Geld, Gier, Betrug und die dunkle Seite Wallstreet: der Betrüger Bernie Madoff
Es gibt Wirecard, Sam Bankman-Fried und René Benko, aber ein Name wird vermutlich immer mit dem größten Schneeballsystem in der Geschichte der Wallstreet verbunden sein: Bernard "Bernie" Madoff.Wer war Bernard Madoff?
Bernard Lawrence Madoff wurde 1938 im New Yorker Stadtteil Queens geboren. Seine Geschichte liest sich eigentlich wie die Story vom "Tellerwäscher zum Millionär". 1956 machte Madoff seinen Schulabschluss, danach besuchte er die University of Alabama von 1956 bis 1957, wo er einer Studentenverbindung beitrat. Sein Studium der Politikwissenschaften beendete er 1960 am Hofstra College in Long Island. Mit nur 5.000 US-Dollar, die er bei Ferienjobs verdient hatte, gründete Bernard Madoff 1960 "Investment Securities". Das Unternehmen hatte sich zunächst auf sogenannte Penny Stocks spezialisiert, also "Ramsch-Aktien". Die Kunden für sein Investmentunternehmen suchte Bernard Madoff vor allem in der High Society, in der er bestens vernetzt war. Sein bevorzugtes Jagdrevier war der Palm Beach Country Club, wo alleine die Mitgliedsgebühr über 300.000 US-Dollar beträgt. Etwa ein Drittel der Mitglieder hatten ihr Geld bei Madoff angelegt oder "Good old Bernie", wie sie ihn nannten. Neben seiner exzellenten Vernetzung half ihm auch sein guter Ruf, denn Madoff galt als Wallstreet Legende. Er war zudem Mitbegründer der Technologiebörse Nasdaq, wo er auch als "Chairman" tätig war. Außerdem war er in dieser Zeit auch als Berater der SEC (die US-Börsenaufsicht) tätig. Er versprach seinen Investoren zweistellige Renditen und zumindest am Anfang konnte er dieses Versprechen auch halten. Nur kamen die Gewinne nicht aus Anlagegewinnen, sondern, wie bei einem Schneeballsystem so üblich, von dem Geld anderer Anleger.
Das Madoff Ponzi-Schema
Das System Madoff war so einfach wie raffiniert. Ihm gelang es, sich mit einem Hauch des Exklusiven zu umgeben. Wenn Menschen zu ihm kamen, die investieren wollten, dann konnte es durchaus sein, dass er sie ablehnte. Damit verstärkte er bei seinen Anlegern das Gefühl, einem privilegierten System anzugehören. Anleger, die von ihm angenommen wurden, bekamen zweistellige Renditen. Kurz bevor sein Anlagenbetrug platzte, nahm Madoff nur noch Investoren an, die mindestens 1 Million US-Dollar bei ihm investierten.
In seinen Büroräumen stand ein alter IBM Computer, der Kontoauszüge ausdruckte und so den Investoren vormachte, dass sie zweistellige Renditen erzielten, selbst wenn die Kurse sanken. Aber Madoff legte das Geld seiner Investoren gar nicht an. Stattdessen nutzte er das Geld, was er neu bekam, dafür, um die Renditen für alte Investoren auszuzahlen und natürlich blieb auch ein großer Teil für ihn und seine Familie übrig. So gelang es ihm, sein Schneeballsystem über 30 Jahre aufrechtzuerhalten.
Er nahm es den Reichen und den Armen
Bei den Menschen, die bei ihm investieren konnten, machte Madoff keinen großen Unterschied. Zu den Investoren zählten sowohl Superreiche als auch Menschen aus der Mittelschicht. Zu seinen Kunden zählten unter anderem Steven Spielberg und dessen Geschäftspartner Jeffrey Katzenberg sowie Zsa Zsa Gabor und andere Hollywood Prominenz. Außerdem Großbanken wie die UBS, die niederländische Fortis und Santander. Rund 4.800 Menschen hat Madoff geprellt, es entstand ein Schaden von 50 Milliarden US-Dollar, davon 1 Milliarde US-Dollar in Deutschland. Viele Menschen verloren ihre kompletten Ersparnisse. Auch vor seiner eigenen Familie machte er nicht halt. Er prellte auch seine Schwester und ihren Ehemann um ihr Vermögen. Beide begingen später Suizid. Aber auch Kleinanleger gingen ihm auf den Leim. Teilweise waren es ganze Altersvorsorgen, die in den undurchsichtigen Kanälen von Madoff verschwanden. Selbst vor Wohltätigkeitsorganisationen oder Universitäten machte Madoff nicht halt.
