Faszination Weltraum

Faszination Weltraum (Bild: Nasa/mit freundlicher Genehmigung von nasaimages.org)

Felix Baumgarter – ein Mann der Extreme

Felix Baumgartners Flügel, mit denen er nach einem Sprung aus einem Propellerflugzeug den Kanal zwischen Dover und Calais überquerte, können im Hangar 7 in Salzburg besichtigt werden. Zwischen Red Bull Formel-1-Boliden und historischen Flugzeugen steht dort ein Modell Baumgartners, ausgerüstet nur mit einem Schutzanzug, einer Sauerstoffmaske und kleinen, auf den Rücken geschnallten Carbon-Flügeln. Zwischen all den technischen Wunderwerken rundherum wird einem bewusst, wie blank und zerbrechlich Felix Baumgartner sich den Kräften der Lüfte stellt.

Der freie Fall ist sein Metier – bekannt wurde der gebürtige Salzburger als Base-Jumper. Seit 1997 betreibt er Base-Jumping mit Hilfe seines Sponsors Red Bull professionell. Unter anderem sprang Felix Baumgartner vom Millenium Tower in Wien, den Petronas Towers in Kuala Lumpur und vom rechten Arm der Christusstatue in Rio de Janeiro. Base-Jumping ist in vielen Ländern verboten und so muss Felix Baumgartner immer wieder Tricks anwenden, um seine Absprungsplattformen zu erreichen. Dabei gerät er bisweilen mit Behörden in Konflikt. Als er 2004 von der Brücke über den Panamakanal sprang, wurde er von der Polizei aufgegriffen und inhaftiert. Da sein Sprung Sicherheitslücken in der Bewachung der wichtigen Brücke aufzeigte, geriet sein Sprung zur öffentlichen Affäre.

2003 flog Baumgartner mit einem Carbonflügel ausgestattet, im Rahmen der Taurus World Stunt Awards in Hollywood mit einer 368 kW starken Pilatus-Porter-Propellermaschine um die Wette und gewann mit einer Höchstgeschwindkgeit von 240km/h. Doch mit dem Red Bull Stratos Projekt reizt Baumgartner die Grenzen des Machbaren weiter aus.

Über den Wolken (Bild: Nasa/mit freundlicher Genehmigung von nasaimages.org)

Das Red Bull Stratos Projekt

Das Red Bull Stratos Projekt sprengt alles bisher Dagewesene: Felix Baumgartner will in einer Raumkapsel mit Hilfe eines Helium- ballons bis auf eine Höhe von knapp 36000 Metern in die Stratosphäre aufsteigen. Dann will er seine Raumkapsel verlassen und zur Erde abspringen. Nach etwa einer halben Minute soll er eine Geschwindigkeit von 1100 km/h erreichen und als erster Mensch im freien Fall die Schallmauer durchbrechen.  

Möglich wird diese hohe Geschwindigkeit durch den geringen Luftwiderstand in dieser Höhe. Auch die Schallgeschwindigkeit ist bei niedrigen Temperaturen geringer – bei 20°C beträgt sie in Luft rund 1200 km/h. Wenn ein Überschalljet in Luft die Schallmauer durchbricht, bildet sich um das Flugobjekt eine Stoßwelle. Wie das Durchbrechen der Schallmauer auf den menschlichen Körper wirkt, lässt sich nicht vorhersagen. 

Bungee-Jumps im Raumanzug: Die Vorbereitungen

Nach über drei Jahren der Vorbereitung mit einem Team von Raumfahrtexperten soll das Red Bull Stratos Projekt heuer verwirklicht werden. Das Team hat eine Raumkapsel und einen Druckanzug entwickelt, die Felix Baumgartner das Überleben in der großen Höhe sichern sollen. Aufgrund des niedrigen Luftdrucks würde das Blut ansonsten bei Körpertemperatur zu kochen beginnen. Zudem muss der Raumanzug extreme Temperaturschwankungen aushalten. In manchen Regionen der Stratosphäre sind mit Temperaturen bis -70° C zu rechnen. Die Ausrüstung und die Reaktionen des "Testpiloten" wurden in einer Druckkammer erprobt, in der die Verhältnisse der Stratosphäre simuliert werden können.

Der Raumanzug ist eine besondere Herausforderung für den Extremsportler: Er schränkt Gesichtsfeld und Bewegungsfreiheit stark ein und der geübte Skydiver musste in Trainingssprüngen erst erarbeiten, wie er sich mit dem Raumanzug in der Luft bewegen kann. Den heiklen Ausstieg aus der Raumkapsel übte er mit Bungee-Sprüngen in voller Montur.

Der Sprung aus der Stratosphäre

Am Tag des Absprungs muss Baumgartner als Vorbereitung zwei Stunden lang reinen Sauerstoff atmen. Er muss Stickstoff abatmen, der bei zu geringem Atmosphärendruck – ähnlich wie bei Tauchern, die zu schnell auftauchen – Gasbläschen im Blut bilden würde. Dann schwebt der Sportler in einer Raumkapsel mit einem Heliumballon in eine Höhe von 36000 m. Der Aufstieg dauert etwa drei Stunden. Baumgartner verlässt die Raumkapsel und springt in die Tiefe. Der Absprung ist ein besonders heikler Punkt: Da Baumgartner seine Lage aufgrund des mangelnden Luftwiderstands kaum korrigieren kann, muss er danach trachten, keine Rotation zu bekommen. Fängt er an, schnell zu rotieren, könnte er das Bewusstsein verlieren und bei einer hohen Rotationsgeschwindigkeit wäre dies tödlich. Nach 35 Sekunden sollte Felix Baumgartner im freien Fall die Schallmauer druchbrechen. Der freie Fall dauert etwa fünfeinhalb Minuten, beim Eintritt in die Erdatmosphäre wird Baumgartner gebremst. Etwa eineinhalb Kilometer über der Erdeoberfläche öffnet Baumgartner seine Fallschirme, die ihn hoffentlich sicher auf die Erde herab schweben lassen. 

