Schmerztherapie, wann und wann nicht

Theoretisch ist der gelegentliche "Einwurf" eines Schmerzmittels, beispielsweise bei Kopfschmerzen, schon dazu zu zählen. Davon soll hier jedoch nicht die Rede sein, sondern von ärztlichen Maßnahmen zur Schmerzunterdrückung.

Dazu fallen mir als zunächst unmittelbare Unfallfolgen und Schmerzzustände nach operativen Eingriffen ein. Ursachen sind dabei bekannt und es lässt sich abschätzen, dass Painkiller in absehbarer Zeit nicht mehr benötigt werden. Bei Krebskrankheiten ist die Unterdrückung der Beschwerden mit Medikamenten ebenfalls sinnvoll, wobei ich die diffizile Gratwanderung zwischen Schmerzunterdrückung und Erhaltung der Lebensqualität sehe. 

Was ist aber mit all den unendlich vielen anderen Schmerzpatienten, bei denen Schmerzen, ohne Kenntnis der Ursachen mit Medikamenten behandelt werden? Das beginnt bei orthopädischen Krankheitsbildern, bei denen nie nach dem Warum gefragt, sondern Symptome zu Diagnosen gemacht werden, und mag bei der Migräne enden. 

Siehe dazu: 
Orthopädie: Therapie ohne Diagnose

Orthopädischen Beschwerden sind Folge internistischer Erkrankungen, die mit sinnloser Schmerztherapie behandelt werden.

Medikamente, Medikamente

Diagnose ist alles

Vor der Therapie haben die Götter bekanntlich die Diagnose gesetzt und da beginnen die Schwierigkeiten. Es wird fast immer vorausgesetzt, dass Ursache und Beschwerdeort identisch sein müssen und deshalb werden die vom Schmerz betroffenen Körperteile präzisesten Untersuchungen oft mehrfach unterzogen. Auf den Gedanken, dass der Schmerz dort nicht unbedingt seine Ursache haben muss, kommt kaum jemand und nun wird nach geltenden Vorstellungen eine Schmerztherapie für sinnvoll gehalten.

Dazu folgendes Beispiel: Die etwa 45 Jahre alte Patientin litt unter seit mehreren Jahren bestehenden starken Schmerzen im Bereich der unteren Rippen, die sich gürtelförmig bis zur Vorderseite erstreckten. (Sie lehnte es übrigens ab, Schmerzmedikamente zu nehmen.) Seitens der Orthopädie gab es, bestätigt durch technisch aufwendige Untersuchungen (MRT), keine Begründungen. Internistische und neurologische Untersuchungen bei einem Klinkaufenthalt lieferten ebenfalls keine brauchbaren Ergebnisse. Daher dann auch der Vorschlag, sich einer Schmerztherapie zu unterziehen.

Bei der ersten Konsultation bei einem Schmerztherapeuten, einem Anästhesisten mit Spezialausbildung, wurde ein Behandlungsplan erstellt. Neben örtlichen Schmerzabschaltungen wurden ihr Medikamente verordnet und die Erlernung von Entspannungstechniken, sowie eine Gesprächstherapie angekündigt. Zu weiteren Konsultationen kam es nicht, da die Patientin mit einer Lebensmittelvergiftung als Notfall in ein Krankenhaus eingeliefert werden musste. Dabei stellte sich bei einer Routineuntersuchung als Nebenbefund eine Nierenerkrankung heraus, wegen der sie sich Dialysen (Blutwäschen) unterziehen musste. Hätte die Nierenerkrankung noch länger unerkannt weiter bestanden, wäre eine Organtransplantation wahrscheinlich unumgänglich geworden. 

Anmerkung: Beschwerden der Brustwirbelsäule

"Beschwerden in der Brustwirbelsäule" ist der in der Statistik meiner Homepage bei weitem am häufigsten erscheinende Suchbegriff. Das weist m.E. darauf hin, wie oft diese Symptomatik existiert und wie wenig zufriedenstellend Behandlungen ausfallen. Sofern die Beschwerden von Orthopäden behandelt werden, sind Misserfolge vorgegeben, denn dahinter verbergen sich mehrheitlich Erkrankungen der Oberbauchorgane, wie beispielsweise der Gallenblase, des Magens, der Bauchspeicheldrüse oder des Dünndarms. Dazu kommen, wie hier im Beispiel erwähnt, gelegentlich auch Nierenstörungen.

Kein Einzelfall

Wer da glaubt, dass es sich bei der Fallschilderung um einen Einzelfall handeln würde, irrt. Da unser medizinisches System sich überwiegend an Symptomen orientiert und die meist als Krankheitsursache ansieht, sind Fehlbeurteilungen vorgegeben. Eine Ursache dafür ist u.a. in der Aufgliederung in die medizinischen Fachbereiche zu finden, wegen der sich Fachärzte von ihren Kollegen anderer Fakultäten abgrenzen und sich in der Regel weigern, einen "Blick in deren Garten" zu unternehmen. Dazu kommt die Rationalisierung, wie beispielsweise die Maximaldauer von Konsultationen: 5 Minuten. Und das alles zu Krankenkassenbeiträgen, die weltweit "Spitze" sind.

Änderungen dieses Systems sind m.E. dringend angesagt und wie die bewerkstelligt werden könnte ist der nächste Schritt. Vorrangig scheint es mir jedoch wichtig zu sein, die bestehenden Mängel kennen, benennen und zuordnen zu können. 

Klaus_Radloff, am 28.10.2012
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