Wolfauslassen oder Wolfausläuten
Das Wolfauslassen, das auch Wolfausläuten genannt wird, ist ein alter bayerischer Brauch, der heute nur noch in Teilen des Bayerischen Waldes praktiziert wird.Wolfauslassen - Was ist das?
Beim Wolfauslassen am 10. November gehen Jugendliche und Erwachsene, die sich wie Hirten verkleidet und sich Kuhglucken um die Hüfte gebunden haben, von Haus zu Haus. Dort läuten sie so lange mit ihren Glocken und lassen ihre Peitschen schnalzen, bis der Hausherr die Tür öffnet. Nachdem sie einen kurzen Spruch aufgesagt haben, bekommen sie vom Hausherrn einen kleinen Geldbetrag, etwas zu essen oder ein Getränk.
Das erinnert wohl viele ein wenig an Halloween, doch das Wolfauslassen ist eine urbayerische Tradition, die seit dem Zweiten Weltkrieg immer beliebter wurde.
Woher kommt das Wolfauslassen?
Am Anfang November endet das sogenannte Hirtenjahr, das im März begonnen hat. Im Bayerischen Wald musste in diesem Zeitraum ein Hirte das Vieh, das auf der Weide war, vor Wölfen und Bären schützen. Im November brachte er das Vieh zurück zum Bauern und forderte bei diesem seinen Lohn ein. Die Hirten freuten sich natürlich, dass das harte Jahr auf der Weide um war. Sie feierten, indem sie sich selbst die Glocken der Tiere umschnallten, diese läuten ließen und mit ihren Peitschen knallten.
Warum nennt man das Wolfauslassen?
Die Glocken der Kühe und die Peitschen der Hirten sollten die Wölfe vertreiben. Die Hirten waren ja auch dafür da, um die Kühe oder anderes Vieh vor dem Wolf und Bären zu schützen. Nachdem sie aber die Tiere wieder in den heimischen Stall zurückgebraucht hatten, war ihnen der Wolf egal. Der konnte jetzt machen, was er wollte, denn die Hirten waren nicht mehr verantwortlich. Sie ließen ihn praktisch los.
Wolfauslassen - Die heutige Tradition
Jedes Jahr am 10. November, also einen Tag vor dem Sankt Martinstag, findet die Tradition des Wolfauslassens vor allem in vielen Gemeinden des Landkreises Regen statt.
Gruppen von Jugendlichen und teilweise auch Erwachsenen laufen am Abend des 10. November von Haus zu Haus. Sie sind angezogen wie Hirten und haben sich Kuhglocken um die Hüften gebunden, die scheppern, wenn sie gehen. Manche haben auch Goaßln, also Peitschen, dabei, mit denen sie laut schnalzen. So läuten sie durch die Straßen und machen vor jedem Haus halt. Mit den Kuhglocken wird der Hausherr herausgeläutet.
Die Gruppe setzt sich aus einem Hiarta und dem Wolf zusammen. Alle, die Kuhglocken umgeschnallt haben, sind zusammen der Wolf und werden durch den Hiarta dirigiert.
Entweder der Hiarta oder die ganze Gruppe gemeinsam sagt einen Spruch auf, der sich von Gruppe zu Gruppe unterscheiden kann, aber...
immer in etwa so klingt
Kimmt da Hirt med seiner Giart,
hod des Johr mit Freid ausghiat
Etz hiate scho 27 Wocha,
etz mechte scho gern Feieramd mocha!
27 Wocha is a lange Zeit,
hod se da Hiarta af Martini gfreit!
Da Hiarta muas springa über Disteln und Dern,
dass a grod narrisch kand wern.
Kimd a hoam vom hiartn steht a kiesblaue Suppn in da Rhean
etz muasa de aa no begehrn
Sogt a wos vom bessern Essn,
haut eam Bäuerin ei ind Fressen.
