Die Top 10

1) Tammy Wynette / "Stand by your Man" (1968)

2) George Jones / "He stopped loving her today" (1980)

3) Patsy Cline/(Willie Nelson) / "Crazy" (1962)

4) Johnny Cash / "Ring of Fire" (1963)

5) Hank Williams / "Your Cheatin' Heart" (1952)

6) Garth Brooks / "Friends in low Places" (1990)

7) Patsy Cline / "I fall to Pieces" (1961)

8) Glen Campbell / "Galveston" (1969)

9) Charlie Rich / "Behind closed Doors" (1973)

10) Waylon Jenning / Willie Nelson / "Mamas don't let your Babies grow up to be Cowboys (1978)

(Die vollständige Top 100)

1) Tammy Wynette / "Stand by your Man" (1968)

Verfasst wurde "Stand by your Man" gemeinsam von Tammy Wynette und Produzent Billy Sherill. Die Frauenbewegung war nicht so erfreut über dieses Lied, das Frauen dazu auffordert, ihren Männer beizustehen, auch wenn sie seltsame und unverständliche Dinge tun. Aber gerade über diese doch gar nicht schmeichelhafte Beschreibung von Männern hätten die Feministinnen doch begeistert sein sollen. Der Refrain endet immer auf den ironisch-resignierten und etwas mitleidigen Vers: "Schließlich ist er nur ein Mann." Jedenfalls ist die Ehe hier wohl keine reine Freude und ist damit doch gar nicht so weit entfernt von den bitteren Scheidungsliedern, in denen Tammy Wynette die ungekrönte Königin war: "D.I.V.O.R.C.E" oder "I don't wanna play House".

Dass allerdings auch die Geduld einer Tammy Wynette da ihre Grenzen hatte, zeigte sich an ihrer Scheidung von George Jones, der die Finger nicht von Alkohol und Pillen lassen konnte. Bekannt ist auch die indirekte Kritik von Hillary Clinton, sie wäre keine kleine Frau, die "Stand by your man" befolgen würde. Doch genau das tat sie dann, als Ehemann Bill in seiner peinlichen Lewinsky-Affäre steckte. Das kriegte sie von Tammy Wynette dann auch zu hören.

(Songtext)

Tammy Wynette live in den 60ern
Tammy Wynette im Duett mit Lyle Lovett

2) George Jones / "He stopped loving her today" (1980)

Seine Verbindung von traurigem Inhalt und pointierter Formulierung zeichnet "He stopped loving her today" aus. Gesungen wird es von George Jones, dem vielleicht besten und perfektesten aller Country Sänger. Man sieht hier die große Stärke der Country Musik, in ein paar Zeilen, mit Andeutungen und Auslassungen, einen ganzen Roman zu erzählen.

Ein Mann wird verlassen von einer Frau, die ihm sagt, er werde es schon vergessen. Aber das schafft er nicht, hofft, sie kommt zurück, brütet jahrelang über alten Liebesbriefen. Dann plötzlich wird erzählt, er sei zum Ausgehen angezogen und würde zum ersten Mal seit Jahren lächeln, es folgt die Titelzeile: "He stopped loving her today". Scheinbar alles in Ordnung, doch dann erfährt man, dass ein Kranz an seiner Tür befestigt wurde. Er ist also tot. Am Schluss erscheint sie auf seiner Beerdigung. "This time he's over her for good".

Country Sänger Alan Jackson durfte dies Lied auf der Gedenkfeier für George Jones singen.

(Songtext)

Alan Jackson auf der Beerdigung von George Jones 2013
George Jones 1980

3) Patsy Cline / Willie Nelson / "Crazy"

Geschrieben wurde dieses Lied von Willie Nelson, berühmt gemacht hat es Patsy Cline, die Ausnahmesängerin, die 1963 in einem Flugzeugabsturz starb. Ein wunderbares Lied über unglückliche Liebe, die aber nicht vergehen will. Die altbekannte Geschichte von einer, die verlassen wurde, versteckt sich hier zwischen den Zeilen. Der langsame Rhythmus, zusammen mit dem Text strahlt eine Art einsame, verwirrte, resignative Verzweiflung aus. Das Wort "Crazy" bringt es auf den Punkt.

