Der Marderhund: Deutschlands unbekanntester Hund im Kurz-Porträt
Neubürger Marderhund: Typisches und Wissenswertes über einen Hund, den kaum jemand kenntDer Marderhund ist tatsächlich ein Hund
Der Marderhund gehört zu den Hundeartigen, ist also tatsächlich ein Mitglied der Hundefamilie. Im Aussehen ähnelt er zum Teil einem Marder, erinnert aber auch sehr an einen Waschbären.
Ungewöhnlich: Als einziger Vertreter der Hundeartigen hält der Marderhund in kühlen Gegenden einige Monate lang Winterruhe.
Nyctereutes procyonoides ...
... so lautet der etwas kompliziert klingende wissenschaftliche Name des Marderhundes.
Hinter diesen ursprünglich aus dem Griechischen stammenden Begriffen verbergen sich die Worte "Nacht", "Wanderer" und "Waschbär", die den Marderhund, seine Lebensweise und sein Äußeres recht treffend charakterisieren.
Marderhund (Bild: Cloudtail / Flickr)
Wo lebt er eigentlich, der Marderhund?
Marderhunde sind inzwischen in ganz Deutschland verbreitet.
Es gefällt ihnen vor allem dort, wo es feuchte Wälder gibt, Flussauen, bewachsene Ufer und landwirtschaftlich ungenutzte Flächen.
Der Marderhund kann gut schwimmen und gut klettern. Als einziger Hundeartiger neben dem Graufuchs klettert der Marderhund auch auf Bäume. Deckung zu finden ist für ihn wichtig, denn auf der Flucht vor Feinden ist er nicht besonders schnell. Das Totstellen nutzt der Marderhund als alternative Überlebensstrategie.
Schutz und Rückzugsort finden Marderhunde in Baumhöhlen oder Erdbauten. Diese graben sie entweder selbst oder bewohnen verlassene Fuchs- oder Dachsbaue.
Einen Marderhund zu Gesicht zu bekommen, ist sehr schwer. Marderhunde sind scheu, leben heimlich und sind vor allem dämmerungs- und nachtaktiv.
Typisch Marderhund ist die auffällige schwarze Gesichtsmaske
Sie ist - neben der Größe und Fellfarbe - vor allem dafür verantwortlich, dass man den Marderhund auch "Waschbärhund" nennt.
Die ursprüngliche Heimat des Marderhundes vermutet man in Amerika oder Asien
Die in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts nach Deutschland eingewanderten Marderhunde sind vermutlich über die Sowjetunion gekommen.
Dort wurden Marderhunde wegen ihres Fells in Pelzfarmen gezüchtet. Entlaufene oder freigelassene Tiere konnten sich nach und nach in Europa ausbreiten, zuerst in Finnland, Rumänien und Polen, etwa um1960 erstmalig auch in Deutschland.
In Deutschland leben Marderhunde schwerpunktmäßig in den östlichen Bundesländern, inzwischen soll es jedoch im ganzen Land Marderhunde geben.
Der Marderhund ist ein "sammelnder Allesfresser"
Ein besonders guter Jäger ist der Marderhund nicht. Er kann nicht schnell laufen und bei der Suche nach Beute verlässt er sich weniger auf Augen und Ohren als auf seinen ausgezeichneten Geruchssinn.
Deshalb "sammelt" er alles auf, was ihm unter die Nase kommt: Er ernährt sich von kleinen Nagetieren, Fröschen, Fischen, Jungvögeln, Vogeleiern, Beeren, Früchten, Nüssen, Aas, Insekten, Pilzen, Mais, Hafer, Kürbissen, Tomaten, Trauben, ...
Sein Speiseplan besteht zum größeren Teil aus pflanzlicher Nahrung.
Natürliche Feinde hat der Marderhund in Deutschland kaum
Fürchten muss sich der Marderhund vor allem vor dem Wolf, Luchs, Braunbär und Uhu.
Der Rotfuchs gilt für den Marderhund als Nahrungskonkurrent.
Weder Rudeltier noch strikter Einzelgänger
Marderhunde leben gerne im kurzfristigen Familienverband oder in einer dauerhaften Paarbeziehung.
