1. Diskretion - „Ich bin Beichtvater, Psychologe und guter Freund“

Jeden Tag fährt Manolo Hurtado, sich im Schichtdienst mit seinem Bruder abwechselnd, von seinem kleinen Wohnort an der Costa del Sol 55 Kilometer nach Marbella und steht mit seinem Taxi Nummer 300 hauptsächlich in Puerto Banús. Dem Yachthafen von Marbella und Zentrum der Touristenbars und Discotheken, aber auch der Drogenhändler und Prostituierten, vor allem nachts? "Ja, da kann man schon was erleben! Manchmal bietet man mir Bezahlung per Fleisch an, aber darauf lasse ich mich nicht ein, ich will Euros".

Marbella Yachten

Links: Teure Yachten im Hafen von Marbella - oft mit guten Taxikunden

Manuel erzählt auch von den beiden deutschen Besuchern, die im Fond zwischen sich eine Prostituierte in ein renommiertes Fünf-Sterne-Hotel mitnahmen. "Wenn es mir zu bunt wird im Fond, dann greife ich übrigens schon ein und sage was!" Als er das in deutscher Sprache tat, fielen die aus allen Wolken. Ähnlich peinlich berührt waren eine Mutter und Tochter, die er bei Tagesanbruch aus einer Villa eines Arabers abholte und mitkriegte, wie die Mutter der Tochter einbläute, dem Vater zu erzählen, sie kämen aus der Disco mit anschließendem Frühstück am Strand. Das Trinkgeld, als er sie in deutsch verabschiedete, war schon in Schweigegeldhöhe.

2. Geduld und 3. Großzügigkeit - Ein gutes Herz und Zuhörerqualitäten

Taxifahrer 2Er spricht fließend Deutsch, Spanisch, Italienisch und ein Basis-Englisch. Er ist daher beliebter Gesprächspartner, wenn ihm vor allem die weiblichen Fahrgäste ihr Herz ausschütten, meist über Partnerprobleme. Bei jungen Mädchen, die er zu Hause abliefert, hat er sich angewöhnt, so lange mit dem Wegfahren zu warten, bis sie sicher im Haus sind.Da kommt dann bei ihm sein Beschützerinstinkt als Vater von zwei 16jährigen Töchtern durch. Manchmal haben die Teenies auch nicht genügend Geld dabei, wollen dann zwei Kreuzungen früher aussteigen, "aber das lasse ich nicht zu, fahre sie halt dann den Rest kostenlos nach Hause."

4. Korrektheit und 5. Höflichkeit - Internationale Trinkgeldgewohnheiten, Betrunkene, Zechpreller

Apropos Trinkgeld: "Die Engländer sind am großzügigsten, da gibt es schon mal Trinkgeld in Höhe von 10 bis 20 Euro, die Deutschen geben etwas weniger bis geizig, die Araber behandeln einen wie einen Leibeigenen und die Spanier nerven!" Die lassen sich oft fünf Cent herausgeben. Dann heißt es, immer höflich bleiben, auch wenn es ihm manchmal schwer fällt. Kein Trinkgeld von Engländern gibt es allerdings, wenn er sie nicht einsteigen läßt mit Hamburgern in der Hand, da wird Manuel erzieherisch: "Ich sage dann: Erst aufessen, dann Finger abwischen und dann erst bei mir einsteigen." Dann hagelt es Beschimpfungen mit "Fuckyou"-Wortschöpfungen. Aber sie folgen meist brav.

Betrunkenen Fahrgästen, die schon auch mal ins Auto sich erbrechen, drückt er eine Rolle Küchenpapier in die Hand und verlangt, dass sie alles sauber machen. Hat er denn keine Angst vor Angriffen? "Ich habe schon einen Gummiknüppel dabei und ein Elektroschockgerät." Zechpreller kommen natürlich auch vor. So passierte es Manuel erst vor wenigen Tagen, dass eine Frau plötzlich am Halt einer Ampel nicht weit von ihrem Ziel entfernt, die Tür aufriss und davon sprang. Dann guckt er natürlich in die Röhre. Aber das sei ihm noch nicht oft passiert.

Zwei Träume eines Taxidrivers - Vom Überleben im krisengebeutelten Spanien

Die spanische Wirtschaftskrise beutelt ihn arg. Im Moment ist ja Hochsaison und seit den Taximetern geht das Geschäft auch wieder aufwärts. "Aber manchmal kam ich schon mit nur 40 Euro für den ganzen Tag, ja im Winter auch mal nur mit fünfzehn Euro nach Hause". Das reicht nicht einmal für den Diesel. Manuel Hurtado hat Angst vor dem kommenden Winter und gibt offen zu, dass er sofort wieder zurück nach Deutschland gehen würde. Doch seine Familie findet die Lebensqualität trotz aller finanziellen und Zukunftssorgen für die Kinder im südlichen Spanien besser. Und so hätte er gerne ein eigenes Taxi, unabhängig von der übrigen Familie, mit der es schon mal Streit gibt. "Ich träume aber davon, eines Tages mit meiner Frau eine kleine Pizzeria aufzumachen, da nehmen wir uns unsere besten italienischen Freunde in Duisburg als Vorbild. Das wäre es."

 

Arlequina, am 12.07.2012
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