Die Überlegenheit der Römer

Das Römische Reich war die größte Militärmacht ihrer Zeit. Als sie auf die Germanen trafen, umfasste das Römische Reich eine größere Fläche als die heutigen USA. Der Machteinfluss des Imperiums reichte von Nordafrika, rund um das Mittelmeer herum, über ganz Europa bis hoch nach Britannien. Auf dem freien Feld war die römische Armee unschlagbar und das Römische Reich war weiterhin auf dem Vormarsch. Gestoppt wurden sie erst am Rhein von den Germanen, die eigentlich nicht einmal annähernd so viel Macht und Schlagkraft hatten wie die Römer. Wie konnte es dazu kommen? Grund waren mehrere Faktoren, die dem römischen Imperium zum Verhängnis wurden.

Das Problem mit der Natur

Stellen wir uns doch mal den typischen römischen Soldaten vor! Er trägt eine Rüstung aus Eisen, einen Speer und ein Schild, das fast so groß ist wie er selbst.

Und diesen imaginären Römer setzen wir jetzt in einen vom Menschen unberührten Wald. Passt nicht ganz zusammen. Die Römer waren es gewohnt über befestigte Straßen zu laufen und nicht durch das Moor oder die Sümpfe Germaniens. Ein weiteres Problem, das die Römer mit dem Wald hatten, war der Wald selbst. Es gab in ganz Italien und im Großteil des römischen Imperiums keinen Wald mehr, weil zu dieser Zeit exzessiver Städte- und Schiffsbau betrieben wurde. Jetzt standen also die Römer mit ihren schweren Rüstungen auf matschigem Boden im dunklen Wald, der ihnen Angst machte. Irgendwie gehörten sie da nicht hin.

Zudem machte den römischen Legionen, die von der Sonne verwöhnt waren, das nasskalte Wetter und der ungewohnte Nebel das Leben schwer.

Beängstigende Baumriesen, Sümpfe und schaurige Moore, undurchdringlicher Nebel und die Ungewissheit, ob Gefahr im Unterholz lauert. Die Römer werden sich gefürchtet haben in Germanien. Es war komplett fremdes und unbekanntes Gebiet ohne Straßen, ohne eine Andeutung von Zivilisation. 

Der dunkle germanische Wald (Bild: El-Fausto/pixelio.de)

Die politische Struktur Germaniens

Ein weiteres Problem war, dass die Römer in ein Gebiet mit einer vollkommen anderen Struktur kamen. Für gewöhnlich schlugen sie sich bis zur Hauptstadt durch, belagerten diese so lange, bis der Feind aufgab, und hatten damit gewonnen. In Germanien gab es allerdings keine Hauptstadt. Jeder war mehr oder weniger sein eigenes Oberhaupt, also mussten die Römer zumindest die Adligen der Stämme überzeugen, was natürlich viel komplizierter und unsicherer ist, als die Belagerung einer Hauptstadt.

Das Vorgehen der Römer

Die Römer behandelten die Germanen, als wären sie bereits Teil des römischen Imperiums. Das heißt, sie nahmen keinerlei Rücksicht auf die Lebensweise oder Traditionen der Germanen, was diese natürlich verärgerte.

So wurde das römische Rechtssystem eingeführt und viele Germanen zum Tode verurteilt, was dem Glauben der Germanen widersprach. Auch verlangten die Römer Zahlungen, oft auch in Form von Nahrungsmitteln, was für die Germanen einen tiefen Einschnitt bedeutete. Genau wie das Verbot von Waffen. Denn das verletzte die Germanen in ihrem Stolz.

Dieses unsensible Vorgehen der Römer war ein Fehler. Denn die Germanen trafen ihre Entscheidungen für sich allein und waren keinem Befehlshaber untergeordnet. Die Römer hätten eher darauf setzen sollen, die Germanen von den Vorteilen zu überzeugen, die es hätte eine Provinz des Römischen Reiches zu sein, anstatt mit eiserner Hand über die freien Leute zu regieren.

Das verärgerte die Germanen

Die Germanen waren wütend (Bild: caplerohola/pixelio.de)

Freiheit - Das höchste Gut

Die Germanen waren stolze Menschen, denen ihre Freiheit das Wichtigste überhaupt war. Und genau das wollten sie nicht aufgeben. Einige Stämme gingen ein Bündnis mit Rom ein und merkten dann, dass sie langsam ihrer Freiheit beraubt wurden.

Die Römer verlangten Steuern und Abgaben, doch die Germanen waren Selbstversorger. Sie hatten nichts übrig, das sie abgeben hätten können.

Die Römer führten das Rechtssystem ein. Doch das System widerstrebte den Germanen. Denn ein Einzelner durfte in Germanien nicht über das Schicksal eines Straftäter entscheiden. Das war dem Thing, den Männern des Stammes vorbehalten.

Vor allem aber durfte kein Mensch auf dieser Erde über Leben und Tod entscheiden. Die römische Todesstrafe verletzte die Germanen in ihrem tiefsten Glauben. Denn nur den Göttern war es erlaubt, über das Leben und den Tod eines Menschen zu richten.

Durch diese strategische Missachtung aller Traditionen und der grundlegenden Lebensweise der Germanen wurde der Hass auf Rom geschürt. Die einst so stolzen Männer und Frauen sollten sich plötzlich einem einzigen Herrscher unterwerfen? Das war ihnen zuwider. Denn wie gesagt: Die Freiheit war den Germanen das höchste Gut. Und wenn man von einem absolutistischen Herrscher regiert wird, dann ist man nicht mehr frei.

Wo Germanen und Römer zusammenlebten

Es wäre falsch zu sagen, die Germanen und Römer hätten sich überhaupt nicht verstanden. Im Gegenteil, sie betrieben oft Handel und die Germanen werden wohl sehr fasziniert und beeindruckt vom Wissen der Römer gewesen sein. Das beweisen viele Funde von typisch römischen Gegenständen in germanischen Siedlungen.

Der Ort der Begegnung war für gewöhnlich ein Kastell der Römer. Entlang des Rheins und entlang der Donau befanden sich dort, wo heute die Städte Köln, Mainz, Düsseldorf und Regensburg sind, Römerkastelle. Diese Kastelle waren keine schlichten Militärlager, sondern richtige Städte, gebaut nach dem Vorbild Roms. Es wohnten dort nicht nur Soldaten, sondern auch viele Zivilisten. Größtenteils Händler, die ihre Waren oder Dienstleistungen anboten und so das Leben der Soldaten im kalten Germanien erleichterten. In diesen Kartellen entstand die erste Mischkultur zwischen Römern und Germanen.

Denn die Barbaren, beeindruckt von der Größe der Stadt, von den Gegenständen, die die Römer besaßen und von den Steinhäusern, fingen ihrerseits an, Handel mit den Römern zu betreiben. Sie nahmen nach einiger Zeit selbst das römische Geld als Zahlungsmittel an. Sehr gut verkaufen ließ sich zum Beispiel Holz, dass die Germanen ja im Überfluss hatten und das im Römischen Reich grundsätzlich knapp war. Einige der Germanen traten auch als Hilfsgruppen in die römische Armee ein.

Das Römerkastell Saalburg

Das Römerkastell Saalburg (Bild: velomobil/pixelio.de)

Autor seit 13 Jahren
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