Geschmacks- und Geruchs-Sinn sorgen für den Geschmack

Babys riechen den Braten eher als Senioren. Denn der Geruchssinn ist beim Baby noch wesentlich besser entwickelt als beim älteren Menschen. Ab ungefähr dem 55. Lebensjahr lässt die Empfindlichkeit deutlich nach. Die Wahrnehmungsgrenze für verschiedene Düfte ist bei jedem Menschen unterschiedlich, aber Frauen können in allen Altersstufen besser riechen als Männer. Es besteht eine Beziehung zwischen Hormonhaushalt und Geruchssinn, so können Frauen während ihrer Menstruation oder während der Schwangerschaft bestimmte Stoffe besser und andere weniger gut riechen.

Ohne Geruchs-Sinn kein Geschmack

Geschmackseindrücke werden durch feste Nahrung oder Getränke aktiviert. Auch andere Reize, wie durch Zigarettenrauch oder Essig verursachtes Brennen und Stechen in der Nase, der kühlende Effekt von Menthol und die Schärfe von Pfeffer registriert das Gehirn. Beim Essen kommt das Aroma dann letztlich zustande als eine Summe aus den vier Geschmacksrichtungen, der Konsistenz und Temperatur der Speise oder des Getränks, durch Empfindungen wie Brennen oder Kühlen und den Geruchseindrücken. Erst komplett bildet das dann den typischen "Geschmack". Fehlt der Geruchssinn, so ist der Geschmack schon eingeschränkt. Das kann jeder überprüfen: Schokolade essen und dabei die Nase zuhalten. Das spezifische Schoko-Aroma ist kaum mehr wahrnehmbar. Es bleibt nur noch die Süße als Empfindung übrig. Mit diesem Selbstversuch kann man natürlich auch bis zum nächsten Schnupfen warten.

Baby-Zungen haben 10.000 Geschmacks-Knospen, Greise 2000

Auf der Zunge befinden sich die Sensoren für das Schmecken. Je 15 bis 40 Schmeck-Zellen sind in den Geschmacks-Knospen angeordnet. Diese Gruppen liegen in den Schleimhäuten trichterförmig eingebettet, so dass Geschmacks-Moleküle aus dem Speichel aufgefangen werden können. Ein Mensch kommt mit circa 10.000 Geschmacksknospen auf die Welt. Diese Zahl reduziert sich bis zum Greisen-Alter auf etwa 2000 und weniger. Außerdem werden die Schmeck-Zellen immer unempfindlicher gegen Reize.

Von den zahlreichen Geschmacks-Knospen liegen mindestens die Hälfte nicht auf der Zunge, sondern in der Schleimhaut der Wangen, des Rachens, des Kehlkopfes und die ganze Speiseröhre hinunter bis zum Magen-Eingang. Auf der Zunge befinden sich die Geschmacks-Knospen in der Minderheit.

Zunge mit Geschmacks-Arealen (Bild: HelgaHenschel)

Mit rauer Zunge ist die Nahrung besser zu fassen

Doch nur auf der Zunge sind die Knospen in wohlgeformten Strukturen, den Geschmacks-Papillen, angeordnet. Es gibt vier verschiedene Papillentypen: Wall-, Pilz, Blätter- und Fadenpapillen. Die Wall-Papillen sind ein bis drei Millimeter groß und liegen v-förmig im hinteren Zungendrittel. Sieben bis 15 Wallpapillen hat ein Mensch. In jeder Wallpapille befinden sich bis zu 80 Knospen. Den Namen Wallpapille haben sie daher, dass sie wie eine Ritterburg von Wall und Graben umgeben sind. Im Graben münden die Ausführungsgänge sehr kleiner Speicheldrüsen. Deren dünnflüssiger Spülspeichel soll offensichtlich Speisereste aus den Gräben und von den Geschmacksknospen der Wallpapillen entfernen, sobald die Geschmacksinformationen auf die Sensoren übertragen sind.

Pilz-Papillen sind über die ganze Oberfläche der Zunge verstreut, nur die Hälfte von ihnen enthält Geschmacksknospen, meistens drei bis vier. An den hinteren Zungenrändern liegen die Blätter-Papillen mit je 50 bis 100 Geschmacksknospen. Die Faden-Papillen finden sich im vorderen Bereich der Zunge. Für das Schmecken spielen sie keine Rolle. Aber im Vergleich zu den anderen Papillen sind ihre Spitzen zu Hornzapfen umgewandelt, welche die Zunge rau machen. Diese Rauigkeit ist bei Katzen und Kühen sehr viel stärker ausgeprägt als beim Menschen. Das spricht dafür, dass die Fadenpapillen mechanische Eigenschaften beim Erfassen der Nahrung haben.

