Wenn Namen für Verwirrung sorgen

Wenn Namen für Verwirrung sorgen Hallo, hier ist mal wieder die Orsola von der Leine.

Ich muss noch etwas leise sein, denn die kleine Franka schläft gerade neben mir ein. Franziska, Freya, Frauke, Friedrich, Frieda, Franz und Fritz schlafen schon längst. Der Friedel - mein Gatte - ist gerade mit Frettchen Gassi. Frettchen ist unser Rauhaardackel. Wir haben ihn so getauft, weil er - nachdem wir ihn aus einem See gezogen, und vor dem Ertrinken gerettet hatten - fast wie ein Frettchen ausgeschaut hat.

Doch das wollen Sie bestimmt nicht wissen, oder?

Egal, nun habe ich es halt erzählt. Eigentlich hatte ich vor, Ihnen etwas ganz anderes mitzuteilen. Ich hoffe, es fällt mir wieder ein.

 

 

Momentchen! Ich bringe nur schnell die kleine Franka zu Bett, denn nun ist sie auch im Land der Träume angelangt.

 

So, jetzt bin ich wieder ganz bei mir - ich meinte bei Ihnen. Ach was, Sie wissen schon.

Jedenfalls ist mir soeben wieder eingefallen, was ich Ihnen erzählen wollte. Dabei weiß ich gar nicht, ob Sie überhaupt hören möchten, was ich hier so von mir gebe. Aber schließlich bin ich ja hier, um meiner Mitteilungswut - oder wie auch immer man das betiteln darf - freien Lauf zu lassen. Ich bin nun einmal ein sehr mitteilungsbedürftiger Mensch. Zudem sehr hilfsbereit, immer für meine Mitmenschen da. So auch heute.

Stellen Sie sich vor, da kommt doch heute meine Freundin, Elke Piss-Nelke, die im Nachbarhaus wohnt, zu mir. Ganz bleich sah sie um die Nase aus. Gezittert hat sie wie eine Espe. Kaum ein Wort brachte sie heraus. Ich ließ sie zunächst ein, drückte sie behutsam auf den Küchenstuhl, füllte Wasser in ein Glas und gab ihr zu trinken. Nachdem sie das Wasserglas in einem Zug gelehrt hatte, starrte sie mich ganz merkwürdig an.

"Was ist denn nur passiert? Du siehst aus wie ein Kuh wenn sie kalbt!" sagte ich.

Da endlich löste sich Elkes Zunge. Alles sprudelte aus ihr heraus. Nein, nicht das Wasser, was ich ihr gab. Dass, was ihr auf dem Herzen lag.

"Ich habe den Job nicht bekommen!" hauchte sie mehr als das sie sprach.  

Warum? Weshalb? Weswegen? Jedes einzelne Wort musste ich ihr buchstäblich aus der Nase ziehen. Stellen Sie sich dies bitte nicht bildlich vor.

Elke Piss-Nelke hatte sich heute Vormittag telefonisch in einer Firma im Nachbarort vorgestellt. Dort wurde eine Sekretärin gesucht. Als der Abteilungsleiter sich gemeldet hatte, stellte sich Elke brav vor.

Daraufhin rief der Herr erbost: "So eine Frechheit!" Und legte auf.

Meine Freundin Elke war natürlich irritiert, schließlich hatte sie dem Herrn nichts getan. Also probierte sie es noch einmal. Nachdem der Abteilungsleiter erneut ans Telefon ging, nannte Elke abermals ihren Namen. Sofort - dieses Mal ohne ein Wort - wurde wieder aufgelegt. Fast eine Stunde ging dieses Spielchen. Die arme Elke kam gar nicht dazu, um ein Vorstellungsgespräch zu bitten.

Kurz und gut, ich nahm die Sache persönlich in die Hand und rief in jener Firma an, um mich nach der ausgeschriebenen Stelle der Sekretärin zu erkundigen. Wahrscheinlich hatte der Herr nicht viel zu tun, denn bereits nach dem ersten Klingelzeichen nahm er den Hörer ab. Wenn ich aufgeregt bin, weil mich etwas fuchst, neige ich dazu, recht schnell zu sprechen. So stellte ich mich auch hastig vor.

"GutenTagderHerr! HiersprichtdieFrauvonderlein!"  

Zunächst war es still am Telefon. Dann hörte ich ein Räuspern. Anschließend eine überschwängliche Begrüßung, die nicht enden wollte.

"Ist die ausgeschriebene Stelle der Sekretärin noch frei?" fragte ich einfach, ohne den Herrn ausreden zu lassen.

Er meinte, er hätte gerade eine Anwärterin für dieses Jobangebot vor sich sitzen. Mir platzte der Kragen. Ich erläuterte ihm, dass dies nicht der richtige Wertegang sei. Er begriff wohl nicht, worauf ich hinauswollte. Hätte ich an seiner Stelle auch nicht verstanden. So erklärte ich ihm, dass Frau Elke Piss-Nelke sich den halben Vormittag darum bemüht hätte, telefonisch einen Termin für ein Vorstellungsgespräch bei ihm auszumachen und er stets aufgelegt hätte.

Zunächst wiederum Stille. Dann abermals ein Räuspern.

"Pissnelke?" fragte er kleinlaut.

"Jawohl! Ganz richtig verstanden. Es handelt sich um Frau Elke Piss-Nelke!" entgegnete ich resolut.

Er war verdattert. Er stotterte. Er war der Meinung gewesen, jemand hätte ihn einen Ausdruck an den Kopf geworfen, weswegen er erzürnt gewesen sei und das Telefongespräch immer unterbrochen hat.

"Sie sollten die Menschen am Telefon wohl zunächst anhören, bevor Sie sich ein Urteil bilden. Kein Mensch kann schließlich etwas für seinen Namen, Herr Rizinus!" schimpfte ich.

Er war verlegen. Noch einmal ein Räuspern. Dann ein beschämendes Bedauern.

"Frau Piss-Nelke kommt heute im Laufe des Nachmittags zu Ihnen, um sich vorzustellen! Wagen Sie es nicht, sich für eine andere Bewerberin zu entscheiden, bevor Sie sich nicht die Bewerbungsunterlagen der Frau Piss-Nelke angeschaut haben! " erklärte ich mit fester Stimme - die auch bei meinen Kindern nie ihre Wirkung verfehlte.

"Sehr wohl, gnädige Frau!" antwortete Herr Rizinus.

Nun ja, was soll ich sagen. Ich möchte mir nicht auf die Schultern klopfen. Dennoch bin ich froh, dass ich der Elke helfen konnte. Sie hat den Job der Sekretärin bekommen, nachdem der Rizinus Einsicht in ihre Bewerbungsunterlagen genommen hat.

Oh, ich höre gerade, Friedel und Frettchen kommen zurück. Nun dann werde ich mich vorerst verabschieden.

Sie werden bald wieder von mir hören bzw. lesen.

Bis dahin liebe Grüße,

Ihre Frau von der Leine

 

KreativeSchreibfee, am 25.02.2011
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Bildquelle:
von Kerstin Schuster (Schreibwettbewerbe 2012 - aktuelle Wettbewerbe für Autoren und Hobb...)

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