte ich den dritten Eimer mit frischem Wasser aus der Küche geholt. Irgendwie schaffte ich es, zumindest die riesengroßen braunen Flecken aus der Auslegware zu entfernen. Der Geruch blieb jedoch und war recht intensiv. Also schrubbte ich weiter. Der Weihnachtsmann verließ das Haus.

Die Kinder packten mittlerweile ihre Geschenke aus. Es klopfte an der Tür. Mein Mann kam. Die Kinder stürzten sich auf ihn und erzählten ihm aufgeregt vom Weihnachtsmann, der gerade da gewesen war.

Der fünfte Eimer Wasser. Gott sei Dank hatte mein Gatte die Schuhe gewechselt.

 

Was riecht denn da so angebrannt?

... fragte meine Schwiegermutter, die den Braten längst gerochen hatte.

Ich stürzte in die Küche.

Es kam, wie es kommen musste. Meine ach so liebevoll und schmackhaft zubereiteten Rouladen bestanden nun noch aus einem Häufchen Kohle. Der Rotkohl gesellte sich dazu. Die Klöße bestanden jetzt aus einem undefinierbaren Brei.

 

Das konnte man nun wirklich nicht mehr essen. Was mache ich denn nur jetzt? Ich stand in der Küche und heulte los wie ein Schlosshund. Todunglücklich war ich in diesem Moment. Und was machte mein holder Gatte? Er kam in die Küche und meinte nur lapidar: "Macht doch nichts, reg Dich nicht so auf."

Die Großeltern spielten im Wohnzimmer mit den Kindern, damit wenigstens diese einen unvergessliches Weihnachtsabend feiern konnten.

Ich legte nun Schrubber, Eimer, Seife und Desinfektionsmittel endgültig weg, trotz des noch immer schlimmen Geruchs.

Schließlich öffnete ich ein Glas Würstchen, machte diese warm und schnitt ein paar Brotscheiben ab. Ein bisschen Butter und Senf auf den Tisch gestellt, das war also unser Weihnachtsmahl. Sei es wie sei. Frohe Weihnachten!

 

Noch heute, viele Jahre später, reden wir alle von diesem Tag.

Mitlerweile kann ich darüber herzlich lachen.

Die Kinder und auch wir hatten also wirklich einen einmaligen Heiligen Abend erlebt, den wir unser Leben lang nie vergessen würden.

Vielen Dank dafür, lieber Weihnachtsmann.

 

Laden ...
Fehler!