Performance bei der Eröffnung

 

Zerstörung im Sportstadion

Am Abend dominiert in der Halle am Gleisdreieck eine drangvolle Enge, die Besucher schieben sich mühsam aneinander vorbei. Homo homini lupus (Der Mensch ist des Menschen Wolf) ist in Anbetracht der friedlichen Atmosphäre Unsinn, aber wenn man sich eine Installation von Olaf Metzel (Galerie Wentrup) ansieht, ist ein Rückfall in die sportive Alltagskriminalität unvermeidlich. Wir sehen komplett niedergewalzte Zuschauerränge, als hätten sich Ultra-Anhänger, die Polizei und Sicherheitsmitarbeiter eine heftige Schlägerei geliefert. Verheerungen im Stadion nach einer Niederlage. Wesentlich versöhnlicher geht es zu beim Ausstellungsstand von Hermann Nitsch (Morra Art Studio/Alnitak Art Agency), wo der Meister höchstselbst anwesend ist und sich in einer sanften, offensichtlich glückseligen Nirwana-Stimmung befindet. Im Hintergrund die Bilder inszenierter Blut-Spektakel, leider keine Live-Atmosphäre herstellend.

William Tucker, Buchmann Galerie

Gewalt der Natur

Es ist nicht zu empfehlen, die Messe nach einem bestimmten System abzuarbeiten. Die Besucher sollten sich treiben lassen, sich ganz auf die Kunst einlassen und den Faktor Betörungseffekt einbeziehen. Bei der Galerie Kamm (Michele de Menna) entdeckt man eine vielgestaltige Regenschirm-Offensive. Johannes Albers (Galerie Michael Fuchs) hat einen mit Acrylfarbe bemalten Flipper ausgestellt, auf dem ein großer Steinbrocken die Scheibe zertrümmert hat. Dies ist eine Anklage gegen die Spielwut, gegen den Suchtdruck von Spielwütigen, vereitelt von einem einzigen Naturschlag. Naturgewaltiges ganz anderer Art präsentiert der britisch-amerikanische Künstler William Tucker (Buchmann Galerie), dessen kraftvolle Bronze-Skulpturen (Frenhofer, Amphiro, Okythoe) mit kaum erkennbaren figurativen Elementen eine gelungene optische Ergänzung für den Garten oder die Terrasse wären.

Hermann Nitsch

Hermann Nitsch (Bild: © Steffen Kassel)

Genug Raum für Assoziationen

ABC ist immer auch ein Triumph der Geselligkeit. An den Getränkeständen herrscht Hochbetrieb, nur dass die Bratwürste inklusive kargem Brot überteuert sind und das Bier eine Alkoholwirkung von Doppelbock hat. Beschwingt durch Alternativgetränke wie Wein und Wasser, die die ausdörrten Kehlen ölen, geht der gemütliche Marsch durch die Kunstlandschaften weiter. Die Galerie Thomas Schulte bietet auch dieses Jahr einen interessanten Beitrag durch Danilo Dueñas. Betrachtet man ein Werk von Eva Berendes (Sommer & Kohl/Jacky Strenz), fühlt man sich an einen Spielplatz oder in eine Gymnastikhalle versetzt. Durchsichtige Paravents, den Assoziationen wird freien Lauf gelassen. Laetitia Gendre ( Galerie Thomas Fischer) zeigt architektonische Gebilde auf der Leinwand und Ricarda Roggan (Galerie Eigen + Art) beschäftigt sich in der Arbeit Garage 4 mit den Spuren, die überrasante Fahrer an ihren Autos hinterlassen haben, was an ein Unfall-Desaster erinnert. Oh, welch Freuden der Körperlichkeit favorisiert hingegen Ryan Mc Ginley! Der amerikanische Fotograf kümmert sich um die Fleischlichkeit, die gelegentlich auch Freude bereitet. Und Erik Schmidt (Carlier/Gebauer) widmet sich den Themen Großstadtwahnsinn, Polizei-Schnelligkeit und Mobilität. Womöglich eine vorweggenommene Arteriosklerose der Gesellschaft. Wie im Vorjahr hat die ABC wieder einiges zu bieten.

ABC 2013

Luckenwalder Str. 4 – 6, 10963 Berlin

Bildnachweis: alle Fotos © Steffen Kassel

Foto 1: Performance

Foto 2: William Tucker, Buchmann Galerie

Foto 3: Hermann Nitsch, Morra Arte Studio/ Alnitak Art Agency

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