In eine Vormundschaft geht es manchmal schneller als gedacht

In eine Situation wie Max kann eigentlich jeder kommen. Max ist im Film "Sein gutes Recht" vereinsamt: Es existieren keine Familienkontakte mehr, und Max ist allein, krank und hilflos. Deshalb bestellt ein Gericht einen Betreuer für eine Vormundschaft. Jetzt scheinen Arztbesuche, Wohnungsreparaturen, Pflege und vieles mehr zu seinem Wohl geregelt.

Im Film ist Max seinem Betreuer, der alles für ihn erledigt, völlig ausgeliefert, denn er hat ein "schwarzes Schaf" erwischt. Aber es muß in der Realität kein vorsätzlicher Betrug sein, es reicht auch eine Überlastung des Betreuers aus, die zu gravierenden Nachlässigkeiten oder Fehlentscheidungen führt. Die Auswirkungen aber treffen den hilflosen Kranken mit voller Wucht.

Die Situation von Max verschärft sich zusehends und er gerät in die "Betreuungsfalle". Leni versucht, Max zu helfen, und muß reichlich einstecken. "Ich weiß nicht, wie man es besser machen kann, ich weiß nur, dass man es besser machen muss, denn wir alle werden alt, zu alt, um jeden Tag für unser Recht zu kämpfen und zu bestimmen, was einmal mit uns sein wird", sind Lenis letzte Worte bei der Anhörung der Betroffenen vor Gericht im Fernsehfilm "Sein gutes Recht".

Gleichgültigkeit ist ein großer Feind

Mit einer Vormundschaft, der Gestellung eines Betreuers für die Erledigung der alltägigen Dinge, soll einem Demenzkranken geholfen und die notwendige Unterstützung gegeben werden, sein Leben so zu meistern, wie es die Krankheit zuläßt. Der Gesetzgeber will seinem Bürger Rechtssicherheit auch in einer Krankheit geben. Diese Rechtssicherheit kann der Staat aber nicht garantieren, wenn der Kranke an ein "schwarzes Schaf" oder an einen völlig überlasteten Betreuer gerät. Viele sind in dieses System involviert: Der Nachbar, Freunde oder Bekannte, der Sozialarbeiter, der Neurologe, der Richter, der Betreuer. Wenn nur eines von diesen Gliedern einer Kette seine Verantwortung wegen Überlastung oder Gleichgültigkeit an andere abschiebt, kann es zum Eklat und Lebenskrise des Betroffenen kommen.

Der Staat muß nachbessern, wenn er merkt, daß er die versprochene Rechtssicherheit nicht oder nicht immer bieten kann.

Der Inhalt von "Sein gutes Recht" in Kurzform

Max (Matthias Habich) und Leni (Thekla Carola Wied) waren in der Tanzstunde ineinander hoffnungslos verliebt, verloren sich aber bald aus den Augen. Über 50 Jahre später treffen sie sich zufällig im Park wieder. Beide sind einsam, Leni verwitwet, Max zweimal geschieden. Max hat sich mit seinem homosexuellen, einzigen Sohn völlig überworfen.

Beide wollen an ihre gemeinsame Jugend anknüpfen und gehen tanzen und lachen und reden miteinander. Aber schon bei der zweiten Tanzstunde fehlt Max. Leni besucht Max und findet ihn manchmal seltsam abwesend, manchmal seiltsam verstört vor. Sein Haus ist ein wenig verwahrlost und unbeheizt. Leni spürt, dass es sich bei Max um Altersdemenz handeln muß.

Aber viel schlimmer: Auf Veranlassung von Nachbarn wurde Max per Gerichtsbeschluss unter Betreuung gestellt. Selbst den Heizungsmonteur kann nur der mit der Betreuung beauftragte Anwalt bestellen, doch der ist im Urlaub. Max braucht dringend einen Arztbesuch. Die Anwaltskanzlei, in der der Vormund arbeitet, ist völlig überlastet und hilft nicht weiter.

