Wie angriffslustig sind Wildschweine tatsächlich?

Wildschweine sind eher friedlich und sehr scheu. Sie greifen kaum von selbst an und treten, wenn möglich, bei einer Begegnung mit Menschen in der Regel den Rückzug an.

Dabei sind die wilden Schweine uns Menschen übrigens immer einen Schritt voraus, da sie clever und wachsam sind, besonders gut hören und riechen können. Meist bemerkt das Wildschwein den Menschen also zuerst - und flüchtet. 

(Bild: Reinhard)

Wildschweine zählen zu den "wehrhaften" Wildtieren

Denn wehren können sie sich durchaus, wenn sie sich angegriffen oder in die Enge getrieben fühlen.

Ein weibliches Wildschwein, eine Bache, kann bis zu 100 kg wiegen und mit ihren Zähnen ordentlich zubeißen.

Noch gefährlicher sind die männlichen Wildschweine, die Keiler: Sie bringen ein Gewicht von bis zu 200 kg auf die Waage, haben als "Spezialwaffe" ihren spitzen Hauer (Eckzähne) und rasiermesserscharfe Zähne. 

Was man über Wildschweine wissen sollte

Weibliche Wildschweine (Bachen) sind gemeinsam mit ihren Jungtieren, den Frischlingen, in größeren Gruppen unterwegs. Eine Gruppe von Wildschweinen, genannt Rotte, kann bis zu 30 Tiere umfassen und untersteht einer Leitbache, die ihre Familienmitglieder anführt und auch über deren Fortpflanzung bestimmt.

Trifft man auf ein einzelnes Wildschwein, dann handelt es sich vermutlich um einen Keiler, ein männliches Wildschwein. Keiler schließen sich keiner Rotte an, sondern streifen als Einzelgänger durch den Wald. 

Süß, aber bitte nicht anfassen!

(Bild: Andy Rouse)

Wann können Wildschweine für Mensch oder Hund gefährlich werden?

Die Experten sagen: 

  • Bei Wildschweinen, die in Stadtgebiet eindringen, ist generell größere Vorsicht geboten. Denn diese Wildschweine sind die Nähe des Menschen bereits gewohnt und deshalb auch weniger scheu als ihre Verwandten aus dem Wald.

  • Ist ein Wildschwein verletzt - z.B. durch einen Verkehrsunfall oder eine Schussverletzung - ist besondere Vorsicht geboten, denn in einem solchen Fall können die Tiere sehr aggressiv reagieren. 

  • Eine Bache verteidigt ihren Nachwuchs - notfalls auch mit ihrem Leben. Nicht die Keiler mit ihren scharfen Zähnen gelten als die "wehrhaftesten Tiere des deutschen Waldes", sondern die Bachen, die Mutterschweine. Den jungen Wildschweinen sollte man also besser nicht zu nahe kommen. Wer durch den Wald streift, muss aufpassen, dass er sich nicht versehentlich dem Wurfkessel einer Wildschweinfamilie nähert - besonders Pilzesammler leben in dieser Hinsicht etwas gefährlicher. 

  • Vorsicht bei Waldexpeditionen in der Dämmerung oder bei Dunkelheit: Hier kann eine Begegnung mit einem Wildschwein zum Überraschungseffekt führen - und dann ist nicht sicher zu sagen, wie das verblüffte Tier reagieren wird. 

  • Probleme kann es auch durch Hunde geben, die nicht angeleint sind - die einem Wildschwein nachsetzen, es in die Enge treiben oder ihm den Fluchtweg versperren. Auch wenn die Wildschweine in der Regel zunächst vor einem jagenden Hund flüchten, kann dieses Verhalten auch in ein Verteidigungsverhalten umschlagen. Gut möglich, dass der Hund dabei den Kürzeren zieht. 

  • Doch auch für angeleinte Hunde besteht bei Wildschweinbegegnungen ein Risiko, denn die wilden Schweine - so wird behauptet - greifen zuerst den Hund an. Das mag daran liegen, dass der Wolf zu den natürlichen Feinden der Wildschweine gehört. 

  • Noch vor einigen Jahren konnte man davon ausgehen, dass Wildschweine nur zur "Frischlingszeit" im Frühjahr zwischen März und Mai reizbarer als gewöhnlich auf Menschen reagierten. Inzwischen hat sich das geändert. Es kann bei Wildschweinen durchaus zu mehreren Geburtszyklen im Jahr kommen bzw. muss so das ganze Jahr über mit Jungschweinen und wehrhaften Bachen gerechnet werden. 

