Terry Jones – der Mann, der die Welt in Geiselhaft hielt

Wer ist eigentlich dieser Terry Jones, der 2010 mehrere Tage lang die Welt in Atem hielt und für Proteste sorgte? 1952 in Cape Girardeau (Missouri) geboren, arbeitete er rund 30 Jahre lang als Missionar in Köln, wo er 1981 die "Christliche Gemeinde Köln" gründete. Seine umstrittenen, fundamentalistischen Äußerungen trieben ihn immer wieder ins Schussfeld der Kritik.

2004 wurde er Pastor der rund 50 Mitglieder zählenden Freikirche "Dove World Outreach Center" in Gainesville (Florida). Seine ablehnende Haltung gegenüber dem Islam offenbarte er unter anderem in der 2010 veröffentlichten Publikation "Islam is of the Devil". Sein ganz großer Coup gelang ihm mit seinem Aufruf zum "International Burn a Koran Day" am 11.9.2010, an welchem er 200 Koran-Exemplare öffentlich verbrennen wollte.

Stein des Anstoßes: Der Koran
Der Heilige Koran (Quran)

Koran-Verbrennung als Marketing

Die bloße Ankündigung von Koran-Verbrennungen peitschte die Emotionen hoch. Terry Jones kann man zumindest cleveres Eigen-Marketing attestieren. Denn inhaltlich reicht seine Auseinandersetzung mit dem Islam über simple Dämonisierung in Kombination mit der Lust an Provokation nicht hinaus. Der noch Anfang 2010 der Weltöffentlichkeit komplett unbekannte Pastor einer kleinen Kirchengemeinde sah sich plötzlich in eine bizarre Machtposition versetzt, die an keinerlei objektiven Maßstäben mehr gemessen werden konnte.

Appelle von Obama, Merkel und Ban Ki Moon

In einer Pressekonferenz am 10. September 2010 appellierte US-Präsident Barack Obama: "Meine Hoffnung ist, dass dieses Individuum betet und davon ablässt". Ähnlich ablehnend gegenüber den Ankündigungen von Terry Jones äußerten sich unter anderem Bundeskanzlerin Merkel und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Pikanterweise fand Angela Merkel ihre kritischen Worte ausgerechnet bei ihrer Ansprache zur Verleihung des Potsdamer Medienpreises an den als "Mohammed-Karikaturisten" bekannt gewordenen Kurt Westergaard.

Auch der Kommandeur der NATO-Truppen in Afghanistan, David Petraeus, warnte vor den Folgen von Koran-Verbrennungen. Diese würden von jenen instrumentalisiert werden, die Gewalt und Hass schüren und somit die Mission zur Demokratisierung Afghanistans gefährden. Tatsächlich gab es etwa in Kabul Proteste gegen Terry Jones' Absichten, wobei US-Flaggen verbrannt wurden.

Eine Frage der Toleranz oder der Furcht?

Zwar sagte Terry Jones die Koran-Verbrennungen für den 11.9.2010 ab. Endgültig distanzieren will er sich von seinem Vorhaben aber nicht, womit weiterführende Diskussionen und Proteste vorprogrammiert sind. Dabei gerät die grundlegende Frage der Freiheit öffentlicher Meinungsäußerungen völlig in den Hintergrund. Strafrechtlich betrachtet müsste der in vielen Medienpublikationen als "irrer Pastor" bezeichnete Terry Jones keine Gefängnisstrafe fürchten. Die Verbrennung von Koran-Exemplaren würde in den USA zu keinem Strafverfahren führen.

Unablässig wird indes auf einer gefühlsmäßigen Ebene argumentiert. Koran-Verbrennungen würden die Gefühle vieler Muslime verletzten, es würde Hass gestreut, westliche Werte wie Toleranz würden untergraben, und vieles mehr. Gewiss: All diese Betrachtungsweisen sind zweifellos richtig. Doch wie so oft steckt der Teufel im Detail. Denn welche freie Meinungsäußerung wäre überhaupt noch möglich, wöge man stets ab, ob sie irgendjemandes "Gefühle verletzen" könnte?

Die geöffnete Büchse der Pandora

Hierbei sei an die dem französischen Philosophen Voltaire zugeschriebenen, tatsächlich jedoch von Evelyn Beatrice Hall stammenden Worte erinnert: "Ich bin zwar anderer Meinung als Sie, aber ich würde mein Leben dafür geben, dass Sie Ihre Meinung frei aussprechen dürfen."

Man mag über Terry Jones Rückzieher erleichtert aufatmen. Einen Sieg der Vernunft, wie so gerne propagiert, markiert dieser jedoch keinesfalls. Die Gewinner dieser ins Absurde übersteigerten Auseinandersetzung sind neben Terry Jones selbst die Apologeten der mehr oder weniger freiwilligen Zensur, vorgeblich zum Wohle der Toleranz. Hinter diesem Pyrrhussieg über die wirren Ansichten eines religiösen Fundamentalisten verbirgt sich aber jenes Unheil, das aus der geöffneten Büchse der Pandora strömt: Die Angst vor Freiheit, und sei es die Freiheit anderer, ihre Meinung öffentlich zu postulieren.

Welche Freiheit wird auf dem Altar der "Toleranz" und des "Respekts" als nächste geopfert werden? Das Erbe der Aufklärung gerät zunehmend unter Druck, obwohl es in seinen Blütezeiten zu nie gekannten Höhenflügen der Freiheit und des Friedens geführt hatte. Die einzig korrekte Antwort auf die angekündigten Koran-Verbrennungen wäre Gelassenheit gewesen.

Um abschließend René Descartes mit seinen berühmtesten Worten zu zitieren: "Cogito, ergo sum. - Ich denke, also bin ich."

Doch was sind wir, wenn wir nicht mehr frei denken dürfen? Was ist Ihre Meinung dazu?

Sollte man den Koran öffentlich verbrennen dürfen?
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