Die Büchse der Pandora
Rätsel, Fakten und eine Redewendung rund um eine mythologische FigurDie Legende um Pandora und ihre Büchse
Im griechischen Götterhimmel hegten Titanen und olympische Götter meist wenig freundschaftliche Gefühle füreinander. Nach einer bekannten Legende stahl der Titan Prometheus einst für die Menschen das Feuer vom Himmel. Zur Strafe dafür wurde er von den olympischen Göttern an ein Gebirge geschmiedet, wo täglich ein Adler von seiner nachts nachwachsenden Leber fraß. Bevor die Götter diesen perfiden Plan in die Tat umsetzen, übten sie jedoch zunächst auf andere Weise an Prometheus und seinen menschlichen Schützlingen Rache. Der himmlische Schmied Hephaistos, dem das Feuer entwendet wurde, und Athene, die den von Prometheus geformten Menschen einst Leben einhauchte, erschufen im Auftrag des Zeus eine Frau namens Pandora. Das Wort bedeutet: Mit allen Gaben ausgestattet. Alternativ kann die Übersetzung aber auch Die alle Gaben Schenkende lauten. Pandoras Name wurde zum Programm. Mit einem Gefäß voller unschöner Gaben entsandten die Götter sie zu den Menschen. Dort heiratete Pandora Epimetheus, dessen Bruder Prometheus ihn vergeblich vor jener Ehe warnte. Pandora öffnete schließlich ihre Büchse, aus welcher alles Unheil dieser Welt entwich. Nur am Grund des Gefäßes befand sich mit der Hoffnung auch eine positive Gabe.
Die Geschichte der Pandora entstammt der Feder des griechischen Dichters Hesiod. Er lebte um 700 vor Christus. Das Lexikon der Alten Welt aus dem Düsseldorfer Patmos Verlag nennt ihn den nach Homer bedeutendsten Epiker des archaischen Zeitalters. Die literarischen Schöpfungen des Hesiod befassen sich überwiegend mit Mythen und Legenden der griechischen Götterwelt. Seine wichtigste Dichtung namens "Werke und Tage" erwähnt erstmals die Sage um Pandora und ihre verhängnisvolle Büchse.
Wie aus einem Tonkrug eine Büchse wurde und andere Unklarheiten
Doch halt! Nach dem Urtext des Hesiod führte Pandora keine unheilvolle Büchse mit sich, sondern einen riesigen Tonkrug. Dieser sogenannte Pithos war quasi der "Kühlschrank" des griechischen Altertums. Er diente unter anderem zur Aufbewahrung von Lebensmitteln und wurde in diesem Fall in den vergleichsweise kühlen Erdboden eingegraben. Wie die schöne Pandora solch ein oft mannshohes Gefäß fortbewegen konnte, bleibt allerdings ungewiss. Vielleicht deshalb setzte sich später in der Legende der Gedanke durch, dass Pandora lediglich eine Büchse mit sich führte, aus welcher sie das Unheil verstreute.
Auch die Person der Pandora selbst ist umstritten. War sie tatsächlich die vorsätzliche Stifterin allen Übels, oder handelte es sich lediglich um typisch weibliche Neugier, welche sie zur verhängnisvollen Öffnung des Gefäßes veranlasste? Doch selbst dieses Detail erscheint noch unklar, denn es gibt auch Überlieferungen, nach denen dieser folgenschwere Fehler durch Pandoras Mann Epimetheus oder sogar dessen Bruder Prometheus begangen wurde. Gesichert ist nicht einmal, ob das Gefäß vollständig geleert wurde, denn nach Hesiods Urversion blieb die Hoffnung darin gefangen. Spätere Überlieferungen waren weniger hart und gestanden den Menschen bei allem Unglück als Letztes wenigstens die Hoffnung zu. Fragen über Fragen also...
Ungeachtet dieser und weiterer Unklarheiten geriet die Geschichte der Pandora keineswegs in Vergessenheit, sondern avancierte sogar zum geflügelten Wort. Wenn der Begriff heute in den Medien verwendet wird, geht es meist um eine Entscheidung, die bisherige Grenzen übertritt oder deren Tragweite noch nicht absehbar ist. In jüngerer Zeit verwendeten Journalisten diesen Begriff beispielsweise bezüglich der Politik Barack Obamas oder häufig auch hinsichtlich der letzten Wirtschaftskrise.
Quellenauswahl:
Lexikon der Alten Welt, Band 2 Patmos Verlag Düsseldorf, 2001
Christa Pöppelmann: Wer sagte was? Compact Verlag München, 2008
Das große Lexikon in Farbe, Sonderausgabe für Quelle International, 1992