Was ist grüne Gentechnik, was ist Genfood?

"Genfood, nein danke!", lautet der bekannte Slogan von Gentech-Kriktikern. Sie mobilisierten damit bereits vor Jahren Millionen Menschen gegen die Ausbreitung von Gentechnik in der Nahrungsmittelbranche. Dabei ist der Begriff Genfood sehr schwammig und nicht wirklich klar definiert. Zum Beispiel wird heute schon sehr häufig Lab, eine Starterkultur zur Herstellung von Käse, mit Hilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen verwendet. Nur bei zertifizierter Bio-Ware ist das nicht der Fall. Und selbst Experten aus der gentech-kritischen Szene sehen darin kein gravierendes Problem. Auch die sogenannte "roten Gentechnologie" im medizinischen Bereich kann mit Vorteilen aufwarten. So wurde Insulin früher aus Tieren gewonnen, mit Hilfe von Gentechnik kann Insulin heute ohne tierische Hilfe im Labor hergestellt werden. Gentechnisch hergestelltes Insulin gilt als Erfolgsgeschichte der Gentechnik und hat tatsächlich viele Vorteile gegenüber den Verfahren von anno dazumal.

Wer gegen Genfood auf die Barrikaden steigt, meint häufig auch etwas ganz anderes. Die meisten kritischen NGOs wenden sich gegen grüne Gentechnik, also Gentechnik bei Pflanzen.

Was versteht man also genau unter grüner Gentechnik? Die Definition lautet: "Anwendung von gentechnischen Verfahren bei Pflanzen". Es geht nicht wie bei der roten Gentechnik um gentechnische Verfahren, die im Labor unter strengen Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt werden, wie bei Insulin. Grüne Gentechnik landet in der Natur und ist deshalb nicht wirklich kontrollierbar. Das war und ist einer der Hauptkritikpunkte der Gentech-Kritiker. In der Natur kann sich vieles einfach unkontrolliert verbreiten und niemand weiß was in Jahrzehnten dann passiert mit den gentechnisch manipulierten Pflanzen. Befürworter hingegen behaupten, dass die Risiken kalkulierbar wären. - Sieht man dagegen die praktischen Erfahrungen mit gentechnisch veränderten Pflanzen in den letzten zehn Jahren an, so scheint sich das Pendel zugunsten der Gentech-Kritiker zu bewegen.

 

Welche gentechnisch veränderten Pflanzen gibt es?

Gehofft, versprochen und experimentiert wurde viel, doch zur Marktreife gelangten nur zwei Systeme. Diese dominieren den Markt und werden von einer Handvoll Großkonzerne in Umlauf gebracht.

Die beiden marktreifen Systeme sind herbizidtolerante Sorten und Bt-Pflanzen.

  •  Herbizidtolerante Pflanzen

     

    Diese gentechnisch veränderten Sorten sind so manipuliert, dass sie Spritzmittel besser vertragen. Breitbandherbizide, also spezielle Unkrautvernichtungsmittel, werden großflächig gesprüht und töten alles bis auf die gentechnisch veränderte Sorte. Eines der weltweit am häufigstens (und umstrittensten) Sptzitmittel ist Glyphosat. 

    Vorteile: Der Landwirt erspart sich diverse Arbeitsgänge. Auf Großplantagen wie wir sie in Lateinamerika und USA kennen werden die Chemikalien häufig mit Flugzeugen ausgebracht und die Felder versprüht.

    Nachteile: Die Beikräuter oder sogenannten Unkräuter passen sich schnell an. Heute bereits müssen oft zusätzlich Chemikalien beigemischt werden, um diese Gewächse zu bekämpfen. Bekannt sind inzwischen "Superunkräuter", die sich kaum mehr bekämpfen lassen. Sie wuchern aus und verbreiten sich auch auf Nachbarfeldern und verdrängen in der freien Wildbahn andere Gewächse

 

  • Bt-Sorten: Die Insektenkiller

    Weit verbreitet sind die sogenannten Bt-Sorten. Dabei wurde ein im Labor konstruiertes Gen in die Pflanze eingeschleust, das Giftproduktion anregt. Das heißt, dass eine Pflanze selbst Insektengift produziert. - Bekannteste Anwendung: Bt-Mais, der ein Gift zum Beispiel gegen den Maiswurzelbohrer produziert. Getestet wurde gentechnisch veränderter Bt-Mais auch schon in Deutschland. 

    Vorteile: Es mussten tatsächlich in vielen Fällen weniger Pestizide ausgebracht werden. Der Effekt ist aber auch hier oft nur von kurzer Dauer.

    Nachteile: Insekten passen sich sehr schnell an und vertragen nach einigen Generationen bereits das von den gentechnisch manipulierten Bt-Pflanzen erzeugte Gift. Wenn eine Sorte nicht funktioniert, müssen erst recht wieder Pestizide ausgebracht werden. Auch werden in vielen Fällen andere Nutzinsekten in Mitleidenschaft gezogen. Manche Insekten finden keine Nahrung mehr oder sie verbreiten Pollen. Wie sich in Deutschland bei einem Feldversuch herausstellte, bringen Bienen beispielsweise die Bt-Pollen mit in den Stock und der Honig wird verunreinigt.

 

Papays auf den Großplantagen in Hawaii sind häufig gentechnisch verändert (Bild: stevepb / Pixabay)

Es gibt auch Experimente mit virusresistenten Gentech-Sorten. Zur Marktreife brachten es aber kaum welche. Eine Erfolgsgeschichte ist eine virusresistene Papaya-Gentech-Sorte, welche in Hawaii für Großplantagen gezogen wurde, nachdem ein Virus die Früchte bedroht hatte.