(Songtext)

4) Johnny Cash / "Ring of Fire" (1963)

Das äußerst leidenschaftliche Liebeslied "Ring of Fire" ist vielleicht Johnny Cashs berühmtestes Stück mit der größten Breitenwirkung, das auch bekannt ist bei Leuten, die sonst kein Country hören. Es ist außerdem passend, dass dieses Lied in die Top 10 gewählt wurde, denn geschrieben wurde es von Merle Kilgore und June Carter, seiner späteren Ehefrau. So frindet sich also dieses Mitglied der legendären Carter Family um Mother Maybelle Carter indirekt auch hier.

Zunächst hatte June Carters Schwester Anita das Lied aufgenommen, doch es wurde kein richtiger Hit. Dann übernahm Johnny Cash. In seiner Autobiographie erzählt er, wie er von Anita Carters Version träumte, die begleitet wurde von den für Country so untypischen berühmten Trompeten. Immer mal wieder lassen sich Musiker davon inspirieren. So hat Dwight Yoakam in seinem Lied "Sorry you asked" auch solche Trompeten eingebaut.

(Songtext)

5) Hank Williams / "Your Cheatin' Heart" (1952)

Hank Williams ist der Meister des traurigen, bitteren Lieds, ohne in Sentimentalität zu verfallen. Das verhindern die präzisen, genau beobachtenden und pointierten Texte. In "Your Cheatin' Heart" wünscht ein Mann seiner Ex alles, was er gerade erleidet: Weinen, Schlaflosigkeit, zielloses Wandern durch die Wohnung. Denn irgendwann wird sie es bereuen und sich nach ihm zurücksehen, aber dann ist es zu spät. Irgendwann wird sie genauso traurig sein. Genau genommen handelt es sich hier also um eine Art Verfluchung, Wunschdenken voller Rachegelüste des Verlassenene und Betrogenen.

Hank Williams ist immer noch der klassische Songwriter, an dem man sich orientiert, sowohl inhaltich als auch mit Anspielungen. "Cheatin' Heart Attack" von Dale Watson ist ein schönes Beispielt.

(Songtext)

Gesungen von Patsy Cline
Das Original von Hank Williams

6) Garth Brooks / "Friends in low Places" (1990)

In "Friend in low Places" geht es um den "Country Boy" und die "Champagner Lady". Das ist ein beliebtes Thema der Country Music und diese Beziehungen zwischen Unten und Oben haben hier keine rosige Zukunft. Es geht eigentlich nie gut aus. Eine andere Variante der Geschichte ist der Mann, der seine Frau an die Reichen verliert, wie in "Crystal Chandeliers" von Charley Pride.

Garth Brooks ist eine Momentaufnahme, denn das Ich des Songs verabschiedet sich von seiner Society-Dame auf eine ihrer Champagner-Partys, wo er uneingeladen in Stiefeln auftaucht und ihrem Neuen das Champagnerglas aus der Hand nimmt. Der ist natürlich ein Oberschichtenweichei, denn in seinen Augen sieht man Angst. Dann kommt der Refrain, denn eigentlich ist alles gar nicht so schlimm, denn es gibt ja Kneipen, wo er in einer Stunde alles vergessen haben wird. Er wird nämlich so "high" sein wie der Elfenbeinturm, in dem sie lebt. Der Schluss ist deutlich. Er geht wieder, also zurück in seine Bar, und hat ihr vorher gesagt, sie könne ihn am Arsch l***, was man auf Englisch ja mit "kiss" ausdrückt.

(Songtext)

Die Studioversion
Justin Timberlake & Garth Brooks (live)

7) Patsy Cline / "I fall to Pieces" (1961)

Ein zweites Mal Patsy Cline. "I fall to Pieces" ist ein Lied aus der Feder der Meistersongwriter Harlan Howard und Hank Cochran.