Sogt a wos vom druckan Ko,
haut eam Bäuerin affe af's Lo
Etz here scho an Schlissl klinga!
Wird da Bauer ins Kammerl springa
und an Fünfer ausabringa.
A Fünfer is no ned gnua
gherd no a Stickal Broud dazua
Etz haue mei Gat am Disch
Dassds wissts, dass moang Martini ist!
für alle Nicht-Niederbayern
Es kommt der Hirte mit seiner Gerte,
hat mit Freuden "ausgehütet"
Jetzt hüte ich schon seit 27 Wochen,
da würde ich schon gern Feierabend machen.
27 Wochen ist eine lange Zeit,
da hat sich der Hirt auf Martini gefreut.
Der Hirte mus springen über Disteln und Dornen,
dass er geradezu verrückt werden könnte.
Kommt er vom hüten nach Hause, steht eine kiesblaue Suppe im Ofen.
Jetzt muss er die auch noch begehren..
Sagt er was vom besseren Essen,
haut ihm die Bäurin rein in die Fressen.
Sagt er was von einem trockenen Kompott
Haut ihm die Bäuerin den Hintern
Jetzt höre ich den Schlüssel klingen,
wird der Bauer wohl in die Kammer springen
und einen Fünfer herausbringen.
Ein Fünfer ist aber noch nicht genug
da gehört noch ein Stück Brot dazu.
Jetzt werf ich euch meine Gerte auf den Tisch,
damit ihr wisst, dass Morgen Martini ist.
Beim letzten Satz schlägt der "Ober-Hirte" mit seinem Hirtenstab auf den Boden. Daraufhin bekommt die Gruppe den Hirtenlohn in Form eines kleinen Geldbetrags, etwas zu Essen oder einem kleinen Stamperl Schnaps.
So wird durch das ganze Dorf gezogen. Die letzte Station ist traditionellerweise das Wirthaus, wo die Gruppe etwas zu Essen bekommt und sich stärken kann. Natürlich wird auch den Wirtshausbesuchern der Vers aufgesagt.
Wolfauslassen als Event
Wolfauslassen ist durchaus eine Tradition, die Eventcharakter hat. Viele Touristen kommen jährlich nach Rinchnach oder Bodenmais, wo nicht nur von Haus zu Haus gegangen wird, sondern auf dem Dorfplatz auch eine regelrechte Show abgezogen wird.
Mit den Jahren sind die Kuhglocken, die durchs Dorf getragen werden, immer größer geworden, da die Gruppen der einzelnen Orte mehr oder weniger Rivalen waren. Auf jeden Fall wollte jeder die größten Glocken haben. Deshalb ist das Wolfauslassen inzwischen eine starke körperliche Anstrengung geworden.
Kuhglocke 17,5 cm, schwarz Metall mit Anschraub... | DIMAVERY DP-180 Kuhglocke, 8, schwarz |
Ich war selbst vor vielen Jahren beim Wolfauslassen (wir nennen es Wolfausläuten) dabei. Natürlich nicht mit so riesigen Glocken wie auf den Videos, unsere Gruppe bestand damals aus lauter Kindern.
Ich finde, dass es eine tolle Tradition ist, die dem schweren Leben gedenkt, das die Hirten damals hatten. Sie verbrachten das ganze Jahr auf der Weide und wurden von den Bauern nicht immer gut behandelt.
Wen das Wolfauslassen interessiert und so etwas live miterleben möchte, der sollte sich nach Rinchnach begeben, das wohl die Hochburg des Wolfauslassens ist. Dort wird schon am 9. November von Haus zu Haus gegangen, bevor am 10. November ein großes Spektakel stattfindet, das viele Touristen und Schaulustige anzieht.
Bildquelle:
Kerstin Schuster
(Weihnachten Dresden besinnlich - Die schoenste Weihnachtsstadt Europas)
Heimo Cörlin
(Frohes Fest: Texte für Weihnachtskarten)