Die vier Geschmacks-Richtungen werden über unterschiedliche Nervenbahnen an das Gehirn weitergeleitet. Bei süß und bitter kommt es erst nach einer Sekunde zur Wahrnehmung, da die Reizverarbeitung durch entsprechende Sensoren viel aufwendiger ist als bei sauer und salzig.

Umani - der fünfte Geschmack

Bittere Erfahrungen, süßes Nichtstun, saure Pflicht, das Salz der Erde – solche Redensarten weisen auf die vier Geschmacksrichtungen hin. Doch Geschmacksforscher entdeckten, dass der Salzgeschmack Unterschiede zeigt. Vor allem in Ost- und Südostasien wird schon lange eine "fünfte" Geschmacksqualität als "umami" postuliert. Dieses japanische Wort für "köstlich schmeckend" bezeichnete ursprünglich die Fähigkeit des geschmack-verstärkenden Seetangs. Der wurde verwendet, um die Geschmackseindrücke von Fleisch zu betonen. 1909 isolierten Forscher den Geschmacksverstärker Glutamat. Für Europäer hat Glutamat keinen sehr ausgeprägten Geschmack, wohl aber nach elektro- und verhaltensphysiologischen Befunden. Nicht zuletzt dürfen weitere Geschmackseindrücke nicht vergessen werden, wie zusammenziehend, herb, scharf, eklig oder fade.

Süßes ist begehrt

Bestimmt nicht fad ist Süßes. Die Schmeckzellen für süß liegen an der Zungenspitze, für salzig und sauer an den Zungenrändern. Süßes registriert die Zunge beim ersten Biss (zum Beispiel beim Eis schlecken). Die Temperatur der Zungenspitze spielt hier allerdings eine wichtige Rolle, wie US-Forscher herausfanden. Hohe und tiefe Temperaturen lösen unterschiedliche Geschmacksempfindungen aus. Als die Forscher die Zungenspitzen ihrer Testpersonen von 20 auf 35 Grad Celsius erwärmten, nahmen die Probanden ein süßes Aroma wahr. Kühlten die Wissenschaftler die Zungenspitzen auf 20 Grad Celsius ab, schmeckten die Personen Saures und Bitteres. Die Wirkung der Aromastoffe scheint aber stärker zu sein, denn sonst würde kaum jemand Eis-Creme schmecken. Die höchste Sensibilität für salzig liegt bei 18 bis 35 und für bitter bei 10 Grad Celsius.

Weder sauer, noch bitter oder gar mit zusätzlichen Aromen aufgepäppelt ist die Muttermilch. Dem Baby schmeckt die körperwarme, süße Muttermilch prima. Mit der süßen Vorliebe sorgt die Natur dafür, dass der Säugling genügend Nahrung trinkt. Die Vorliebe für Süß stellt einen Überlebensmechanismus in der Evolution dar. Eine sichere und schnelle Energiequelle ist bei süßen Nahrungsmitteln gegeben, während der Bitter-Geschmack mit riskanten Nahrungsmitteln verbunden ist.

Der Geschmack von Sommerregen
Der Geschmack von Sommerregen
Der Geschmack von Rost und Knochen
Der Geschmack von Rost und Knochen

Der bittere Geschmack bedeutete Gift

Bitterstoffe nimmt die Zunge schon in sehr geringen Mengen wahr. Diese besondere Empfindlichkeit wird damit erklärt, dass viele Gift-Stoffe in der Natur bitter sind. Doch mit diesem Warn-Signal der Natur hat der Mensch umgehen gelernt, denn Bitteres hat auch Positives. Es regt die Verdauung an ("Magenbitter") und fördern den Appetit. Viele Genuss-Mittel enthalten Bitterstoffe: Kaffee, Tabak, Bier oder Chinin haltige Getränke (z.B. Tonic Water).

Da Kinder solche bitteren Genussmittel wie auch oft pikantes Gemüse ablehnen, gehen Experten davon aus, dass die Bitter-Aversion verlernt wird. Erst bei häufigem Genuss schwindet mit angenehmen Erfahrungen (Entspannung, Anregung) die Abneigung gegen den bitteren Geschmack. Interessant ist auch, dass Bitter-Stoffe vor allem am Zungen-Hintergrund wahrgenommen werden in unmittelbarer Nähe zum Areal des Würg-Reflexes. Kein Wunder, dass die Bitterstoffe in Pflanzen herausgezüchtet wurden. Chicorée schmeckt inzwischen milder, sowie Gurkenschalen und Rosenkohl verloren viel von ihrem einstigen Zungenschrecken.