Die Superlative: Rekorde

Wenn das Red Bull Stratos Projekt erfolgreich ist, stellt Felix Baumgartner gleich vier neue Rekorde auf: 

  • Mit knapp 36 000 Metern ist die höchste bemannte Ballonfahrt geplant.
  • Es handelt sich den längsten freien Fall (fünfeinhalb Minuten)
  • und die gößte jemals im freien Fall erreichte Geschwindigkeit (1100 km/h),
  • sowie den höchsten Absprung der Welt (36 000 m)

Bild: Nasa/mit freundlicher Genehmigung von nasaimages.com (Bild: http://www.nasaimages.org/luna/servlet/detail/NVA2~14~14~26619~124207:HIGH-ALTITUDE-BALLOON-ARCTIC-OZONE?qvq=q:balloon;lc:NVA2~25~25,NVA2~57~57,NVA2~31~31,NVA2~60~60,NVA2~33~33,NVA2~26~26,NVA2~36~36,NVA2~62~62,NVA2~56~56,NVA2~55~55,NVA2~54~54,NVA2~45~45,N)

Wissenswertes

Gibt es tatsächlich eine Schallmauer?
auf spiegel.de

Eigenschaften der Stratosphäre
auf atmosphere.mpg.de

Das Bild zeigt einen Ballon der Nasa, der ungefähr 400 km schweres wissenschaftliches Gerät in die Stratosphäre bringen soll. Baumgartners Ballon muss mehr als das doppelte Gewicht tragen.

der Pionier: Colonel Joe Kittinger

Joe Kittinger beim Absprung 1960 (Bild: National Museium of the US Airforce)

Von der Grenze zum Weltraum im freien Fall auf die Erde zu springen: Dies hat bis jetzt nur einer geschafft. Colonel Joe Kittinger sprang 1960 in einer Höhe von 31.332 Metern aus einer offenen Gondel. Er stellte drei Weltrekorde auf, die bis heute gehalten haben: Es handelte sich um die höchste Ballonfahrt mit offener Gondel, die höchste Geschwindigkeit, die je ein Mensch ohne Fluggerät erreicht hat und den längsten Fallschirmsprung. 

Seit 50 Jahren sind die Rekorde Kittingers ungebrochen, obwohl es so manch einer versucht hat.

Nicholas Piantanida gelang 1966 zwar der Absprung, er kam jedoch im Koma auf der Erde an und sollte daraus nie mehr erwachen. Zuletzt hat wohl der Franzose Michel Fournier am intenstivsten daran gearbeitet, Kittingers Rekorde im freien Fall zu überbieten. Seit 2002 hat er es bereits drei Mal versucht, ist aber stets an technischen Schwierigkeiten gescheitert.

Vielleicht können wir Colonel Kittingers Pionierleistung erst ausreichend würdigen, wenn wir uns in Erinnerung rufen, dass die bemannte Raumfahrt damals gerade in den Kinderschuhen steckte. Der erste Mensch sollte erst neun Jahre später, im Jahr 1969 den Mond betreten. Doch schon Ende der 1950er Jahre erreichten Joe Kittinger und David Simons mit Heliumballons als erste Menschen die Schwelle zum Weltraum. Dass sie heute als erste Menschen im All in Vergessenheit gerieten, liegt daran, dass der Beginn des Weltraums später auf 100 km Höhe festgelegt wurde. Offiziell wurde die Ehre schließlich 1961 dem Kosmonauten Juri Gargarin zugesprochen. Joe Kittinger gehört heute zum Betreuerstab von Felix Baumgartner.

Der erste Mensch, der mit einem Fluggerät die Schallmauer durchbrochen hat, war übrigens General Chuck Yeager. Unser Community Manager Chefkeem berichtet exklusiv bei Pagewizz über eine Begegnung mit dem Luftfahrt-Pionier.

Neuigkeiten

  • Am 16.3.2012 ließ sich Felix Baumgartner mit seiner Raumkapsel bis in eine Höhe von 21800 Metern bringen. Beim Absprung erreichte er eine Geschwindkeit von 600 km/h.
  • Im August sprang Baumgartner aus über 29 000 Metern. Bei der Landung wurde jedoch die Raumkapsel beschädigt. Der Sprung aus der Stratosphäre wurde auf Oktober verschoben.

Zum Nachlesen

Felix Baumgarter - Ein Mann am Limit
Red Bull berichtet über Baumgartners wichtigste Projekte und seine Schwierigkeiten mit Behörden

Mit dem Kopf durch die Wand
Eine Reportage über Felix Baumgartner und das Red Bull Stratos Projekt auf orf.at

Im freien Fall aus 36 Kilometern Höhe
Video-Interview bei der Kleinen Zeitung

Laden ...
Fehler!