Feldhasen sind Verlierer unserer Kulturlandschaft
Feldhasen brauchen Feldraine und keine Maisfelder. Kleinflächige Landwirtschaft bietet ihnen Lebensraum. Aber wo ist diese noch zu finden?Lebensraum des Feldhasen
Am wohlsten fühlt sich der Feldhase auf Wildäckern mit Kräutern, Gräsern, Wildfrüchten, Pilzen, Knospen und kleinen Tiere. Findet er hier auch noch einen geschützten Platz für seine Sasse (eine einfach gegrabene Grube in der Erde), dann fehlt es dem Hasenglück an nichts. Leider lassen immer mehr Monokulturen auf großen Flächen verwilderte Brachflächen mit urwüchsigen Feldrainen verschwinden. Der lukrative Mais verschlingt jeden Flecken Kulturland. In der heutigen aufgeräumten Kulturlandschaft mit intensiver Landwirtschaft findet Meister Mümmelmann, wie er im Volksmund genannt wird, weder genug Nahrung noch Lebensraum. Anders als das Wildkaninchen gräbt er sich keine unterirdischen Erdlöcher als Bau. Er findet dadurch bei Gefahr zu wenig Schutz. Hasen scharren sich lediglich eine Mulde als Ruheplatz, ihre Sasse, in der auch die Jungen zur Welt kommen.
Lebensweise der Langohren
Unsere Feldhasen sind scheue Tiere, die sich tagsüber gerne ruhig im Versteck aufhalten. Erst bei Dämmerung oder Nachts begeben sie sich aktiv auf Nahrungssuche. Die Einzelgänger benötigen einen abwechslungsreich gedeckten Tisch. Gräser, Kräuter und Wildblumen sind ideal. Auch Knollen und Wurzeln dürfen es sein. Im Winter ist die Rinde junger Triebe von Bäumen und Sträuchern gefragt. Diese Vielfalt wächst aber nicht auf überdüngten Böden. Noch dazu, wenn ihnen der Mensch mit Pestiziden zusetzt. Inzwischen hat auch unser Feldhase erkannt, dass die Stadt kein schlechter Lebensraum ist. Dortige Brachflächen sind manchmal über Jahrzehnte nicht gedüngt. Hier gedeiht eine abwechslungsreiche Pflanzenwelt wie es in Gegenden intensiver Landwirtschaft nur noch selten ist. Es muss nicht immer ein Kaninchen sein, wenn Sie in der Stadt plötzlich lange Ohren sehen. Die Paarungszeit fällt in den späten Winter oder das Frühjahr, wobei sich das unter idealen Bedingungen ändern kann. Dann bringt eine Häsin bis zu viermal pro Jahr Junge zur Welt.
Hier im Foto unten stehen am Wiesengrund zwar Bäume und Sträucher, die Schutz bieten. In der Wiese selbst fehlt aber die abwechslungsreiche Kräuterwelt als Nahrung.
Kulturlandschaft (Bild: Heike Nedo)
Population der Feldhasen niedrig und gefährdet
Im Land Brandenburg stagniert die Feldhasenpopulation seit Jahren. Pro Quadratkilometer leben etwa sechs Feldhasen, in Niedersachsen sind es 30 und im bundesdeutschen Durchschnitt Zwölf (Stand 2012). Seit 15 Jahren zählen die Jäger im Frühjahr die Zahl der Hasen in ihren Revieren. Wenigsten ging diese Zahl nicht zurück. Trotzdem hat der Hase besonders in Brandenburg (und auch bundesweit) schlechte Karten. Um den Langohren eine Chance zu lassen, verzichten die Jäger auf eine Bejagung. Sie sind jedoch nicht die Hauptgefahr für Meister Mümmelmann. Der Mensch hält weitere bereit. Werden Unkräuter am Weg oder an Feldrändern mit Pestiziden verunreinigt oder bekämpft, so hat der Hase das Nachsehen. Er kann sich diesen Giften nicht entziehen. Wenn dann im Herbst auch noch die große Maisernte beginnt, kommen natürliche Feinde wie Fuchs, Waschbär und Marder zu einer leichten Mahlzeit. Wie für viele andere Wildtiere auch ist der Straßenverkehr ein weiterer Feind. In Brandenburg starben 2012 offiziell 2000 Hasen auf den Straßen. Die wirkliche Zahl dürfte weit höher liegen.
Vor 50 Jahren war der Hase sehr häufig
Wenn die Lebensbedingungen stimmen, können sich Hasen sehr rasch vermehren. Bis zu vier Würfe pro Jahr sind möglich. Jeder Wurf besteht aus zwei bis vier Jungtieren. Die Paarungszeit beginnt dann im Januar und endet erst im August. Die so genannte Rammelzeit (der männliche Hase wird als Rammler bezeichnet) erstreckt sich also über mehrere Monate. Die Häsin selbst kann im trächtigen Zustand ein weiteres Mal trächtig werden. Man spricht von einer "Überfruchtung". Leider passt unsere Kulturlandschaft inzwischen so schlecht zum Feldhasen, dass ihre enorme Fruchtbarkeit nicht ausreicht, um die Bestände wieder ansteigen zu lassen. Im Buch Urania Tierreich, Band Säugetiere von 1972 kann man noch nachlesen: "Alljährlich werden in der DDR und BRD etwa vier Millionen Feldhasen geschossen. Das ist möglich, da der unter Jagdschutz stehende Hase während der gesamten Fortpflanzungsperiode in beiden Geschlechtern Schonzeit genießt. Erst danach, und dann auch nur für wenige Monate im Herbst und Winter erfolgt die planmäßige, jährliche Hasenernte."
Wildkaninchen oder Feldhase?
Auch wenn der Hase lange nicht mehr so häufig ist, kann er Ihnen in freier Wildbahn noch begegnen. Worin unterscheiden sich dann Feldhase und Kaninchen? Das Wildkaninchen (Oryctolagus caniculus) ist kleiner und hat aufrechte Ohren, die kürzer sind als der Kopf. Es lebt in Gruppen mit bis zu 25 Tieren in einem unterirdischen Bau. Der Feldhase hat deutlich längere Ohren, dessen Spitzen immer schwarz sind. Ein flüchtender Feldhase ist bis zu 70 Kilometer in der Stunde schnell und schlägt auf der Flucht trotzdem noch Haken. Wenn es sein muss, springen Hasen zwei Meter hoch. Beide, Hase und Kaninchen, sind dämmerungsaktive Tiere mit vielen natürlichen Feinden. Raubvögel und heimische Raubtiere haben es mit ungeschützten Jungtieren leicht. Junge Häschen sind schnell ein Opfer dieser Feinde, auch wenn die Häsin ihre Jungen verteidigt. Noch dazu kommen Verluste durch Kälte und Nässe. Eine Hasenmutter polstert die Sasse weich mit eigener ausgerupfter Bauchwolle aus. Trotzdem stirbt manches Junge bei nasskalter Witterung. Wenn Sie in freier Natur einen jungen Hasen in seiner Sasse finden, fassen Sie ihn auf keinen Fall an. Seine Mutter hat ihn nicht verlassen. Sie könnte es aber tun, wenn das Jungtier plötzlich nach Mensch riecht.
Bildquelle:
ravenlovft /wikipedia
(Zum Kuckuck mit dem fremden Ei)