Die Auferstehung der Nationalkonservativen

In Polen gewann die nationalkonservative PiS die Wahlen mit einer knallharten Kampagne gegen Zuwanderung und Flüchtlinge. Sie holte mit dieser Strategie die absolute Mehrheit der Sitze im Sejm. Linke Parteien sind überhaupt nicht mehr im polnischen Parlament vertreten.

In Deutschland erhebt sich die längst tot geglaubte PEGIDA wie Phoenix aus der Asche und mobilisiert Tausende von Menschen. In Erfurt spricht der AfD Mann Höcke ebenfalls vor Tausenden begeisterten Zuhörern. Die AfD ist im deutschen Parteiensystem längst eine feste Größe.

UKIP wirbelte in Großbritannien das traditionelle Parteiensystem gehörig durcheinander.

In Griechenland sind die Faschisten der "Goldenen Morgenröte" inzwischen eine etablierte Partei.

Nicht zu vergessen -- Ungarn. Hier sitzt der stramm nationakonservative Premier Orban fest im Sattel.

Nur einige Beispiele, die belegen, wie stark das Potential der Nationalkonservativen inzwischen wieder geworden ist. Das sind einflußreiche politische Kräfte, die ein einheitliches Handeln der EU in der Flüchtlingskrise verhindern, ja faktisch unmöglich machen. Merkels Politik der offenen Grenzen wird von ihnen offen abgelehnt. Doch eines ist auch Fakt. Je länger die Flüchtlingskrise andauert, desto mehr Zulauf gewinnen die Nationalkonservativen in Europa. Dann war der Regierungswechsel in Polen erst der Anfang. Und der Druck der Bürger auf die Regierungen, die Grenzen zu schließen, wird weiter zunehmen. Ob Wilders in den Niederlanden oder Le Pen in Frankreich, für diese rechtskonservativen Politiker ist das Flüchtlingsdrama Wasser auf ihre Mühlen. Sie wollen es weiter offen halten, weil es ihnen nutzt. Das Leid der geschundenen Kinder, Frauen und Männer ist ihnen dabei egal.

Wo ist die Achse Paris - Berlin?

Noch vor wenigen Monaten stemmten Merkel und Hollande die Ukraine Krise gemeinsam und handelten das Minsker Abkommen mit Putin und Poroschenko aus. Sie wurden als die europäischen Schwergewichte gehandelt und Merkel konnte sich sogar Hoffnungen auf den Friedensnobelpreis machen. Und heute?

Von einem gemeinsamen Handeln ist nichts mehr zu bemerken. Hollande duckt sich weg, Frankreich nimmt kaum Flüchtlinge auf, Merkel steht allein. Auf Hollande kann die Kanzlerin nicht bauen. Doch warum? Der Franzose ist angeschlagen, seine Wiederwahl unsicher, die Chefin der Front National könnte im kommenden Jahr sogar neue Präsidentin werden. Ein offenes Eintreten für Merkel würde Hollandes Popularität weiter sinken lassen. So stellt der einstige Partner der Kanzlerin eigene nationale Interessen vor die Integrität und Zukunft der EU.

Die Alternativen der Kanzlerin

Welche Möglichkeiten bleiben Merkel noch? Zurück kann sie nicht mehr, damit würde sie ihre schärfste Waffe, ihre Glaubwürdigkeit, verspielen. Mitstreiter hat sie nur wenige, selbst der CSU-Chef grätscht ihr gern mal in die Beine. Ihr engster Verbündeter ist EU-Kommissions-Chef Junker, den sie noch vor wenigen Monaten verhindern wollte. Ein Zweckbündnis, mehr nicht.

Ihr Spielraum ist stark eingeschränkt, die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns hoch. Auch wenn die Linke ihre Politik der offenen Grenzen stützt, kann sie mit der Linken nicht offiziell zusammenarbeiten. Hinter ihr steht Schäuble, der nur auf den entscheidenden Fehler von ihr wartet. An der Basis rumort es und die Partei wendet sich langsam von ihr ab. Ihr Scheitern ist mehr als je möglich.

Ihr bleibt nur die Flucht nach vorn. In Europa muss sie ihre Linie wie vor wenigen Jahren in der Durchsetzung der kompromisslosen Austeritätspolitik weiter durchziehen. Gemeinsam mit Junker muss sie gerade die osteuropischen Staaten dazu bewegen, ihre eigenen nationalen Interessen zugunsten einer einigen EU hinten an zu stellen. Eine schwierige Aufgabe, nur andere Alternativen bleiben ihre nicht. Und diese Mission wird noch schwieriger, denn der Druck der EU Partner, eine Kursänderung einzuleiten, wird wachsen. Polen lässt hier schon grüßen.

Ein Ausblick in die Zukunft

Wie wird Europa 2020 aussehen? Wird es eine Festung sein, mit meterhohen Zäunen, Stacheldraht, scharfen Hunden, bewaffneten Grenzschützern und Drohnen, die alles überwachen? Die Flüchtlinge an der Außengrenze, die immer älteren Europäer im Inneren und die Nationakonservativen in den Regierungen? Und dazu Waffenlieferungen in die Krisengebiete der Welt, die zu weiteren Flüchtlingsströmen führen. Ganz Sizilien als Asyllager vor den Toren Europas? Die griechischen Inseln als Aufenthaltsort für Asylanten, während die echten Griechen auf dem Festland leben?

Oder erleben wir ein tolerantes, weltoffenes Europa, das Zuwanderung als Chance begriffen hat und Flüchtlinge integriert.

Ehe jetzt der Einwand kommt, die Refugees lassen sich nicht integrieren, nur eine Bemerkung. Niemand weiß in dieser vielschichtigen und hoch komplizierten Frage eine richrige Antwort. Ja, die Flüchtlinge müssen unser Wertesystem akzeptieren. Nur lohnt hier ein Blick in die Geschichte. Im frühen Mittelalter studierten venezianische Gelehrte bei islamischen Imanen. Islamische Gelehrte nutzten das Wissen der Europäer. Christentum und Islam existierten beide nebeneinander. Wissenschaft und Kunst beeinflussten sich gegenseitig.

Wer heute vom Kampf der Religionen spricht, sollte sich daran erinnern. Wenn wir nicht wollen, dass dumpfer Nationalismus in eine Katastrophe führt, sollten wir aus der Geschichte das Positive lernen. Islam ist nicht nur Terror und Scharia. Und warum sollte das, was vor Jahrhunderten möglich war, heute nicht wieder funktionieren? Ein tolerantes Miteineinander, ein voneinander Lernen!

Die Nationalkonservativen sind stärker geworden in Europa. Sie wollen das oben beschriebene Europa, abgeschottet, irgendwann völlig überaltert und in einer globalisierten Welt nicht mehr konkurrenzfähig.

Ist dieser Weg wirklich alternativlos?

Fotos by:pixabay

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