Jetzt beginnt Lenis Kampf gegen die Windmühlenflügel. Sie kämpft gegen die überlastete Kanzlei. Die Richterin will nach langem Zögern überprüfen, ob eine Betreuung von Max überhaupt notwendig ist, zumal Max während langer Phasen völlig fit wirkt und auch ist. Aber genau am Tage des Prüfungstermins ist seine Tagesform miserabel.

Bei einer Panikattacke verletzt Max versehentlich eine Haushaltshilfe und wird auf Veranlassung seines Betreuers in ein Heim gebracht. Dort bekommt Leni wegen ihrer kämpferischen Aufmüpfigkeit Hausverbot.

Leni muß beobachten, wie der betreuende Anwalt Max‘ Villa leerräumt. Sie rastet derart aus, daß Gefahr besteht, daß sie nun auch unter Betreuung gestellt wird. Auf Veranlassung des betrügerischen Anwalts wird Leni vorerst in die Psychiatrie eingewiesen. Jetzt hilft ihr ihr klarer Kopf: Als pensionierte Lehrerin kann sie der zuständigen Richterin vorrechnen, welche Rendite die Kanzlei mit ihren zahlreichen Betreuungsklienten einfährt. Da kommen atemberaubend viele abgerechnete Arbeitsstunden zusammen und die Richterin sehr ins Grübeln.

Die Dokumentation nach dem Film "Sein gutes Recht"

Bereits heute sind 1,3 Millionen Menschen in Deutschland auf Betreuung angewiesen; die Zahl hat eine stark steigende Tendenz. Ursachen dafür sind Demenz, psychische und andere Erkrankungen. Früher bedeutete eine Entmündigung das Recht, über alle geschäftlichen und gesundheitlichen Belange seines Lebens selbst zu entscheiden.

Die Menschen merken nach einem erfüllten, selbstbestimmten Leben auf einmal, dass sie Ausfallerscheinungen haben und ihren Alltag nur mit Mühe meistern. Heute wird hilfsbedürftigen Menschen ein gesetzlicher Betreuer zugewiesen, der sie nur dort unterstützen soll, wo sie wirklich Hilfe benötigen. Dabei soll den Wünschen der betreuten Person soweit wie möglich Rechnung getragen werden, auch, wenn ein Betreuter allein schon die Einmischung in sein Leben als bloße Zumutung empfindet. Zu Wort kommen zu diesem Thema mit Karin Becker eine Berufsbetreuerin und Peter Winterstein, Vorsitzender des Betreuungsgerichtstages.

Betreuer/Berufsbetreuer ist keine geschützte Berufsbezeichnung

Berufsbetreuer kann jeder werden. Es gibt keine geschützte Berufsbezeichnung. Verbände und Juristen fordern, den Beruf des Betreuers zu professionalisieren.

Und es kommt immer wieder zu Problemen. Da wird über mangelnde Kontakte, unzureichende Kontrolle durch die zuständigen Amtsgerichte und Überforderung geklagt bis hin zu Betrug und Unterschlagung. Auch Angehörige können zu Betreuern werden. Doch welcher später Betreute weiß zuvor, ob die Kinder, Geschwister oder Enkel die Interessen des Betreuten wie vom Gesetzgeber gewünscht wichtiger nehmen als die eigenen?

Die Dokumentation zeigt Szenen aus dem Alltag von Berufsbetreuern und Schicksale von Betreuten. Anhand von verschiedenen Beispielen werden Licht und Schatten des Betreuungswesens aufgedeckt. Das System stößt durch die dramatische Zunahme der Menschen, die einer Betreuung bedürfen, an seine Grenzen. Die Dokumentation beantwortet Fragen wie "Wer entscheidet eigentlich auf welcher Grundlage, wann eine Betreuung erforderlich ist? Wie kann jeder selbst Vorsorge treffen, daß er im Ernstfall von einer kompetenten und vertrauenswürdigen Person begleitet und nicht zum Opfer eines

 

Alle Fotos dieses Artikels © ZDF und Willi Weber

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