Die drei Urgetreidesorten Dinkel, Emmer und Einkorn

Forscher der Universität Hohenheim baden-württembergische Bäcker haben einen "Arbeitskreis Spelzgetreide" für Einkorn, Emmer und Dinkel gegründet, in dem auch Müller und Nudelfabrikanten vertreten sind, um den Anbau dieser frühen Weizensorten wieder zu fördern.

Dinkel

Dinkel ist eine Getreideart und mit unserem heute gebräuchlichen Weizen eng verwandt. Dinkel wurde bereits in der Jungsteinzeit in Mittel- und Nordeuropa angebaut. Die ältesten Belege gehen bis ins 6. und 5. Jahrtausend vor Christus zurück. Unreifer Dinkel wird Grünkern genannt und eignet sich nicht zum Backen, wohl aber zum Kochen, zum Beispiel Suppen. Die Anbaufläche von Dinkel beträgt in Deutschland zirka 50.000 Hektar. (Foto © Universität Hohenheim, Oskar Eyb)

Emmer

Emmer ist auch unter dem Namen Zweikorn bekannt und eine Pflanzenart auch der Gattung Weizen. Er kann seine Ahnengalerie im Nahen Osten rund 10.000 Jahre zurückverfolgen. Das Titelfoto zeigt Schwarzen Emmer.

 

 

 

 

 

Einkorn

Einkorn stammt vom wilden Weizen ab und wurde schon vor 8.000 Jahren gezielt angebaut. Einkorn ist heute wie Emmer ein inzwischen wieder stärker nachgefragtes Nischenprodukt.

 

 

 

 

Weniger Ausbeute als beim Weizen

Einkorn, Emmer und Dinkel sind knapp, aber heiß begehrt. Sie besitzen ein hohes Marktpotential, können aber die Nachfrage nicht immer befriedigen, weil Dinkel und Emmer augenblicklich im Vergleich zum Weizen nur in kleiner Menge angebaut werden. Auch auf Terminbörsen oder aus anderen Ländern sind sie nicht zu kaufen. Somit hängt die Handelsmenge des Urkorns ausschließlich und direkt von der heimischen Produktion ab.

Die Erträge erzielen bei Einkorn 45 Prozent, bei Emmer 60 Prozent und bei Dinkel 70 Prozent im Vergleich zum Weizen. Durch die gestiegene Nachfrage der Verbraucher erleben die alten Weizenarten eine Renaissance.

Die alten Getreidearten fördern die Gesundheit

Im aktuellen Trend nach Ursprünglichkeit, Regionalität und gesundheitsfördernden und gesundheitserhaltenden Inhaltsstoffen liegt der Boom des Urgetreides und die Vermarktung von den Produkten aus diesen Getreidearten begründet. Vor allen Dingen gesundheitliche Aspekte wecken immer mehr das Interesse der Verbraucher. So bleiben anders als beim Brotweizen gesundheitliche Beeinträchtigungen wie Magengrimmen und Blähungen beim Verzehr von Dinkel aus. Allerdings sind, so Dr. Friedrich Longin von der Landessaatzuchtanstalt (LSA) der Universität Hohenheim, Einkorn, Emmer und Dinkel für Zöliakiepatienten (genetisch bedingte Nahrungsmittel-Unverträglichkeit von Patienten gegen Gluten) nicht geeignet, weil sie Gluten enthalten.

 Dr. Longin erklärt Dinkel-Versuche (Bildquelle © Universität Hohenheim, Dorothea Elsner)

Darüber hinaus enthält das Urgetreide weitere gesundheitsförderliche Inhaltsstoffe auf. Jochen Ziegler vom Lehrstuhl Technologie und Analytik pflanzlicher Lebensmittel der Universität Hohenheim meint "Vollkornmehle dieser Arten können wichtige Quellen für die Vitamine B1, B3, B6 und E sein." Nach Ziegler enthält Einkorn im Vergleich zu Weichweizen die sechs- bis zehnfache Menge an Lutein, das der Körper nicht selbst bilden kann. Es wirkt im menschlichen Auge als UV-Filter und Antioxidans und schützt so die Funktionsweise der Netzhaut.

Schwierigkeiten im Anbau des Urgetreides

Vor über 30 Jahren hat die Landessaatzuchtanstalt den Dinkel wiederbelebt und vor über zehn Jahren mit dem Anbau von Emmer und Einkorn gestartet.