(Bild: Andy Rouse)

Quieken, grunzen, schnauben, Attacke? - Wildschwein-Angriffe richtig deuten

Wildschweinkenner sagen: Gut hinhören, wenn Wildschweine "sprechen". Denn aus ihren Lautäußerungen lässt sich oft schon ablesen, wie Wildschweine eine Gefahrensituation interpretieren.

  • Quieken die Frischlinge, dann wird das vermutlich sehr rasch das Mutterschwein, die Bache, alarmieren. Vorsicht, denn sie wird ihre Jungen im Notfall mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen!

  • Wer dagegen im Wald unterwegs ist und ein Grunzen vernimmt, der kann gelassen weitergehen. Förster und Waldkenner sagen, dass in diesem Fall keine Gefahr droht: Die Schweine fühlen sich wohl und sind entspannt.

  • Wenn ein Wildschwein jedoch schnaubt, dann bedeutet das eine klare Warnung: Wer sich jetzt nicht richtig verhält, der kann mit einem Angriff rechnen. 

  • Auch das Aufeinanderschlagen der Eckzähne zeigt an, dass das Wildschwein aggressiver wird. 

  • Häufig folgt auf erste Warnlaute ein Scheinangriff: Das Wildschwein läuft in schnellem Tempo auf den vermeintlichen Feind zu, stoppt aber kurz vorher ab. Entspannt sich die Situation dann jedoch nicht, ist mit einer tatsächlichen Attacke zu rechnen. 

(Bild: Alex Hibbert)

Wie verhält man sich richtig, wenn man einem Wildschwein begegnet?

Vorab gesagt: Selbst die Experten - Förster und Jäger, Naturforscher und Schweinehalter - sind sich nicht in allen Punkten ganz einig, was den "Wildschwein-Knigge" betrifft. Während die einen empfehlen, ein Wildschwein bei einer Konfrontation möglichst laut anzuschreien, raten die anderen genau zum Gegenteil: Ruhig und mit leiser Stimme sprechen, sich umgehend, doch langsam zurückziehen. 

In der Regel werden folgende Verhaltenstipps gegeben, um Wildschweinangriffe zu vermeiden:

Was man nicht tun sollte, wenn man auf ein Wildschwein trifft

  • dem Tier bzw. der Rotte den Fluchtweg abschneiden
  • das Tier in die Enge treiben, ihm nachlaufen
  • sich laut und hektisch verhalten
  • das Wildschwein mit einem Stock angreifen oder bedrohen
  • Wildschweine nicht mit der Taschenlampe anleuchten

Außerdem vermeiden

  • sich Frischlingen nähern bzw. diese gar streicheln oder füttern wollen 
  • die Wildschweine von einem Hund jagen lassen

Was man tun sollte, um Wildschweinangriffe zu vermeiden

  • im Wald auf den Spazierwegen bleiben
  • Hunde nicht ohne Leine durch den Wald streifen lassen
  • sich bei Dämmerung und in der Nacht besonders umsichtig und vorausschauend verhalten
  • bei Streifzügen durch den Wald (etwa beim Pilzesammeln) aufpassen, dass man nicht in die Nähe eines Wildschwein-Wurfkessels kommt

Konfrontation mit einem Wildschwein - was tun?

  • dem Tier eine Möglichkeit zur Flucht bieten, ihm den Rücken freihalten
  • sich ruhig und vorsichtig bewegen
  • stehenbleiben oder langsam den Rückzug antreten
  • das Wildschwein leise und ruhig ansprechen
  • ein Hindernis zwischen sich selbst und das Tier bringen, z.B. einen Baumstamm oder einen Felsen
  • wenn möglich auf einen Baum oder Hochsitz klettern (Vorsicht: Wildschweine können über einen 1 Meter hoch springen!)

Revierförster Karlheinz Bosch aus dem Wellbachtal gibt noch einen Extratipp: 

"Bevor einen das Wildschwein erreicht, bei ca. ein-zwei Metern Abstand, zur Seite springen. Das kann einem für kurze Zeit helfen, da Wildschweine keine Kurven springen können.

(Quelle: Bloß keine Keilerei - richtiges Verhalten bei Wildschweinen im Wald)

Michaela, am 06.09.2014
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Bildautor: © drakuliren - Fotolia (Das kleinste Raubtier der Welt: Das Mauswiesel)

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