Speicherstadt in der Menschheitsgeschichte

So wurde ein riesiger Komplex aus Lagerhäusern gebaut, der uns heute als Speicherstadt begeistert. Damals wohnten noch rund 16000 Menschen auf dem ausgewählten Areal im Kehrwieder- und Wandrahmviertel. 1883 wurden deren Wohnhäuser abgerissen um Baufreiheit für den Freihafen zu schaffen. Zu jener Zeit begann, was heute Globalisierung genannt wird. Aus nationalen Wirtschaften und Handel wurde Weltwirtschaft und Welthandel. Städte wurden zu Metropolen, Hamburg rückte in die Liga der Welthäfen auf. Damit waren die Aufgaben an Planer und Erbauer der Freihandelszone definiert. Gebraucht wurde ein Komplex, der dieser Entwicklung standhielt.

In der Speicherstdt

In der Speicherstdt (Bild: Heidelberger)

Auf Eichenpfählen gebaut

Wie man heute sieht, haben die Väter der Speicherstadt gute Arbeit geleistet. Der Untergrund des Bauplatzes bestand und besteht noch heute aus Marschboden. Dampframmen trieben Unmengen Eichenholzpfähle in den Boden, um den geplanten Lagerhäusern sicheren Stand zu geben. Allein für das prächtige Verwaltungsgebäude der neu gegründeten Hamburger Freihafen und Lagerhaus Gesellschaft (HFLG) verbaute man 463 Holzpfähle. Auf solchen Pfählen ruhen die Wände die Speicherstadt bis heute, mehr als 125 Jahre nach Baubeginn. Insgesamt entstanden auf dem Areal 17 zusammenhängende Speicherkomplexe. 

 

 

Dazu kamen einzelne Gebäude, die vor allem infrastrukturell bedeutend waren, wie das Kesselhaus, das Haus der Windenwärter, Zollgebäude und die Feuerwache.

Teil des historischen Kesselhauses (Bild: Heidelberger)

Das alte Verwaltungsgebäude der HFLG

Das alte Verwaltungsgebäude der HFLG (Bild: Heidelberger)

Lieferzone Fleete

Schon damals wurden im Hamburger Hafen viele Waren umgeschlagen. Man baute also hohe, fünf-siebenstöckige Speicher, die genügend Platz boten. Über Fleete genannte Kanäle fuhren Schuten mit Gewürzen, Kaffee, Kakao und all den anderen Gütern an die Rückseite der Lagerhäuser. Direkt vom Kahn wurde die Ware dann in die entsprechenden Lagerräume gehievt. Heute schippern vorwiegend Barkassen mit Touristen durch die Fleete und unter den 19 Brücken der Speicherstadt hindurch, sofern der Wasserstand es zulässt. Von der Wasserseite aus sind noch ehemalige Ladeluken und Teile der Hebevorrichtungen gut zu erkennen.

Rückseite der Lagerhäuser mit Ladeluken (Bild: Heidelberger)

Repräsentative Fassaden

Mit hanseatisch-stolzen Fassaden präsentieren sich die Speicher zur Straßenseite. Von hier kamen die Käufer, hier wurden die Waren angeboten und ausgeliefert, hier spazieren heute die staunenden Besucher entlang. Sie blicken auf rote Backsteinwände, die mit allerlei Friesen, Gesimsen, Erkern und anderen Elementen geschmückt sind. In rund 20 Metern höhe beeindrucken die Dachfirste mit Türmchen und Giebeln. Die repräsentativen Backsteinmauern erzeugen ein lagerfreundliches Raumklima, haben jedoch statisch eine geringe Bedeutung. Tragende Elemente sind die Skelette – Gerüste aus Säulen und Streben, auf denen Zwischenböden und Trennwände ruhen

Innovative Lagerwirtschaft

Zur Gründerzeit war der Hamburger Freihafen der modernste Lagerhauskomplex der Welt. Hydraulisch betriebene Winden hoben Lasten an, die Räume wurden elektrisch beleuchtet, der Strom kam aus einem eigenen Kraftwerk. Im Logistikbereich war die Speicherstadt Jahrzehnte lang führend. Ein Beispiel ist der schienengeführte Windenkopf. Statt nur Auf und Ab, ließ sich der Lastenhaken nun auch seitwärts, nach vorn und hinten steuern. Innovative Containerbrücken funktionieren genau nach diesem Prinzip. Viele der Winden auf der Landseite funktionieren noch und erleichtern den jetzigen Mietern der alten Speicher den Alltag. Wer sie jedoch bedienen möchte, muss zuvor einen Windenschein ablegen. Heute steht die gesamte Speicherstadt unter Denkmalschutz und gehört sogar zum Welterbe.

Wasserstraßen der Speicherstadt - Fleete

Wasserstraßen der Speicherstadt - Fleete (Bild: Heidelberger)

Handel und Wandel - Heute in der Speicherstadt

Nach wie vor lagern und handeln Hamburger Kaufleute Ware in der Speicherstadt, beispielsweise sind etwa 55 Teppichhändler ansässig. Modefirmen siedelten sich an, viele Lagerflächen sind in schmucke Büros umgewandelt, andere dienen Künstlern als Atelier. Ganz in der Tradition des Handels stehen vier Manufakturen die sich als Speicher & Consorten zusammengetan haben. Das alteingesessene Teehaus gehört dazu, genau wie die Kaffeerösterei, eine Schokoladenmanufaktur und der 1001 Gewürzhändler. In deren Räumen lässt sich der Duft der ursprünglichen Speicherstadt noch erahnen.

In anderen Räumen haben sich Aussteller und Veranstalter niedergelassen und locken mit Events und Erlebnisangeboten Besucher in die Speicherstadt. Während der Sommermonate verwandelt sich der Speicher am Brocksfleet zur Theaterkulisse, dann wird unter freiem Himmel der "Hamburger Jedermann" gespielt. Ohne jegliches Licht erleben Gäste einen "Dialog im Dunkeln", wer das Gruseln lernen möchte, geht ins Dunkeon und über Schiffe und Meer informiert das Maritime Museum.

An den meisten Tagen wollen so viele Menschen die Modelbahnausstellung "Miniaturwelten" in der Speicherstadt sehen, dass lange Wartezeiten entstehen. Wer seinen Besuch dort planen kann, sollte sich sein Ticket einen Tag vorher bei der Stadtinformation kaufen und ohne anzustehen in die Ausstellung gehen. Dort gibt es auch die HamburgCard, die freie Fahrt mit den Nahverkehrsmitteln und ermäßigten Eintritt in viele Museen ermöglicht. Damit lässt sich auch in der Speicherstadt Geld sparen.

Übrigens: Tolle Fotos zur Speicherstadt habe ich im Blog Wolkenmond gefunden.

 

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