Filmtip: "Memento"
Stell dir vor, du jagst den Mörder deiner Frau, hast aber dein Kurzzeitgedächtnis verloren. Christopher Nolans Thriller "Memento" basiert auf dieser spannenden Prämisse.Memento: Wenn dein Gedächtnis versagt
Erinnern: Unmöglich!
Bei einem Einbruch wurde Leonard Shelbys (Guy Pearce) Frau Catherine (Jorja Fox) vergewaltigt und brutal ermordet. Seit diesem traumatischen Erlebnis hat der einst erfolgreiche Versicherungsagent sein Kurzzeitgedächtnis verloren. Somit ist es ihm unmöglich, neu gewonnene Eindrücke im Langzeitgedächtnis zu archivieren. Ein halbwegs normales Leben ist auf dieser Basis natürlich kaum zu führen.
Aber Leonard hat ohnehin kein Interesse, ein neues Leben aufzubauen. Sein einziges Ziel lautet: Den Mörder seiner Frau finden und zur Strecke bringen! Zu diesem Zweck dokumentiert er sämtliche wichtigen Informationen, indem er Fotos schießt, in seinem Hotelzimmer Post-it-Zetteln aufklebt oder sogar auf den eigenen Körper kritzelt. Unterstützung erhält er von seinem Freund Teddy (Joe Pantoliano) und der Kellnerin Natalie (Carrie-Ann Moss, bekannt aus "Matrix").
Aber stehen die beiden tatsächlich auf seiner Seite oder hintergehen sie ihn perfide?
Vorwärts? Nimmer! Rückwärts? Immer!
"Memento": Das Ende ist nur der Beginn
Filmdebüts überzeugen selten auf ganzer Linie. Bekanntlich bestätigen Ausnahmen diese Regel, wie Christopher Nolans Thriller aus dem Jahr 2000 beweist. Auch wenn "Memento" kein Kassenschlager war, diente er als Nolans Sprungbrett nach Hollywood. Spätestens seit der sensationell erfolgreichen "The Dark Knight" gilt er als neuer Kritiker- und Hollywood-Liebling, der mühelos eine Filmperle nach der anderen aus dem Ärmel schüttelt, wie zuletzt "Inception".
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Dabei erkennt man an "Memento" sofort Nolans Markenzeichen wieder: Einen originellen Zugang zu einem an sich altbackenen Thema. Hier: Mann jagt den Mörder seiner Frau. Wie man dieser ollen Kamelle völlig neue Elemente abgewinnen kann, beweist der Thriller von Beginn weg. Denn anstatt den Plot langsam zu entwickeln und auf den Höhepunkt zuzusteuern, knallt Nolan dem Zuschauer sogleich den Showdown um die Augen und Ohren: Leonard erschießt den Killer kaltblütig!
Purer Instinkt
In zehnminütigen Häppchen serviert "Memento" seinen Plot in rückwärts ablaufender Form. Anstatt der gewohnten Chronologie der Geschehnisse zu folgen, startet der Film mit dem Showdown und arbeitet sich langsam, aber sicher zum alles enthüllenden Auftakt vor. Schließlich ist in diesem Film nur eines gewiss: Es gibt keine Gewissheit! Wie auch, wenn der Protagonist seinem eigenen Gedächtnis nicht trauen kann? Aus dieser spannenden Prämisse entwickelt sich ein gleichermaßen genialer, wie extrem spannender Plot.
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Denn Leonard - wunderbar gebrochen von Guy Pearce verkörpert - steht vor der schier unlösbaren Aufgabe, ein Puzzle zusammenzusetzen, dessen Gesamtbild er gar nicht kennt und dessen einzelnen Puzzlestücke immer wieder neu gemischt werden. Leonard kann sich auf nichts mehr verlassen und mutiert rückblickend - also vorwärts - betrachtet zum Tier, das nur noch von Instinkten getrieben wird.
Kein bloßes Gimmick
Kommt man zum ersten Mal mit "Memento" in Berührung, drängt sich natürlich der Verdacht auf, dass es sich um einen mühsam konstruierten Film handeln könnte, der sich lediglich auf das ungewöhnliche Gimmick des "rückwärts Erzählens" verlässt. Dem ist jedoch beileibe nicht so, wie man rasch feststellen kann. Ja, der Plot ist komplex und erfordert ständige Wachsamkeit - sowie ein gutes Gedächtnis! - seitens des Rezipienten. Dieser wird dafür mit einem kleinen Juwel unter den wenigen intelligenten Thrillern belohnt.
Eine vorbildliche Charakterbeschreibung!
Wie sich der Film entwickelt und ob Leonards Mördersuche tatsächlich von Erfolg gekrönt war, wird natürlich nicht verraten. Doch selbst wenn man den Film bereits gesehen hat, findet man genug Gründe, ihn immer wieder anzugucken. Plötzlich springen Details ins Auge, die beim ersten Filmkonsum unbeachtet geblieben waren. Trotz des logischerweise fehlenden Überraschungseffektes büßt "Memento" auch bei wiederholtem Anschauen nichts an Faszination ein.
Kurzum: Egal, ob man dem Thrillergenre zugeneigt ist oder nicht - diesen Film muss man einfach gesehen haben! Selten zuvor forderte eine filmisches Werk die Erwartungshaltung intelligenter heraus, als Christopher Nolans Regiedebüt. Um in der Diktion des Filmes zu bleiben: Diesen Streifen werden Sie garantiert nicht vergessen...
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Eckdaten zu "Memento"
Originaltitel: "Memento"
Regie: Christopher Nolan
Produktionsland und -jahr: USA 2000
Filmlänge: ca. 109 Minuten
Verleih: Columbia Tristar Home Video
FSK: Ab 16 Jahren
Deutscher Kinostart: 13.12.2001
DVD-Veröffentlichung: 9.7.2002
Bildquelle:
http://www.amazon.de
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