Alternative Energien und Umweltbewusstsein in Spanien
Interview mit Dr.-Ing. Reinhard Philipp Hefele, Spezialist für umweltbewusstes und gesundes Heizen und Kühlen an der Costa del SolWie gehen die Spanier mit alternativen Methoden der Energiegewinnung um?
Links: Hat seit 12 Jahren große Erfahrung im mediterranen Bereich: Dr.-Ing-Reinhard Hefele. Er entwickelte ein Rundum-Wohlfühlsystem, das speziell auf die klimatischen Verhältnisse der Mittelmeerzone abgestimmt ist, das entsprechend optimale Energiequellen und eine hoch entwickelte Regelungstechnik umfasst. Hier bei einem Vortrag vor deutschen Auswanderern über Mikroklima.
Welche Nationen befürworten die alternativen Möglichkeiten mehr, Spanier oder Deutsche?
Das kann man so nicht vergleichen. In Spanien war lange Jahre der Strom spottbillig, so dass sich hier keine Spar-Tradition entwickeln musste. Außerdem ist das Klima milder, wenn man auch Maklern nicht auf den Leim gehen darf, die Immobilienobjekte verkaufen mit dem Argument: "Und dann brauchen Sie hier keine Heizung!" Spätestens im ersten Winter hört man dann vom Kunden: "Ich habe noch nie so gefroren wie hier!". Doch ist es auch hier nach Gegenden unterschiedlich. Die Provinz Cadiz, die auch umweltbewusster dachte und ihre Küsten im Immobilienboom nicht so verbaute wegen der geschützten Pinienwälder, die förderte schon lange Solarenergie. Auch Portugal ist da seit Jahren Spanien voraus. Wir betreuen auch eine große Urbanisation mit 270 Wohnungen an der Costa del Sol, die schon in den 70er Jahren so modern war und Luft-Wasser-Wärmepumpen einbaute (s. Bild unten).
Oben rechts: Projekt an der Küste bei Palma de Mallorca
Oben links: Maschinenraum einer 800m²-Villa gegenüber Gibraltar.
Seit einigen Jahren, ist hier längst ein Umdenken im Gange. Heute ist Spanien mit führend in Europa mit Windenergie und den großen thermischen Solarkraftwerken. Gerade auch die junge Generation denkt da anders als ihre Väter, die im vergangenen überhitzten Immobilienboom nicht viel übrig hatten für qualitätsvollere, auch etwas teurere Haustechnik. Ein Problem allerdings ist in Spanien, dass sich diesen genannten Energiekuchen die großen Energiekonzerne in Spanien lange Zeit fast allein teilten. Anders als in Deutschland gab es leider lange keine Rechtssicherheit und Umsetzung europäisch vorgegebener Richtlinien fürs Einspeisen ins Stromnetz privater Photovoltaik- oder Windenergieanlagen.
Wie kostspielig ist es sein Haus auf Solar umzustellen? Wie lange dauert es bis man die Kosten abgewohnt hat?
Das ist eine typische Frage, die an der Sache vorbei geht: Geht es immer nur ums Geld? Geht es nicht auch um umweltbewusste Verantwortung? Klar, rein rechnerisch schreckt es manche Bewohner im Rentenalter ab, wenn man sagen muss: Etwa in acht Jahre amortisiert sich eine Solaranlage nach dem heutigen Strompreis. Aber zur Zeit leben wir mit einer fast halbjährlichen Stromerhöhung auch in Spanien, so dass man von schnellerer Amortisation ausgeht. Aber inzwischen spart man eben Energie und lebt mit reinerem Gewissen. Natürlich gibt es auch Förderungen, aber bei der Solarenergie werden die weniger beziehungsweise abgeschafft und bei Neubauten schon sinnvollerweise vor allem fürs Warmwasser gesetzlich vorgeschrieben.
Im Süden kommt es vor allem auf Kühlen an wie oben links in einer Bodega. "Die Auslegung für Heizen ergibt sich dabei von selbst daraus", so Dr. Hefele.
Solarenergie gibt es seit vielen Jahren und Spanien verfügt über sehr viel mehr Sonnentage als Deutschland. Man aber hat nicht das Gefühl, dass es besonders viel verbreitet ist. Sehen Sie das anders?
Das kommt daher, dass direkte Solarenergie (Bild unten rechts) eigentlich nur für Warmwasser wirtschaftlich ist. Und auch da muss man eine zusätzliche Energiequelle für die trüben und regnerischen Tage vorsehen, genau dann, wenn man es am meisten braucht! Oder es wird auch experimentiert mit Riesenspeichern, doch sind die sehr teuer und nicht überall ist Platz dafür vorhanden. Was aber mein Konzept angeht, so bevorzuge ich die warme Luft, die ja ebenfalls von der Sonne her kommt, also die indirekte Solarenergie, in Form der Luft-Wasser-Wärme-Pumpe. Sie zieht ihre Energie immer aus der Umgebungsluft, die in Küstennähe in der Regel kaum unter fünf Grad geht. Diese Energiequellen sind heute gut weiter entwickelt worden und haben einen hohen Standard. I
In Deutschland hat die Luft-Wasser-Wärmepumpe ein schlechtes Image, weil sie natürlich bei den tiefen Außentemperaturen nicht den Wirkungsgrad wie im mediterranen Raum erreichen kann. Alles schwärmt dort von der überaus teuren und problematischen Geothermie mit Tiefenbohrungen. Doch die in Deutschland funktionierende sogenannte stille Kühlung funktioniert hier im Sommer wegen der höheren Bodentemperaturen nicht. Will Ihnen in Spanien jemand Geothermie mithilfe von Tiefenbohrungen anbieten, so werden Sie erst einmal skeptisch: Warum sich das Leben verkomplizieren, wenn man mit der Luft-Wasser-Wärmepumpe in Verbindung mit meinem System der Kapillarrohrmatten plus Regelung und vielen Detailoptimierungen die gleichen Wirkungsgrade erzielen kann wie mit der Geothermie in Deutschland?