Bernard Madoff, painted portrait _DDC5183 (Bild: Abode of Chaos / Flickr)
Der Zusammenbruch
Im Jahr 2008 brach das Ponzi-System von Bernie Madoff krachend zusammend. Grund war die damalige Weltwirtschaftskrise. Alte Anleger versuchten ihr Geld abzuziehen und neue Anleger blieben aus. Im Dezember 2008 gestand er seinen Söhnen, die ebenfalls in seinem Unternehmen arbeiteten, dass seine Split-Strike-Conversion nichts weiter als Blendwerk war. Diese verrieten ihn, nachdem sie sich vorher mit einem Anwalt beraten hatten, an die Behörden, weil sie Bedenken hatten, dass sich Madoff mit dem übrig gebliebenen Geld, etwa 64 Millionen US-Dollar, absetzen könnte. An dem Abend, an denen ihr Vater ihnen den gigantischen Betrug gestand, brachen seine Söhne mit ihm. Bis zu ihrem Tod sprachen weder Mark noch Andrew mit ihrem Vater. Auch ihre Mutter stellten sie vor die Wahl. Die hielt allerdings zu ihrem Mann.
Während seines Hausarrests in seinem Apartment auf der Upper East Side verstieß Madoff mehrfach gegen die Kautionsauflagen, einmal versuchte er sogar Schmuck und Geld per Post aus dem Haus zu schmuggeln.
Der Prozess und das Urteil
Bernie Madoff stahl rund 65 Milliarden US-Dollar von seinen Anlegern. Da Madoff sich im Vorfeld schuldig in allen Anklagepunkten bekannte, wurden keine weiteren Untersuchungen angestellt. Die Namensliste der Geschädigten umfasste 162 Seiten. Die Entschuldigung an seine Opfer las er emotionslos von einem Blatt ab, wie berichtet wurde.
2009 wurde er zu einer 150-jährigen Haftstrafe verurteilt, gegen die er übrigens keine Berufung einlegte. Während seiner Anhörung musste Madoff eine kugelsichere Weste tragen, weil die Menschen ihn so sehr hassten, dass die Verantwortlichen Angst hatten, dass ein Attentat auf ihn verübt wird.
Seine gesamten Vermögenswerte wurden eingezogen, auch die 80 Millionen Dollar, die eigentlich seine Frau Ruth für sich beansprucht hatte. Ihr wurden "nur" 2,5 Millionen Dollar zugesprochen. Allerdings dürfte Ruth Madoff mit dem Erbe, dass ihr Mann ihr hinterlassen hat, schwer zu kämpfen haben. In der High Society von New York gilt sie als Aussätzige, der Name Madoff ist verbrannt.
Im Jahr 2021 starb Bernard Madoff im Gefängnis mit 82 Jahren. Im Jahr 2020 reichte er ein Gesuch auf vorzeitige Entlassung ein, da er schwer erkrankt war und zu diesem Zeitpunkt nur noch eine Lebenserwartung von 18 Monaten hatte. Das Ersuchen wurde vom Gericht abgelehnt. Im Vorfeld gingen hunderte Zuschriften von Geschädigten ein, die sich klar gegen eine vorzeitige Entlassung aussprachen.
Aber auch seiner Familie erging es nicht besser. Beide Söhne sind verstorben. Mark Madoff beging im Jahr 2010 Selbstmord, am Jahrestag der Verhaftung seines Vaters. Der zweite Sohn Andrew starb im Alter von 48 Jahren an Krebs. Mindestens zwei weitere Menschen brachten sich wegen des Verlusts ihrer Vermögen um. Zahlreiche weitere verloren ihre Häuser und/oder ihre Altersvorsorge.
Die Rolle der Behörden
Eine ziemlich unrühmliche Rolle im Fall Madoff spielten die US-Behörden. Bereits im Jahr 2000 informierte ein Whistleblower die SEC über die Unregelmäßigkeiten im Unternehmen Madoffs. Passiert ist genau nichts. Erst im Jahr 2005 forderten ihn die Behörde auf, Unterlagen vorzulegen. Madoff stellte eine Liste zusammen, die sechs Seiten umfasste und die SEC verfasste Schreiben an zwei der aufgeführten Firmen, doch diese wurden nie abgeschickt. Der Fall Madoff führte 2010 zu einer Finanzreform in den USA, mit der die Hinweisgeber besser geschützt werden sollen.
Mit der Abwicklung der Insolvenz von Madoffs Firma wurde Irving Picard beauftragt, der bis 2021 fast 14 Milliarden US-Dollar eintreiben konnte. Außerdem wurde ein Madoff Victim Fund eingerichtet, der 2017 anfing Gelder auszuschütten. Viele Forderungen stammten von "indirekten Anlegern", also Menschen, die bis zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs noch nicht einmal wussten, dass sie ihr Geld bei Madoff angelegt hatten. Sie hatten ihr Geld beispielsweise an Vermögensverwalter gegeben, die dieses wiederum in die Madoff-Fonds investierten, um sich die hohen Renditen zu sichern. Geprüft wurde vorher nicht allzu viel.