Beim Anbau von Einkorn, Emmer und Dinkel sind aber einige Besonderheiten zu beachten. Im Dinkel sei es der Landessaatzuchtanstalt gelungen, die standfesten Sorten Divimar, Zollernspelz, Badenstern und Filderstolz zu züchten, so Dr. Longin. Bei Einkorn und Emmer gebe es immer noch bisher nur langstrohige Sorten, die leicht umkippen, was man in den Versuchsfeldern auch deutlich sieht. Die LSA ist gerade vorrangig dabei, die Standfestigkeit dieser Getreidearten zu verbessern und eine Halmverkürzung zu erreichen.

"Wer es mit dem Anbau von Emmer versuchen will, soll die Sorten Ramses und Heuholzer Kolben auswählen, wer sich an Einkorn versuchen will, soll die Sorten Tifi und Svenskaja wählen." Der Kauf guter oder bester Saatgutqualität nur von diesen Sorten sei zu empfehlen, wenn der Anbau gelingen soll, so Dr. Longin. Andere Sorten sind offenbar im Anbau schwierig, meist von schlechter Qualität und nicht vom Saatgutprofi vermehrt. Das führt zu Problemen im Anbau und in der Verarbeitung.

Höhere Produktionskosten bei Einkorn und Emmer

Emmer und Einkorn haben zum Teil weit geringere Erträge als Brotweizen oder die modernen Dinkelsorten. Wenn sich der Anbau für den Landwirt dennoch lohnen soll, muss er für Einkorn und Emmer einen höheren Preis erzielen als bei Weizen und Dinkel. Die LSA hält Ertragssteigerungen bis zu 25 Prozent mit Intensivierungsmaßnahmen wie Fungizideinsatz oder Wachstumsregler möglich. Fungizide sind allerdings chemische oder biologische Wirkstoffe, die Pilze oder ihre Sporen abtötet oder ihr Wachstum verhindern soll.

Kostentreiber ist auch ein zusätzlicher ein Arbeitsgang nach der Ernte, wenn die Kerne von den Spelzen abgetrennt werden müssen.

Urgetreide ist auch eine Marktchance für Bäcker

Die alten Getreidearten Einkorn, Emmer und Dinkel haben ein hohes Marktpotenzial und erschließen Landwirten, Mühlen und kleinen Bäckereien alternative Marktsegmente mit neuen Geschmackserlebnissen bei Brot und Pasta. Allein der nussige Geschmack von Einkorn und Emmer hat inzwischen viele Freunde gewonnen. Hinzu kommt beim Einkorn der sehr hohe Gehalt an Carotinoiden mit dem Effekt, dass das Brot gelb gefärbt ist. Das ermöglicht eine neue Vielfalt in Farbe und natürlich auch Form.

Aus dem klebrig-fließenden Teig des Urgetreides lassen sich mit viel handwerklichem Geschick enorm gute Produkte erschaffen." Das kann eine große Chance für das regionale und lokale Bäckerhandwerk sein, sich in dem hart umkämpften Bäckermarkt mit Spezialitäten auch gegen die Backwaren der Discounter zu behaupten. In regionaler Zusammenarbeit könnten die lokalen Bäcker hohe Transportkosten bei kleineren Mengen umgehen und sicherstellen, dass ihnen das Getreide regelmäßig in ausreichender und gleichbleibender Qualität zur Verfügung steht.

Das Foto zeigt die Vielfalt von Backwaren mit Dinkel, Emmer und Einkorn ( © H. Stelz).

Neue Urgetreidesorten im Dornröschenschlaf

Dinkel hat sich seit über 20 Jahren schon fest etabliert. Emmer und Einkorn sind neuere Urgetreidesorten. Alle drei Sorten liegen voll im Trend.

https://www.uni-hohenheim.de/typo3temp/pics/0666597335.jpgAls nächste Urgetreidesorte wird wohl Waldstaudenroggen den Markt erobern wollen, mit dem die LSA der Uni Hohenheim augenblicklich Versuchsreihen unternimmt und ihn "marktgerecht wecken will".

Dieser Urroggen treibt nach der Ernte erneut aus seiner Stoppel aus. Weil er nur wenig Ertrag brachte und viel Spindelbrüchigkeit bewies, liess ihn die Landwirtschaft bisher unbeachtet. Er könnte jetzt wieder seine alte Funktion aufnehmen, wenn Schlagworte wie Ökologie, Bodenschonung und Erosionsschutz eine immer größere Rolle spielen. Mit dieser Zielsetzung könnte auch der Waldstaudenroggen eine neue Chance erhalten.

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