Ballhaus Ost Berlin: Kritik von "Wir sind nicht das Ende" – Manuel Harder
Der Regisseur Manuel Harder greift den Text von Carsten Brandau auf. Eine Frau hatte eine jahrelange Beziehung zu einem Terroristen. Sie kann seinen Anschlag nicht verstehen.Birgit Unterweger bei der anschließenden Feier (Bild: © Steffen Kassel)
Die räumliche Trennung ist nicht zu ertragen
Die Schauspieler Günther Harder und Birgit Unterweger gehörten beide dem Centraltheater Leipzig (heute: Schauspiel Leipzig) unter der Intendanz von Sebastian Hartmann an. Unterweger ist mit dem Regisseur Manual Harder liiert, es ist also eine sehr familiäre Angelegenheit. Am Anfang stehen sich Mann und Frau gegenüber. "Ich liebe dich", heißt es, "ich habe dich verlassen, um dich abzuholen." Der Autor Brandau arbeitet verstärkt mit Rückblenden, vieles wird aus der Retrospektive dargestellt und in getrennten Sequenzen, in Schnipseln geliefert. Vollkommen von den eigenen Plänen beansprucht, ist Ziad bereits vier Monate weg, redet aber das Paradies herbei, redet von Kindern. Ein Hochstapler? Aisha kann die räumliche Trennung nicht ertragen, die Distanz, die auch eine des Herzens ist, und sitzt schlaflos in der Küche, in einer Mischung aus Sentimentalität, Verärgerung und Trauer. Wütende Selbstgespräche, bei denen sie auch mal ausrastet und flüchtige Dominanzansprüche geltend macht: Sie möchte entscheiden, wann das Spiel zuende ist.
Heftiger Dialog (Bild: © Rolf Arnold)
Das angegriffene Herz ist am Überfließen
Das Publikum im voll gefüllten 4.Stock erlebt ein Oszillieren zwischen diesen heftigen Selbstgesprächen und emotional aufgeladenen Debatten, die sie mit Ziad geführt hat. In einer Aufwallung von Verzweiflung verteilt Aisha Flugblätter, auf denen Ziads Kopf, seine Hand und ein Phallus-Symbol zu sehen sind. Sie öffnet ihre Haare und tanzt herum, es ist ein wilder Taumel. Günther Harder sitzt auf dem Boden und klebt sich einen Konterfei von Ziad auf die Stirn. Ekstase und Paroxysmen des Geistes. Das angegriffene Herz ist am Überfließen, Aishas Gedanken brennen und sie präsentiert sich im Bikini, zeigt ihren gut konservierten Körper. Sie streift sich eine weiße Perücke über und entwickelt Reisepläne. Oh, wie hehr ist der Zorn: Aisha hält ihn für einen Blender, der von seinem Märtyrer-Dasein heruntersteigt. Es scheint eine wilde Liebe zu sein, in einer Rückblende liegt Ziad auf dem Boden und kräht: Stich mich ab. Blut fließt auch, sie schmiert sich ihre Beine mit Kunstblut ein, dazu auch sein Herz. Es wird viel Herzblut vergossen, alles umsonst. Die Aufhebung der Distanz ist gescheitert, Ziad will sie nicht einmal mehr küssen. Der Autor Carsten Brandau kann letztlich die innere Zerrissenheit von Aisha gut rüberbringen, die Kombination von wehmütiger Empfindsamkeit und Verzweiflung. Ein interessanter Abend mit einer starken Birgit Unterweger.
Wir sind nicht das Ende
Von Carsten Brandau
Regie: Manuel Harder, Dramaturgische Mitarbeit: Daniel Jurisch, Sounds: Raphael Tschernuth.
Es spielen: Birgit Unterweger, Günther Harder.
Aufführung vom 25. Februar 2014
Dauer: ca. 1 Stunde 20 Minuten, keine Pause
Bildquelle:
Ruth Weitz
(Lilli Chapeau und ihr kleinstes Theater der Welt in Miltenberg)