In den Monaten April oder Mai kommen die Welpen zur Welt, meist sind es zwischen 6 und 10 Jungtiere, vor allem bei älteren Müttern können es sogar bis zu 15 oder 16 Welpen sein. Diese hohe Vermehrungsrate war für den Marderhund ursprünglich eine wichtige Überlebensstrategie.
Interessant ist, dass dem Männchen - dem Rüden - bei der Jungenaufzucht eine wichtige Rolle zukommt. Muss die Fähe ihre Welpen alleine aufziehen, sind deren Überlebenschancen wesentlich geringer. Der Naturschutzbund (NABU) schreibt 2009 in "Naturschutz Heute" (Heft 2): "Im Hause Marderhund kümmert sich der Vater mit um den Nachwuchs. Er bewacht die Höhle und sobald die Jungen feste Nahrung zu sich nehmen können, bringt er Beute herbei."
Ausgewachsen sind junge Marderhunde mit etwa 4-6 Monaten.
Marderhunde (Bild: Cloudtail / Flickr)
Wie hört er sich an, der Marderhund?
An welchen Geräuschen lässt sich der Marderhund erkennen? Wenn es schon so schwer ist, ihn zu Gesicht zu bekommen, sollte man ihn doch wenigstens an seinen typischen Lauten identifizieren können.
Typisch Hund sind die Laute des Marderhundes allerdings nicht: Sein "Bellen" hört sich eher nach einem Miauen an. Die Welpen hört man leise fiepen, die Mutter knurrt in Gefahrensituationen, die Rüden kann man in der Nacht heulen hören.
Der Marderhund ist ein Neozoon
Obwohl der Marderhund schon seit mehr als fünfzig Jahren in Deutschland eine Heimat gefunden hat, gilt er dennoch als sogenannter Neozoon, als "Neubürger".
Unter Neozoen (oder Neobiota) versteht man laut Online-Lexikon Wikipedia "Arten (...) die sich – ohne oder mit menschlicher Einflussnahme – in einem Gebiet etabliert haben, in dem sie zuvor nicht heimisch waren."
Typisch für Neobiota sind, so auch am Beispiel des Marderhundes zu sehen, die Anpassungsfähigkeit an neue Gegebenheiten und eine hohe Fortpflanzungsrate.
Beispiele für andere Neozoon, die sich erfolgreich in Deutschland angesiedelt haben, sind z.B. die Wanderratte, der Waschbär, das Wildkaninchen, die Mandarinente, der Halsbandsittich oder der Kartoffelkäfer.
Problematisch wird es dann, wenn zugewanderte Arten sich negativ auf die heimische Flora und Fauna auswirken, zum Beispiel durch Besetzen von ökologischen Nischen oder Konkurrenzdruck.
Ist der Marderhund eine Bedrohung für heimische Tierarten?
Diese Problematik scheint noch immer umstritten zu sein. Einerseits wird behauptet, dass der Marderhund einheimische Tierarten zurückdrängt und wichtige Nischen im Ökosystem besetzt.
Auch eine Gefahr für Bodenbrüter, z.B. Kiebitz oder Uferschnepfe, sollen Marderhund, Waschbär, Mink und Co. vor allem in den deutschen Küstengebieten sein.
Ein Artikel von Fokus Online zitiert dagegen die Experten des WWF: "Allerdings, schreiben die Fachleute, gebe es bislang trotz der massiven Vermehrung noch keinen Hinweis darauf, dass der Marderhund heimische Tierarten verdrängt."
Es sei deshalb nur fair, auch den Marderhund - so urteilt der Ökologische Jagdverband Deutschlands - "in unserer Heimat einer verständigen Naturschutz- bzw. Jagdgesetzgebung zu unterstellen, damit er zumindest während der Zeit der Jungenaufzucht nicht um sein Leben fürchten muss!"
Spuren und Fährten des Marderhundes
Wie die "Fußabdrücke" des Marderhundes, in der Fachsprache als Trittsiegel bezeichnet, im Vergleich zu anderen Tierarten wie Waschbär, Fuchs oder Marder aussehen, das zeigt diese Übersicht des Naturschutzbundes Mühlviertel-West:
Wer mehr über den Marderhund erfahren möchte:
Eine ausführliche Website zum Thema Marderhund & Waschbär hat das österreichische Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie zusammengestellt.