Wenn Männer sich an Männer verkaufen - Männliche Prostituierte und ihre Beweggründe für diese Arbeit

Die Prostitution gilt als ältestes Gewerbe der Welt. Dabei bieten nicht nur Frauen ihre Liebesdienste gegen Bezahlung an, sondern auch Männer. Anders als der klassische Callboy, dessen Klientel hauptsächlich Frauen sind, gibt es in der Bundesrepublik Deutschland inzwischen mehrere Tausend, oft sehr junge, Männer, die ihren Körper anderen Männern zur Verfügung stellen.

Berlin und München als Stricher-Hochburgen

Nach neueren Schätzungen sind in der Bundeshauptstadt über 3000 "Stricher" unterwegs, die ihre Dienste anbieten. In München wird ihre Zahl auf ca. 700 geschätzt. Aber auch in kleineren Städten gibt es Stricher, denn Kunden gibt es überall. Man(n) trifft sich in Parkanlagen, in so genannten Klappen (öffentliche Toiletten), es gibt Szenekneipen, die als Treffpunkt fungieren oder Sexshops dienen als Ort für ein schnelles, anonymes Sexdate. Dass die Nachfrage nach männlichen und vor allem jungen Prostituierten groß ist, ist landläufig bekannt, allerdings ist diese gesellschaftliche Realität noch lange nicht anerkannt.

Nicht jeder Stricher ist homosexuell

Die Arbeit als Stricher wird fast immer mit der Annahme verbunden, dass der Stricher homosexuell ist. Dem ist allerdings nicht so. Ein Teil derer, die sich als Stricher ihr Geld verdienen, lebt in heterosexuellen Partnerschaften bzw. sind sogar verheiratet und haben Kinder. Sehr häufig ist eine Lebensnotlage der Grund dafür, dass Männer ihren Körper anbieten. Viele Stricher haben Gewissensbisse ihren Partnerinnen gegenüber und leben in der ständigen Angst vor Geschlechtskrankheiten bis hin zu HIV und Aids. Es gibt allerdings auch viele, die diesen Beruf ohne innere oder äußere Not ausüben. Für sie steht einfach der Spaß an sexueller Betätigung im Vordergrund und auch die Möglichkeit, auf angenehme Weise Geld zu verdienen.

Viele Stricher stammen aus Osteuropa

Seit dem Zerfall der kommunistischen Staaten strömen immer mehr junge Männer aus dem ehemaligen Ostblock nach Deutschland, um auf diese Weise ihr Geld zu verdienen. Vor allem die zunehmenden Reiseerleichterungen aus Ländern wie Bulgarien oder Rumänien veranlassen viele junge Männer, in Deutschland ihr Glück oder zumindest einen besseren Verdienst zu suchen. Aber auch aus anderen osteuropäischen Ländern und nicht selten auch aus dem asiatischen Bereich sind in Deutschland Stricher zu finden. Ein Grund für die Nachfrage nach osteuropäischen Strichern ist der Preis. Denn Stricher aus ehemaligen Ostblockländern bieten ihre Dienste ab 20,-€ an und sind damit sehr viel billiger als viele Deutsche, die als Stricher arbeiten.

Das Durchschnittsalter der Stricher sinkt immer weiter

Waren es vor einigen Jahren noch erwachsene Männer, die sich als Stricher ihren Kunden anboten, so ist dies heute nicht mehr der Fall. Die massive Nachfrage nach immer jüngeren Prostituierten hat dazu geführt, dass die jüngsten Stricher gerade einmal 14 Jahre alt sind und ihre Dienste vor allem pädophilen Freiern anbieten. Die Betroffenen sind nicht selten deutsche Kinder und Jugendliche, die aus ihrem (oft zerrütteten) Elternhaus geflohen sind und als Stricher ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen. In Großstädten wie Berlin gibt es eine stetig wachsende Stricher-Szene für diese Altersklasse.

Stricher leben in Angst vor Gewalt und Krankheit

Wer sich als Stricher in die Szene begibt, lebt immer gefährlich. Nicht nur die Gefahr, sich mit Geschlechtskrankheiten zu infizieren, ist groß, sondern es kommt immer wieder auch zu gewalttätigen Übergriffen gegen Stricher von Seiten der Freier. Viele von denen, die einen Stricher buchen, wollen ihre im Alltag unterdrückten Fantasien ausleben und dazu gehören nicht selten Gewaltfantasien. Solchen Freiern ist der Stricher dann hilflos ausgeliefert und scheut sich fast immer, Anzeige zu erstatten, sei es aus Scham oder einfach aus Angst vor neuer Gewalt.

"Marikas" in München – einzige Anlaufstelle für junge Stricher im gesamten Bundesgebiet

Seit 1994 gibt es in München mit dem "Marikas" eine Beratungsstelle für Stricher. Hier können männliche Prostituierte, die obdachlos sind, an sieben Tagen im Monat ihre Wäsche waschen, sich etwas zu essen kochen und erhalten einen Schlafplatz. Mitarbeiter von Marikas wiesen im Jahr 2011 darauf hin, dass die Zahl von Strichern, die aufgrund von Armut der Prostitution nachgehen, rapide zunimmt. Die Beratungsstelle hat trotz ihrer guten Arbeit Probleme, Gelder zu bekommen, was vielleicht ein Hinweis ist auf die nicht vorhandene Wahrnehmung des Problems in der Öffentlichkeit bzw. der Politik ist.

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