2012: Der Film zum Weltuntergang
Paint it black! Für "2012" knallt Katastrophenspezialist Roland Emmerich das Düsterste aller apokalyptischen Szenarios auf die Leinwand. Futter fürs Auge auf Kosten des Anspruchs.Hurra, die Welt geht unter!
2012: Weltuntergang! Oder auch nicht.
Haben Sie am 21.12.2012 schon etwas vor? Sagen Sie es ab! Denn falls so manche Esoteriker und andere Experten recht behalten sollten, wird an diesem Tag die Welt untergehen. Schließlich endet der Maya-Kalender exakt an diesem ominösen Tag - und wer, wenn nicht die Maya, deren Kultur vor hunderten Jahren von den Conquistadores fast komplett vernichtet wurde, wüssten über die Apokalypse besser Bescheid?
Einen kleinen Vorgeschmack dessen, was uns am 21.12.2012 erwarten könnte, liefert der eher pragmatisch veranlagte Roland Emmerich mit seinem Blockbuster "2012". Erdbeben, Tsunamis, Vulkanausbrüche: Die Natur scheint sich gegen die Menschheit verschworen zu haben! Und trotzdem: Selbst inmitten all der Zerstörung und des Grauens bleibt Zeit und Raum für Menschlichkeit. Zumindest eine winzige, tröstliche Botschaft, die dem Zuschauer serviert wird...
Verschwörungstheoretiker Woody Harrelson
Ungeheuerliches entdeckt der amerikanische Wissenschaftler Dr. Adrian Helmsley (Chiwetel Ejiofor): Der Erde steht im Jahr 2012 die Apokalypse bevor! Wie ein indischer Kollege nachweist, heizen gewaltige Sonneneruptionen und die daraus folgende Neutrinostrahlung den Erdkern auf, was zum Schmelzen der Erdkruste führen wird.
Als Folge davon werden die tektonischen Platten auseinanderbrechen und jegliches Leben an Land vernichten. Um zumindest den Fortbestand der menschlichen Spezies zu sichern, weist der US-Präsident Wilson (Danny Glover) den Bau von riesigen Archen an. Freilich unter strengster Geheimführung, um keine Massenpanik zu schüren.
Derweil verläuft das Leben für die komplett ahnungslosen Menschen in den gewohnten Bahnen weiter. Schriftsteller Jackson Curtis (John Cusack) ist einer von ihnen. Erst kürzlich hat er sich von Kate (Amanda Peet) scheiden lassen und holt die gemeinsamen Kindern Noah (Liam James) und Lilly (Morgan Lily) zu einem Ausflug in den Yellowstone Nationalpark ab. Anstatt friedlicher Natur erwartet sie dort das US-Militär, das Curtis und seine Kinder wegen angeblich unbefugten Betretens des Nationalparks festnimmt. Ein Schicksal, das auch der scheinbar paranoide Verschwörungstheoretiker Charlie Frost (Woody Harrelson) teilt.
Nachdem sie wieder freigelassen wurden, versucht Frost den erfolglosen Schriftsteller von seinen Thesen zu überzeugen. Zunächst glaubt ihm Curtis kein Wort und hält ihn für einen Verrückten. Aber allmählich beginnt er zu begreifen, dass tatsächlich die Apokalypse bevorsteht. Nur an einem einzigen Punkt der Erde, so Frost, sei ein Überleben möglich, da sich dort die riesigen, fertig gebauten Archen befänden. Für Curtis, Kate und ihre beiden Kinder beginnt ein mörderischer Überlebenskampf
2012: Politisch korrekte Werkschau
"Independence Day" war gestern
Gäbe es den Hype rund um das mystisch verklärte Jahr 2012 nicht, man müsste ihn glatt erfinden! Esoteriker und Sachbuchautoren verdanken dem Ende des Maya-Kalenders mit 21.12.2012 so manchen Euro. Dabei lässt nüchtern betrachtet nichts auf irgendein apokalyptisches Szenario schließen. Oder bedeutet 2012 gar nicht das Ende der Welt, sondern eine spirituelle Zeitenwende? Kehren vielleicht die Astronauten-Götter zurück, wie Erich von Däniken vermutet?
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird auch das Jahr 2012 nicht die von manchen sogar ersehnte Apokalypse mit sich bringen und sich in die Riege der abgesagten Weltuntergänge einreihen. Egal: Der Stoff ist einfach zu gut, um ihn nicht auf Zelluloid zu bannen! Und es gibt derzeit wohl keinen anderen Regisseur, der eine derartige Zerstörungsorgie eindrucksvoller inszenieren könnte, als Roland Emmerich.
Typischer Emmerich-Film
Während er sich in "Independence Day" und "The Day After Tomorrow" noch mit begrenzten Katastrophenszenarios zufrieden gab, nahm er sich mit "2012" den ultimativen Zerstörungs-Kick vor: Guckt mal, wie bombastisch die Welt untergeht! Rund 200 Millionen Dollar durfte der gebürtige Schwabe für die Visualisierung des Jüngsten Tages aufwenden. Ein Aufwand, der sich finanziell lohnte: Fast 800 Millionen Dollar spielte der Streifen alleine in den Kinos ein, was ihn zum fünfterfolgreichsten Film des Jahres 2009 machte.
