Die Kurve kratzen

Wer die Kurve kratzt, hat es auf seinem Weg eilig. Diese Redensart stammt aus dem Mittelalter und beschreibt den Fahrstil der trotz der engen Gassen schnellen Kutschen. Dabei konnte ein Gefährt auch schon mal eine Kurve kratzen und eine Hausecke beschädigen. Deshalb standen an stark befahreren engen Kreuzungen in mittelalterlichen Orten mitten auf der Straße – einen Meter von der Hausecke entfernt – "Kratzsteine", die den Kutscher zu ausreichendem Abstand nötigten.

In einer Toreinfahrt oder Einfahrten zu Scheunen und anderen landwirtschaftlichen Gebäuden stehen deshalb auch heute noch alte "Kratzsteine", die die Einfahrt beschützen sollen und den Fahrer mit seinem Fahrzeug in die richtige Spur weisen sollen.

Die Arschkarte ziehen

Die wohl jüngste Redensart und zugleich eine der derbsten Redensarten dürfte "Die Arschkarte ziehen" sein. Aber jedermann weiß, was gemeint ist. Wer die Arschkarte gezogen hat, hat Pech gehabt und muss Unangenehmes auf sich nehmen oder erleiden.

Diese Redewendung ist eigentlich seit 50 Jahren veraltet und wird nur noch im übertragenem Sinn verwendet. Denn vor 50 Jahren, am 25. August 1967, erfolgte mittels einer roten Tastatur der Start des Farbfernsehens durch Vizekanzler Willy Brandt. Früher, in Zeiten des Schwarz-Weiß-Fernsehens, konnte der Fernsehzuschauer bei Fußballübertragungen nicht klar erkennen, ob der Schiedsrichter dem Übeltäter nun die gelbe Karte als Verwarnung oder die rote Karte als Platzverweis gezeigt hat. Man verhalf sich damit, dass der Schiedsrichter die gelbe Karte in seiner Brusttasche und die rote Karte in der Gesäßtasche seiner Hose verwahrte. Wurde die Karte aus der Gesäßtasche gezogen, gab es buchstäblich "die Arschkarte".

Tatsächlich kann diese Begründung nicht stimmen, denn das Farbfernsehen gibt es in Deutschland seit 1967, die gelbe und die rote Karte wurden erst zur Weltmeisterschaft 1970 aus der Taufe gehoben, bis dahin wurden Verwarnungen und Platzverweise nur mündlich ausgesprochen und nicht optisch unterlegt.

Vielleicht dienen die gelbe und die Arschkarte nur der einfacheren "Arbeitsplatzgestaltung" des Schiedsrichters. Selbst der Deutsche Fußballbund DFB weiß keine definitive Erklärung.

Diese obige Erklärung klingt aber so schön und zeugt von hohem fußballerischem Hintergrundwissen, dass sie einfach so stehen bleiben sollte und richtig sein muss.

Vom Regen in die Traufe kommen

Wer vom Regen in die Traufe kommt, tauscht seine augenblicklich schon missliche Lage in eine noch schlechtere.

Man konnte sprichwörtlich vom Regen in die Traufe kommen, wenn man unter einem Dach Schutz vor Regen und somit eine trockene Zuflucht suchte. Früher waren in Norddeutschland die reetgedeckten Häuser für Mensch und Vieh stark verbreitet. Wenn es regnete, lief der Regen das Dach herunter und tropfte gesammelt vom unteren Ende des Daches, der Traufe, auf den Boden. Diese Tropfen konnten bei der riesigen Fläche des Daches und entsprechend starkem Regen als kleiner Wasserfall zu Boden fließen.

Heute haben die Dachrinne und ein Fallrohr die Traufe zumeist abgelöst.

Den Löffel abgeben

Dieser Begriff wird heute oft als Synonym für Tod verwendet, hat aber einen anderen realen Hintergrund aus dem bäuerlichen Alltag und städtischen Kleingewerbe. Im Mittelalter hatte jedes Mitglied einer bäuerlichen Wohngemeinschaft seinen eigenen Löffel, der am Wandbrett seinen besonderen Platz fand. Wer den Löffel daran aufhängte, hatte seine Mahlzeit beendet.

