Typisch und untypisch zugleich

Fast eine Million Jahre ist diese Höhle inzwischen alt, ein Stein gewordenes Zeugnis erdgeschichtlicher Entwicklung.

648 Meter ist sie lang, die letzten 200 Meter sind nicht begehbar. Als sie entstand, erhob sich El Hierro gerade aus dem Meer.
Die Cueva del Llano ist eine typische Lavahöhle.
Lavahöhlen bilden sich in mehreren Etappen. Zuerst stößt der Vulkan sehr flüssige Lava aus, anschließend bildet der äußere Teil, die Basaltdecke eine feste Kruste, während im Inneren die Lava weiter fließt. Sobald der Ausstoss vulkanischen Materials beendet ist, fließen die Lavaströme weiter, bis die durch die erstarrte Kruste entstandene Höhle leer und hohl zurück bleibt.
Dennoch ist die Cueva del Llano auch eine untypische Lavahöhle. Die Lava fließt immer über den abschüssigsten Punkt ab. Ist das Gefälle aber kaum vorhanden, erfolgt der Abfluß sehr langsam. Das erklärt die enorme Breite dieser uralten Höhle.
In ihr finden sich 5 Ablagerungen. Diese stammen aus von außen eingedrungenen Überschwemmungen und der Erosion der Vulkanhöhle selbst. So sind heute noch Tierreste von längst ausgestorbenen Wirbeltieren zu bestaunen, die durch Wasser- und Lehmmassen in die Höhle mitgerissen wurden und bis heute als Versteinerungen erhalten blieben. Zu ihnen zählen die kanarische Wachtel und die Lavamaus.
Diese fünf Ablagerungen zeigen, wie sich Feucht- und Trockenperioden auf der Insel abwechselten. Versteinerungen von Weichtieren konnten einer ersten Feuchtperiode vor etwa 15.000 Jahren und einer zweiten vor etwa 7.500 Jahren zugeordnet werden.

Hier leben heute noch Tiere

Und noch etwas ist außergewöhnlich an dieser Lavahöhle. Sie beherbergt heute noch Tiere, in ihrem letzten, nicht begehbaren Teilstück. Diese haben sich einem Leben in absoluter Dunkelheit perfekt angepasst. Ihre Augen sind völlig verkümmert, dafür haben sie verlängerte Beine und Fühler, um durch einen erhöhten Tastsinn ihre Blindheit auszugleichen. Auch ihre Flügel haben sich zurückgebildet. Maioerurus randoi heißt dieses Spinnentier, das keine Spinnweben erzeugt und eher einer Milbe ähnelt. Nur die Cueva del Llano bietet ihr auf Fuerteventura noch Lebensbedingungen. Sie gehört zu den sieben vom Aussterben bedrohten Gliederfüßern der Kanaren.
Außerdem bewohnen diese Höhle der Tausendfüßler Oranmorpha guerini sowie die endemische Spinne Spermophora fuertecavensis, die zerbrechlich erscheinende und sehr feine Beine aufweist.

Vor dem Aufstieg -- ein Selbstversuch

Ein Höhepunkt der sehr informativen und hochinteressanten Führung, allein ist diese Höhle nicht zu betreten, ist eine Art Selbstversuch. Die beiden Taschenlampen der Führerin sind ausgeschaltet, es herrscht absolute Dunkelheit. Die Gruppe Touristen steht und lässt sich einfangen von einem Gefühl der Stille und Ergriffenheit, tief unter der Erde, umgeben von Hunderttausende von Jahren altem Gestein.
Spot an, die Strahler erhellen die Dunkelheit wieder und weisen den Weg in Richtung Ausgang. Was bleibt, ist ein Erlebnis der besonderen Art, eine Zeitreise im Zeitraffer.
Langsam ist das Tageslicht wieder sichtbar. Der Aufstieg aus der Tiefe der Erde auf die Oberfläche neigt sich seinem Ende zu.
Die Cueva del Llano liegt in der Nähe der Ortschaft La Oliva, nur etwa 5 Kilometer von den berühmten Badestränden Corralejos entfernt. Einen Besuch ist sie auf jeden Fall wert.

 

Fotos: der Autor

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