Es handelt davon, dass jemand es einfach nicht schafft, mit der Vergangenheit abzuschließen, ein neues Leben zu beginnen und mit anderen auszugehen, da ihr immer wieder der Ehemalige über den Weg läuft und sie dann innerlich zusammenbricht. Da reicht es sogar schon, wenn nur sein Name fällt. Solange dies passiert, kann es kein Leben mit einer neuen Liebe geben. Und die Zeit heilt da keine Wunden, es wird ganz im Gegenteil nur noch schlimmer: "Time only adds to the flame".

(Songtext)

 

Patsy Cline
Songwriter Hank Cochran

8) Glen Campbell / "Galveston" (1969)

Geschrieben wurde "Galveston" von Jimmy Webb und erschien 1972 auf seiner LP "Letters". Berühmt gemacht wurde es aber von Glen Campbell. Galveston ist eine Insel vor der texanischen Ostküste, nach der das Ich in dem Lied Heimweh hat. Er ist gerade im Krieg und die Schlacht wartet. Gemeint ist der Vietnamkrieg, aber es könnte natürlich auch jeder andere Krieg sein. Es ist ein Anti-Kriegs-Lied voller Todesangst und Sehnsucht nach zu Hause. Ein Soldat, der um sich den Schlachtenlärm hört und sein Gewehr säubert, denkt an seine Heimat und das 21-jährige Mädchen, das dort auf ihn wartet. Er hat Angst zu sterben, ohne vorher ihre Tränen getrocknet zu haben.

Die beiden Versionen unterscheiden sich sehr voneinander und verdeutlichen den Unterschied von 70's-Folk und Country. Bei Jimmy Webb dauert es über eine Minute, bis er nach einem langen Gitarrensolo anfängt, etwas leidend zu singen. Dann ist die Originalversion auch wesentlich langsamer. Glen Campbell verschafft dem Song durch Tempo und seine Art des Vortrags eine positivere, aber nicht unbedingt patriotische Wendung.

(Songtext)

Die Version von Songwriter Jimmy Webb

9) Charlie Rich / "Behind closed Doors" (1973)

"Behin closed Doors", gesungen von Charlie Rich, ist das einzige uneingeschränkt positive Liebeslied in dieser Top 10. Eine Liebeserklärung an die Partnerin, die einfach perfekt ist. Und im Refrain ist es ein privates Schlafzimmerlied ohne ins Schlafzimmer hineinzugehen, denn, wie es im refrain heißt, niemand weiß ja, was hinter verschlossenen Türen passiert.

Schlafzimmersongs wurden Ende der 60er in der eher puritanischen Country Musik modern. Da gibt es die eher monogame Version von Liedern wie "Behind closed Doors" oder "Man and Wife Time", mit dem Jim Ed Brown einen Hit hatte. Dann gibt es die andere Version beispielsweise von Kris Kristofferson, der in Liedern wie "Help me make it through the Night" oder "For the good Times" alle seine lyrischen Überredungskünste aufbietet, um die Nacht nicht alleine verbringen zu müssen.

(Songtext)

10) Waylon Jennings / Willie Nelson / "Mamas don't let your Babies grow up to be Cowboys" (1978)

Geschrieben wurde "Mamas don't let your Babies grow up to be Cowboys" von Sänger Ed Bruce und seiner Frau. Aber es wurde eine der Hymnen der Outlaw-Bewegung um Waylon Jennings und Willie Nelson. Auch wenn "Outlaw" ein Begriff, ein Schlagwort war, mit dem man Platten verkaufen konnte, hat er sich durchgesetzt.

Das Lied ist eine ironische Warnung an alle Mütter, ihre Kinder etwas Vernünftiges statt Cowboys werden zu lassen. Arzt oder Anwalt sei viel besser. Gemeint ist natürlich das Gegenteil. Das Lied gibt eine schöne Defintion für den Cowboy der 70er. Er spielt Gitarre, fährt einen Truck, liebt die Natur und kleine Hündchen, fühlt sich auch zu zweit einsam, ist nie zu Hause und führt ein ausgedehntes Nachtleben. Ein Spiel mit Klischees, die manchmal doch ganz gut die Wirklichkeit wiederspiegeln.

(Songtext)

Die Version von Waylon&Willie
Die Version von Songwriter Ed Bruce
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