Eröffnung der Kunstmesse Art Berlin Contemporary (ABC). Ein Bericht
Die wichtigste Messe der Berlin Art Week ist am Donnerstag gestartet. Es sind viele Berliner Galerien zu sehen, etwa die Hälfte des Angebots stammt aus dem Ausland.Durchdachtes und spontane Gesten
Nina Pohl, normalerweise zwischen Fotografie und Malerei angesiedelt, stellt für die Berliner Galerie Sprüht Magers aus. Neben einem Verkehrskegel, der vor schwarzen, an den Rändern zersplitternden schwarzen Balken steht, fallen die Bilder A Little Something Refreshing I und II auf. Jeweils ein Greifvogel bewegt sich durch ein buntes Farbgestöber, das an eine fast undurchdringliche Wildnis erinnert. Die Wiener Galerie Charim präsentiert Robert Muntean, bei dem sich zumeist vor abstraktem Hintergrund das Figurative herauskristallisiert. Seine Bilder manifestieren die spontane Geste, sind selbstreferenziell und transportieren mehr die Farbgebung als den Inhalt. Um surreale Zustandsbeschreibungen geht es dem Maler Bernhard Martin ( Galerie Thomas Schulte), er präferiert einen Stilmix, seine konzeptuelle Malerei scheint in Traumlandschaften eingebettet, ohne sozialen Bezug. Volker Hüller (Produzentengalerie Hamburg) liefert Bilder mit einander verschränkten Körperteilen, die sich zu einem interessanten wirren Konglomerat vermischen. Verschiedene blassfarbige Felder greifen ineinander, die Gliedmaßen sind lang und gedehnt, die Gesichter haben einen fratzenartigen Charakter.
Lost in The Stars - Volker Hüller (Bild: © Produzentengalerie Hamburg)
Eine Vielzahl anregender Installationen
John Bock in seiner Imbissbude
© Steffen Kassel
In einem Glaskasten, worin ein braunes Pelztier, vermutlich ein Bär herumlungert, lagern zertrümmerte Glasgefäße und Vasen. Die Installation ist von der Rumänin Anna Munteanu Rimnic (PSM, Berlin), die das Wegwerfen von Qualitätsprodukten und das Einstellen von Glasfabriken thematisiert. In Halle C steht eine mobile Imbissbude, in der John Bock mit zurückgestrichenem, längerem Bürstenschnitt geschäftig hantiert. Über dem still stehenden Fastfood-Gefährt prangt ein Haweiitoast als Blickfang und Erkennungszeichen. In der Tat, der Imbiss ist ausgerüstet mit Toaster, Mikrowelle und den entsprechenden Zutaten. Ein Kunstwerk von Daniel Steegmann Mangrané (Esther Schipper, Berlin) ist in einer Art autonomer Mini-Halle installiert: Verschiedene Kettenvorhänge bilden Paravents, durch die man sich hindurchzwängen muss, es sei denn, formlose, rundlich gekrümmte Öffnungen ermöglichen einen Durchlass. Einen originellen Einfall hatte Kerin Seiler (Grieder Contemporary, Zürich), der mit Ne Travaillez Jamais ein Hüttenhaus gebaut hat, ausgestattet mit zwei spartanischen Balkonen. Vor der Holzfassade steht ein Bügelbrett inklusive Bügeleisen, seitlich hängt eine Leine mit aufgehängter Wäsche. Selbstverständlich fehlt auch Ober-Guru Jonathan Meese nicht (Krinzinger, Wien und Sies & Höke, Düsseldorf), er präsentiert wie gewohnt eine Bilderserie, unter anderem einen Baby-Parsifal, aussehend wie ein tentakelreiches Insekt.
Leblose Frauenkörper und das Auge der Welt
Donna Huanca: Unbeweglicher Frauenköper in der Installation
© Steffen Kassel
In der Messe sind auch leblose Frauenkörper zu sehen, beispielsweise bei Donna Huanca (Brand New Gallery, Mailand). Inmitten einer Installation kniet ein blau bemalte, nackte Puppe, die sich erst durch ein Blinzeln als leibhaftige Frau entpuppt. Sie erfüllt die Objektgruppe mit Leben, auf dem Boden wirft ein Spiegel das tote Geschehen umgekehrt zurück. Diego Bianchi (Jocelyn Wolff, Paris) zeigt eine kleine Holzbox mit archaischen, beinahe atavistischen Objekten. Auch hier liegt eine nackte Frau, ihr Arm steckt im Loch eines Holzkastens, zwei ihrer Zehen sind eingeklemmt in einen Metallstab. Der aus Simbabwe stammende James Beckett (Wilfried Lenz, Rotterdam) verblüfft durch einen Zahnarztstuhl, an dem die Seiten abmontiert sind. Während bei Beckett eine keimfreie Atmosphäre vorherrscht, dominiert bei Des Hughes (Buchmann, Berlin) die mittelalterliche Rüstung, allerdings ohne das damalige Material. Im Vordergrund ist eine martialische Skulptur aufgebaut, zwei gesichtslose Körper sind ineinander verhakt. In Halle A steht eine mobile Bar, genannt Chess Club vom US-Künstler Alex Hubbard (Galerie Neu, Berlin): Eine geöffnete, verzierte Salontür gibt Einblick in die Bar, versehen mit einem obligatorischen Hocker und scharfen Getränken. Und wer sich dem Fotostudio von Fiete Stolte (Klosterfelde, Hamburg/Berlin und Trülzsch, Berlin) zuwendet, erlebt ein Schauspiel der Entfremdung und Konkretisierung zugleich. Statt des Gesichts nimmt der Apparat nur das Auge auf, in dessen Pupille der infinitesimale Umriss der Person zu erkennen ist. Insgesamt überzeugt die diesjährige ABC-Messe durch ihre Vielseitigkeit.
ABC 2014 – Art Berlin Cotemporary
Station Berlin
Luckenwalder Straße 4-6
10963 Berlin
18.-21. September 2014
Bildquelle:
Florian Busch
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