Essen schmeckt nicht mehr - Raucher, Senioren

Wahrlich flau dagegen erscheint manchen Senioren ihre tägliche Kost, "denn im Alter nimmt das Geschmacksempfinden ab. Deshalb greifen Ältere öfter zum Salzstreuer, um überhaupt etwas zu schmecken. Zusätzlich decken Gebisse aus Plastik Schmeck-Zellen in der Mundschleimhaut ab und haben einen Eigengeschmack. Nicht zuletzt können Medikamente den Genuss einschränken. Trotzdem wäre simples Nachsalzen fatal, denn ein Zuviel belastet Herz, Kreislauf und Nieren und leistet Bluthochdruck Vorschub. Eine Alternative bietet Abwechslung, denn Gewohnheit stumpft ab. Vielfalt in der Lebensmittel-Auswahl, Gewürze oder Kräuter schärfen den Geschmack.

Raucher sind ebenfalls in ihrem Riech- und Schmeck-Vermögen eingeschränkt und können wohl kaum ein edles Menü oder einen erstklassigen Wein richtig beurteilen. Doch schon zwei Tage "nach der letzten Zigarette" verfeinern sich der Geruchs- und Geschmackssinn wieder. Erholen sich die Sinneszellen bei Rauchern noch schnell, so ist das bei den schätzungsweise 50.000 Menschen in der BRD mit dem Verlust des Riech- oder Geschmacks-Sinns oft nicht mehr möglich. Gründe dafür können angeborene Riech- oder Geschmacks-Störungen, Virusinfekte (z.B. Grippe), Schädelverletzungen (z.B. Sturz, Schlag auf den Kopf), Nasenpolypen, Erkrankungen der Nasennebenhöhlen, Störungen des Hormonhaushaltes, Zahnerkrankungen, Medikamente, Diabetes, Bluthochdruck, Mangel- oder Fehlernährung, die Parkinson'sche Erkrankung oder die Alzheimer Krankheit sein. Dabei sind der Riech- und Geschmacks-Sinn wichtige Alarmsysteme. Ohne diese Sinne würden Brände, giftige Dämpfe oder verdorbene Lebensmittel nicht bemerkt.

Den eigenen Geschmacks-Sinn und Zunge testen

Geschmackspapillen anfärben - Für diesen kleinen Versuch ist grüne oder blaue Lebensmittelfarbe nötig, zu bekommen im Supermarkt bei Backzutaten. Die Farbe mit dem Finger oder einem Wattestäbchen gleichmäßig auf der Zunge verteilen. Vorsicht: Nicht zu viel Farbe verwenden, sonst ist nichts zu sehen. Am besten macht noch eine zweite Person zwecks Vergleich bei diesem Experiment mit. Nun die ausgestreckte Zunge im Spiegel betrachten, aber fix, die Farbe hält nur kurz. Die Geschmacks-Knospen auf der Zunge sind auf den herausstechenden Papillen angeordnet. Diese Höckerchen färben sich nicht an und sind als rosa Punkte zu sehen. "Superschmecker" haben viel mehr Papillen auf der Zunge als andere Menschen.

Geschmacks-Areale sichtbar machen - Mit Zucker, Salz, Zitronensaft und einem starken, bitteren Teesud vier Lösungen herstellen. Mit einem Wattestäbchen jeweils in eine der vier Lösungen tunken und an verschiedenen Stellen auf die Zunge tupfen. So läßt sich testen, welcher Bereich der Zunge besonders empfindlich für die vier Geschmacksrichtungen ist.

Kühle und warme Getränke - Zwei Gläser mit zuckerhaltiger Limonade füllen. Das eine Glas davon für eine Stunde in den Kühlschrank stellen, dass andere bei Zimmertemperatur stehen lassen. Danach aus beiden Gläsern trinken. Außer das die Kohlensäure sich verflüchtigte, schmeckt die lau-warme Limo süßer. Mit steigender Temperatur ist die Zunge sensibler und es werden mehr flüchtige Stoffe freigesetzt. Daher munden warme Speisen und Getränke aromatischer.

 

Rauchen

Rauchen (Bild: HelgaHenschel)

Essen schmeckt nach Metall

Es gibt viele mögliche Erklärungen für das Phänomen: Grippe, Erkältung, Speisen in Metall-Gefäßen zubereitet, Zahn-Plomben, Medikamente, Narkose, Schwangerschaft oder weitere Erkrankungen. Geht der metallische Geschmack nicht vorüber, sollte ein Arzt zu Rate gezogen werden.

Das Essen ist angebrannt – was tun?

Verbranntes Essen nimmt schnell den Geschmack an und ist kaum zu überdecken. Da heißt es, den Topf schnell von der Platte nehmen, auf keinen Fall umrühren und das Essen in einen anderen Topf umschütten. Mit Gewürzen ist der Brand-Geschmack vielleicht noch zu überdecken. Beim Braten kann das Verbrannte großzügig herausgeschnitten werden. Wenn nicht, dann hilft nur schnell etwas aus der Tiefkühltruhe zaubern oder Essen gehen.

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