Zweifellos Labsal für Emmerichs Seele, hatte er doch im Jahr zuvor für den Fantasy-Schmonzes "10.000 B.C." viel berechtigte Kritik und Häme einstecken müssen. Mit "2012" kehrte er auf die Erfolgsstraße zurück. Denn: Der Film ist ein typisches Emmerich-Werk geworden - mit all seinen Vorzügen, aber auch Mängeln.
Mehr Glanz als Verstand
1996 plättete Emmerich im legendären Science-Fiction-Trash "Independence Day" noch das Weiße Haus (eine Szene, an der sich angeblich viele US-Amerikaner gar nicht sattsehen können). 13 Jahre später verpuffen die Angriffswellen der unfreundlichen Außerirdischen zu Knallfröschen verglichen mit dem Zerstörungswerk, das Emmerich Mutter Natur in den imaginären Mund legt. Wenn im Yellowstone Nationalpark ein Vulkan ausbricht (übrigens ein durchaus realistisches Szenario) ist dies nur der Auftakt zum überwältigenden Spektakel, das noch folgen soll. Höhepunkt der computergenerierten Vernichtungsorgien: Eine Sightseeing Tour über das im Meer versinkende Kalifornien!
Natürlich ist die Handlung, wie kaum anders zu erwarten war, angesichts des Effektegewitters beinahe schon nebensächlich. Umso überraschender ist das originelle Funktionsprinzip der "Archen", das plausibel erscheint.
Klischees nonstop
Zu den vertrauten Emmerich-Syndromen zählen der nur schwer erträgliche, weil hemmungslos übertriebene US-Patriotismus, Klischees nonstop, inexistente Charakterisierungen, unfreiwillig komische Dialoge und sterile Katastrophenszenen. Vor allem Letzteres nimmt bei Filmen wie eben "2012" viel an potenzieller Spannung heraus. Immer noch schreckt der deutsche Regisseur vor drastischen Bildern zurück, die selbst Steven Spielberg nicht scheut. Der Tod von Milliarden Menschen wird bestenfalls angedeutet, ohne jegliches Gefühl für die ungeheure Tragödie dahinter zu erzeugen.
Hingegen findet Emmerich stets Zeit für alberne Scherze und sauer aufstoßende Moralpredigten. Von den fast schon an Cartoonfiguren erinnernden Protagonisten gar nicht erst zu sprechen: Hier der erfolglose, aber liebevolle Familienvater, der im Angesicht der Katastrophe über sich hinauswächst (und mitunter sogar den physikalischen Gesetzen trotzt), dort der emotionslose russische Neo-Kapitalist. Das ist zwar auch nicht schlimmer inszeniert als in ähnlichen Blockbustern. Aber weshalb Emmerich stur an seinen eindimensionalen Charakteren festhält, bleibt ein Rätsel.
Politisch korrekter Weltuntergang
Gegen das wenig originelle Drehbuch kämpfen selbst fähige Schauspieler wie John Cusack oder Oliver Platt vergebens an. Vielleicht hätten sie Woody Harrelsons Vorbild folgen sollen, der seine Rolle als Verschwörungsparanoiker herrlich überdreht anlegte.
Inmitten der Zerstörung und des heillosen Chaos bleibt aber nicht nur für Familienzusammenführungen und pathetische Reden Zeit, sondern auch für politische Korrektheit. Während mit dem Petersdom und der Jesusstatue auf dem Zuckerhut in Rio zwei Symbole des Christentums genüsslich zerlegt werden, bleibt die Kaaba in Mekka von der Katastrophe verschont.
Politisch korrekt zeigt "2012" hingegen in Punkto Zerstörung weltberühmter Wahrzeichen. Während etwa das Washington Monument und der Petersdom genüsslich in unzählige Bestandteile zerlegt werden, wird die Kaaba in Mekka von der computergenerierten Katastrophe verschont - aus Angst vor einer Fatwa, wie Emmerich zugab.
Schlussendlich wird die Menschheit auch den 21.12.2012 überleben und der Untergangs-Hype zur kuriosen Randnotiz verblassen. Ein Schicksal, das auch dem Film zur Katastrophe droht. Trotz der technischen Brillanz berührt der Streifen einfach nicht und verkommt zur harmlosen Werkschau der CGI-Wunderwelt des Jahres 2009. Das ist zwar schön anzuschauen, aber belanglos. Stellt sich die Frage, wie Emmerich erneut einen draufsetzen möchte. Nach der Zerstörung der Erde verbleibt als nächster Schritt wohl nur die Vernichtung des Sonnensystems auf der Leinwand...
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Originaltitel: "2012"
Regie: Roland Emmerich
Produktionsland und -jahr: USA, 2009
Filmlänge: ca. 158 Minuten
Verleih: Sony
FSK: Ab 12 Jahren
Deutscher Filmstart: 12.11.2009
Bildquelle:
http://www.amazon.de
(Horrorfilme: Nach wahrer Begebenheit oder frei erfunden?)