Was glauben Sie, wie viele Jahre es noch dauern wird, bis alternative Energien sich in Spanien durchsetzen?
Kann ich überhaupt nicht voraus sagen. Es gibt die unterschiedlichen Mentalitäten: Deutsche, Österreicher, Schweizer, Holländer und Skandinavier sind immer noch meine Hauptkunden. Kaum Engländer übrigens, die müssen ein Abhärtungsgen haben, denen genügt oft ihr Kamin, bei dem sie vorne braten und im Rücken eine kalte Wand ertragen. Spanier hingegen halten immer noch die blasende Air Condition für der Weisheit modernster Schluss und wundern sich über Allergien bei ihren Kindern. Wie gesagt, die junge Generation der Spanier ist aufgeschlossen, kommt frisch von der Uni mit neuen Erkenntnissen, belagert übrigens die entsprechenden Stände auf der großen Climatización-Messe jedes zweite Jahr in Madrid, hat aber oft kein Geld, um ihre Pläne umzusetzen. Alles eine grob vereinfachte Sicht natürlich. Architekten der alten Schule haben nach meiner Erfahrung auch nicht viele Ambitionen, von ihrem althergebrachten Stil und ihren eingespielten Kontakten abzuweichen. Und so sind es auf diesem Gebiet tatsächlich wir Mittel- und Nordeuropäer, die mit gutem Beispiel voran gehen müssen.
Sind Sie neben Niedrigtemperatur-Heizen und Kühlen sowie Solarenergie auch auf weitere Möglichkeiten für umweltbewusstes Wohnen spezialisiert?
Nur, wenn es synergetisch dazu passt. So rate ich zum Beispiel den Bauherren immer auch zu einer guten Isolierung: Sie wurde in der Vergangenheit im Süden noch sehr vernachlässigt, dabei ist eine gute Isolierung schon die halbe Lösung. Zur Zeit prüfen wir - verbunden mit einem europäischen Förderprojekt - den Einsatz von Lehmprodukten, auch in Verbindung mit unseren Kapillarrohrmatten an der Wand zum Beispiel (Foto unten links).
Nicht umsonst gibt es in Spanien und Nordafrika die Tradition von Lehmbauten, auch unsere alte Finca hat an zwei Seiten im Altbau Wände aus Stein und Lehm. Ansonsten konzentriere ich mich auf unser Kerngebiet mit der Zielsetzung, hier immer an der Spitze der Technologie zu stehen. Dazu gehört auch die modernste Regelung der Heizung und Kühlung in automatisierter und programmierter Abhängigkeit von Innen- und Außentemperatur, Luftfeuchte und so weiter. Die Regelungen werden in enger Zusammenarbeit mit den Entwicklungsabteilungen der Zulieferer in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf unsere Bedürfnisse hin hergestellt.Ich selbst entwickele die Softwareprogramme dafür, denn im "Norden" versteht man eben die Probleme hier nicht. Auch mit dieser Feinabstimmung aller Komponenten kann man noch mehr zur Energieeinsparung beitragen.
Außerdem kann ich jede Baustelle fern überwachen per Internet, so dass es für uns keine Probleme gibt, Projekte in Menorca, Nordspanien, Madrid bis Cadiz und Lanzarote zu betreuen. In Mallorca läuft zur Zeit ein Projekte von uns zu einem Niedrigenergiehaus eines deutschen Unternehmers, das zum Modell werden kann. In Sotogrande gegenüber Gibraltar zum Beispiel geht es um die Ausstattung einer Bodega, die ja eine bestimmte Temperatur und Luftfeuchte immer beibehalten muss, bei jedem Wetter, nur zwei extreme Beispiele zu nennen.
Macht Ihnen aber die schlimme Wirtschaftssituation in Spanien jetzt nicht einen Strich durch die Rechnung?
Im Gegenteil! Unsere Firma, die es seit dem Jahr 2.000 gibt, hatte in den übermächtigen Bauboom-Zeiten, als sich alles nur ums schnelle Geld drehte, in den ersten Jahren viel mehr Schwierigkeiten, die Kunden von unserem guten System des unsichtbaren, ökologischen und gesunden Heiz- und Kühlsystem auf der Basis von Kapillarrohrmatten zu überzeugen, weil Bauherren nicht selbst einzogen und sich nicht für Qualität der Haustechnik, sondern nur für das schnelle Geld des Weiterverkaufs interessierten. Doch jetzt zog auch die spanische Regierung mit strengen Energiesparvorschriften nach und so profitieren wir jetzt von unserm Knowhow-Vorsprung, unserer Erfahrung und der Berücksichtigung des mediterranen Klimas. Sehr oft scheitern nämlich Mitbewerber hier, weil sie mit der Erfahrung aus Deutschland hierher kommen. Es ist eben Spanien und gehört zu einer speziellen Klimazone.
Oben: Kapillarrohrmatten beim Einbau unter Dach - rechts danach unsichtbar!
Gespräch mit Dr.-Ing. Reinhard Hefele von EQUIDEAS S.L., Marbella-Manilva. Die Fragen stellte Nelly Berens für ihre Publikation "New Mallorca".
Bildquelle:
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