Die Toteninsel - eine ungewöhnliche Oase am Kurfürstendamm

Ganz am Ende des Kurfürstendamms befindet sich ein offenes Buch über seine Geschichte

Bei Spaziergängen am Kurfürstendamm wird oft das westliche Ende (Richtung Rathenauplatz) weggelassen. Zu weit weg vom pulsierenden Leben, zu wenig Gastronomie, zu verbaut, zu abgelegen - das sind die gängigen Vorurteile. Autos brausen über die Stadtautobahn, Bahnstrecken daneben, soll man denn für den häßlichen Rathenauplatz hierher kommen? Dann lieber gleich weiter nach Grunewald, da wird`s wieder schön grün. Kaum jemand weiß, daß in unmittelbarer Nähe des Rathenauplatzes eine kleine grüne Oase liegt, die uns auch viel über die Bewohner des "Neuen Westens" Berlins, der Villenkolonie Grunewald und des Kurfürstendamms, zu erzählen weiss.

1892 wurde der kleine Friedhof (knapp 12000 qm) eingeweiht, bereits damals lag er zwischen Bahngleisen, so dass er sehr schnell den Namen "Toteninsel" erhielt.

Den Friedhof betritt man von der Bornstedter Straße aus über eine Brücke, dann hat man die "Insel" erreicht und taucht ein in die Geschichte von Politik, Kunst und Wissenschaft. Prominente Begrabene sind u.a. der Schriftsteller Hermann Sudermann, früher einer der meistgespielten deutschen Dramatiker, der Physiker Hans Geiger, bekannt durch den Geigerzähler, Franz Ahrens, bekannter Architekt zur Jahrhunderwende, der Archäologe Alexander Conze, der Minister und Kolonialpolitiker Bernhard Dernburg, der Bildhauer Otto Lessing, der u.a. Bildschmuck am Reichstagsgebäude schuf, der Historiker Hans Delbrück und andere. Wunderschöne Grabmale erinnern an den Zeitgeschmack des ausgehenden 19. Jahrhunderts : Sandsteinplastiken und Mosaiken. Alles wirkt jedoch noch relativ bescheiden : hier ruhen weder der Hochadel noch die "Neureichen" des Kurfürstendamms.

Für Fortgeschrittene in Sachen Berlin lohnt sich also dieser kleine Ausflug an das Ende des Kurfürstendamms. Nicht weit von hier befindet sich übrigens die Stelle, wo Walther Rathenau erschossen wurde.