Wissenschaft und Forschung dem Gähnen auf der Spur

Bisher gab es schon eine Reihe von wissenschaftlichen Erklärungsversuchen, die aber alle inzwischen wieder verworfen wurden.

Die Begründung "Sauerstoffmangel" hält sich noch bis heute hartnäckig, obwohl diese Hypothese schon in den 80er Jahren in den USA in einer wissenschaftlichen Versuchsreihe widerlegt wurde. Die Sauerstoffversorgung des menschlichen Körpers scheidet damit als Ursache für das Gähnen aus.

Gähnen soll wach machen. Schweizer Forscher haben haben in einer Untersuchung aber festgestellt, dass die Hirnaktivitäten vor und nach dem kräftigen Gähnen identisch sind.

Seit einigen Jahren diskutiert die Wissenschaft ohne bisher abschließendes Ergebnis, ob Gähnen der Regulierung der Wärme im Gehirn dient. Ratten nämlich gähnten in einer Versuchsreihe, wenn ihre Gehirntemperatur über die Außentemperatur anstieg. Nach dem Gähnen fiel die Temperatur wieder ab.

Gähnen ist dem Hund egal, wenn die Karotte lockt

Gähnen steckt an

Gähnen ist auch ein Gruppenproblem. Sitzen mehrere Menschen zusammen, und einer fängt zu gähnen an, gähnt in kurzer Zeit ein großer Teil der übrigen Anwesenden auch. Die Wissenschaft führt dies auf das Einfühlungsvermögen des Menschen zurück. Mitfühlende Menschen gähnen demnach öfter mit als Menschen mit geringem Einfühlungsvermögen.

Zurück zur Wärmeregulierung: Beim Menschen soll ein kalter Lappen auf der Stirn das Gähnen in Gesellschaft reduzieren.

Gähnen steigert die Aufmerksamkeit

Heute meint die Wissenschaft überwiegend, dass das Gähnen dem Menschen hilft, sehr wach zu bleiben und noch aufmerksamer zu werden. Diese Annahme wird durch die Tatsache unterstützt, dass Menschen sowohl gähnen, wenn ihnen langweilig ist, als auch in Zeiten größter Anspannung, zum Beispiel in Prüfungen.

Auf "Steigerung der Aufmerksamkeit" in stressigen und langweiligen Situationen hat sich die Wissenschaft als zwischenzeitiges Ergebnis geeinigt. Dem widerspricht auch nicht die "Kühlungstheorie".

Das Gähnen des Hundes

Nun zum Gähnen des Hundes. Wenn ein Hund gähnt, kann das genau wie beim Menschen vor Müdigkeit geschehen. Es hilft ihm aber auch, als Übersprungshandlung kritische Situation zu überbrücken und zu bewältigen. Gähnen hilft dem Hund, eine kurze Denkpause zu erhalten und die eigene Freude und Aufregung zu beschwichtigen. Gähnen ist für den Hund meistens ein Beschwichtigungssignal.

Häufig passiert es dem Hundehalter, wenn er mit dem Hund spazieren gehen will und die Hundeleine in die Hand nimmt, dass der sich auf den Spaziergang freuende Hund erst einmal kräftig gähnt.

Gähnen ist eines der von Hunden am meisten genutzten Beschwichtigungssignale. Sehr oft betreibt der Hund "calming" (aus dem Englischen: beruhigend) für sich, andere Hunde und den Menschen.

Weitere Calming-Signale des Hundes

Für ihr Calming-Verhalten halten Hunde ein breites Angebot untereinander bereit, das alle Hunde kennen. Sozialisierte Hunde reagieren darauf, denn sozialisierte Hunde wollen eigentlich immer schlichten und Konflikte gar nicht erst aufkeimen lassen.

Zu weiteren Beschwichtigungssignalen gehören neben Gähnen – hier sollen nur noch einige weitere Beispielssignale beschrieben werden -

  • Am Boden schnüffeln hat meist die gleiche Bedeutung wie "langsamere Bewegungen".
  • Den Rücken zudrehen. Einige Hunde drehen sich bei der Begrüßung um und strecken ihrem Gegenüber ihren Rücken entgegen. Bedeutung: "Frieden".
  • Die vordere Körperhälfte tief stellen: "Ist alles nur Spiel. Keinen Stress".
  • Im Bogen kommen: Man läuft nicht direkt auf jemanden zu, denn das könnte als Angriff aufgefasst werden.
  • Kopf zur Seite drehen oder wegschauen, weil Hunde untereinander niemals den direkten Blick "Auge zu Auge" suchen.
  • Langsamere Bewegungen: Dieses Signal wendet der Hund besonders gern an, wenn "Herrchen" nervös zur Beeilung treibt. Der Hund merkt die veränderte Stimmlage und veränderten Bewegungen und will beruhigen ("Kein Stress").
  • Mit der Zunge die eigene Nase lecken: Zeichen, das es dem Hund unangenehm ist, wenn man sich zu nah über ihn beugt oder an ihn herankriecht oder von oben den Kopf streichelt
  • Pfote heben: "Bitte nicht!"
  • Sich hinsetzen oder –legen: Komm (Mensch oder Hund) zur Ruhe.
  • Zusammenkneifen der Augen: Zeichen, das es dem Hund unangenehm ist, wenn man ihn anstarrt oder ihm zu nahe kommt. Oft lassen Hunde auch ihre Augen dann auch zu beiden Seiten wandern.
Wer die Hundesprache versteht, kann mit seinem Hund besser kommunizieren. Turid Rugaas hilft.
Calming Signals - Die Beschwichtigungssignale d...Calming Signals, 1 DVDCalming Signals: What Your Dog Tells You

Beschwichtigungssignale von Mensch zu Hund

Mit diesen Signalen – und vielen anderen – kommunizieren die Hunde untereinander und auch mit den Menschen. Die Menschen aber verstehen die Hundesprache nur zu selten. "Reden" und kommunizieren Sie doch auch einmal mit ihrem Hund. Sie müssen ja nicht gleich zu Anfang ihre vordere Körperhälfte tiefer legen.

Wenn ihr Hund vor Gewitter oder der Silvesterknallerei Angst hat, beschwichtigen Sie doch einfach ihren Hund und gähnen Sie deutlich: Das beruhigt und könnte der Anfang zu einem noch besseren Zusammenleben sein.!

Autor seit 10 Jahren
533 Seiten
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