So bekam beispielsweise in einigen Regionen das Gesinde vom Bauern und die Arbeiter von ihrem Prinzipal für die Dauer ihres Dienstes einen Löffel geliehen. Diesen mußten sie wieder abgeben, wenn sie zur weiteren Ausbildung weiter wandern wollten.

Wollte sich die Bäuerin als Altbäuerin zur Ruhe setzen, übergab sie ihren Löffel an die jüngere Bäuerin der nächsten Generation.

 

Wissen Sie eigentlich, was es mit dem "Alten Knacker und seinem Verhaspeln" auf sich hat?

Eine Milchmädchenrechnung aufmachen

Diese auch heute noch oft gebräuchliche Redensart soll fehlerhaftes und unlogisches Denken beschreiben. Wer eine Milchmädchenrechnung aufmacht, hat nicht zu Ende gedacht und Unwägbarkeiten nicht berücksichtigt. Besonders Politiker bemühen gern die "Milchmädchenrechnung", wenn sie den Sachverstand anderer anzweifeln.

Zurückzuführen ist diese Redensart vermutlich auf die Fabel "La laitière et le pot au lait" (Das Milchmädchen und der Milchtopf) des französischen Dichters Jean de la Fontaine, der von 1621 bis 1695 in seinem Geburtsort Château-Thierry an der Marne und später bis zu seinem Tod in Paris lebte. "Vermutlich" deshalb, weil seine Fabel später von mehreren französischen und deutschen Dichtern aufgegriffen und unter "Der Milchtopf" oder "Das Milchmädchen" veröffentlicht wurde. Johann Wilhelm Ludwig Gleim nannte die von ihm bearbeitete Fabel "Die Milchfrau".

Die Geschichte des Milchmädchens Perrette kann an mehreren Fundstellen nachgelesen werden. Deshalb hier der Inhalt in Kurzform:

Perrette trug auf ihrem Kopf einen Topf mit frischer Milch, um sie auf dem Markt zu verkaufen. Sie ging schnell und ließ ihren Gedanken freien Lauf. Sie dachte an das erlöste Geld, wollte 100 Eier kaufen und sie ausbrüten lassen. Aus diesem Erlös wollte sie ein Schwein kaufen und es fett füttern. Aus diesem Erlös wollte sie eine Kuh kaufen, die bestimmt ein Kälbchen bekommen werde. Die Vorfreude ließ sie tanzend weiter zum Markt eilen. Der Milchtopf fiel zu Boden und zersprang. Ade, Ihr schönen Träume!

Besonders Politiker bemühen gern die "Milchmädchenrechnung", wenn sie den Sachverstand anderer anzweifeln. Dabei würden sie ihre Mitbewerber viel drastischer als "Armleuchter" bezeichnen.

Jemanden einen Armleuchter nennen

Nennt man jemanden einen Armleuchter, will man diesen Blödian als dumm bezeichnen.

Wenn auch eine Kerzenleuchter (Kandelaber, Armleuchter u.s.w.) im Gegensatz zu einer einzelnen Kerze mindestens zwei Arme besitzt, leuchtet auch sein Licht nicht sehr weit. Ein Armleuchter läßt nur in einem sehr eng begrenzten Raum Helligkeit zu, nämlich nur entsprechend der Armlänge und der Kerze. Seine Reichweite läßt nur ein stark begrenztes Sichtfeld zu, und alles andere bleibt im Dunkeln. Er trägt nicht viel zur Erleuchtung bei.

Der Armleuchter wird manchmal auch zum Umgehen eines Fäkalausdrucks benutzt, der auf eine auf halber Höhe befindliche Körperöffnung des Menschen abzielt. Will man sich aber noch weniger festlegen und keine Beleidigung vornehmen, nennt man den anderen auch "Handlampe".

Autor seit 11 Jahren
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