 

Gesundheitliche Folgen und Schäden?

Was den europäischen Verbraucher vorrangig umtreibt, ist allerdings die Sorge um seine Gesundheit. Schadet Genfood? Hier muss differenziert betrachtet werden. Wenn wir bei gentechnisch veränderten Pflanzen bleiben, so muss man sagen, dass man es nicht wirklich weiß. Das meiste an Gentech landet nämlich in Futterträgen und (noch) nicht auf unseren Tellern. Die riesigen Mengen von Gentech-Soja und Gentech-Mais werden an Tiere verfüttert. Das ist auch bei den zugelassenen Sorten in Europa erlaubt. Bei konventioneller Ware muss das nicht gekennzeichnet werden. Wer das nicht will muss auf zertifizierte Bio-Nahrungsmittel oder speziell als "gentechnik-frei" gekennzeichnete Produkte ausweichen. In Österreich beispielsweise wurde der Druck von Verbänden und Verbraucher so groß, dass inzwischen fast alle Molkereien nur mehr Milch aus gentechnikfreier Fütterung anbieten.

Was sich derzeit abzeichnet ist eine Zunahme von Chemierückständen in Nahrungsmitteln. Eines der bei gentechnisch veränderten Pflanzen am häufigsten verwendeten Herbizide basiert auf dem Wirkstoff Glyphosat. Es findet sich in Rückständen immer öfter in Produkten und wurde sogar in Muttermilch nachgewiesen. Dafür kann zwar die grüne Gentechnik per se nichts, aber die gängigen Sorten funktionieren eben nur in Kombination mit Agrochemikalien.

Soja ist neben Mais der "Renner" bei Gentechpflanzen (Bild: alexeddy1010 / Pixabay)

Maisfeld (Bild: Marvball / Pixabay)

Die häufigsten Gentech-Pflanzen und ihre Verbreitung

Welche Pflanzen werden am häufigsten gentechnisch manipuliert?

  • Soja
  • Mais
  • Raps
  • Baumwolle

 

Welche Länder bauen diese Pflanzen am häufigsten an?

  • die USA als Mutterland. Bei den wichtigsten Sorten wie Mais und Soja sind bereits über 80 Prozent gentechnisch verändert.
  • in Kanada gibt es viel Gentech-Raps

  • Argentinien baut massenhaft Gentech-Soja an

  • in Lateinamerika finden wir auch viel Gentech-Mais, der die alten Sorten verdrängt

  • in Indien gibt es vor allem gentechnisch veränderte Baumwolle

Experimentiert wird auch mit Reis und inzwischen gibt es den sogenannten Golden Rice - eine Gentech-Variante, die einen hohen Anteil an Vitamin A produziert - auf asiatischen Feldern. Man hört darüber aber wenig und weiß wenig über die Verbreitung. 

Was sagen Kritiker der grünen Gentechnik über die Nachteile?

Die häufigsten und stichhaltigsten Argumente gegen die grüne Gentechnik im Überblick:

 

  • Wir wissen nicht was diese Pflanzen langfristig in der Natur und im Ökosystem bewirken, denn sie enthalten synthetische Gene, die so noch nie in der Natur vorkamen.

  • Diese Technik führt zu einer Verdrängung kleinere Landwirte und ist deshalb sozioökonomisch problematisch.

  • Grüne Gentechnik fördert lediglich die industrialisierte auf Monokulturen aufbauende Landwirtschaft, die auf chemischen Dünger und Spritzmittel basiert und eigentlich schon in die Jahre gekommen war.

  • Grüne Gentechnik verringert die Biodiversität, also die Vielfalt von Sorten in der Natur

  • Das großflächige Ausbringen von Breitbandherbiziden (meist basierend auf Glyphosat) schadet Umwelt und Menschen

  • Speziell in Schwellenländern wie Argentinien oder Indien werden die oft komplizierten Vorschriften zum Gebrauch von Spritzmitteln nicht eingehalten. Teilweise geschieht das aus Unwissenheit, teilweise aus reiner Profitgier. Es gibt Bilder von Kindern, die mit leeren Chemiekanistern spielen und Fotos, die klar zeigen, dass Landarbeiter oft nicht einmal Geld für Schutzbekleidung und Handschuhe haben.

  • Durch Patente auf Saatgut dominieren auch in der Landwirtschaft vermehrt einige große Konzerne, die immer mehr Macht ansammeln.

  • Konventionell oder biologisch wirtschaftende Bauern geraten immer stärker unter Druck und geben schließlich ganz auf.

  • Die Vorteile sind nur – wenn überhaupt - von kurzer Dauer. Grüne Gentechnik ist nicht nachhaltig.

Was sagen die Befürworter?

  • Mit grüner Gentechnik kann das Ausbringen gefährlicher Agrochemie reduziert werden. Das stimmt sogar in einzelnen Fällen. Insgesamt steigen aber weltweit die Verkäufe von Agrochemie seit grüne Gentechnik auf den Markt gebracht wurde.

  • Die Pflanzen erleichtern den Farmern die Arbeit. Das stimmt tatsächlich, insofern, dass sich diese oft einige Arbeitsgänge ersparen.

  • Die grüne Gentechnik hilft den Welthunger zu bekämpfen. - Zu diesem Argument kann folgendes mit gutem Gewissen gesagt werden:

     

Welthunger: Kein Fall für grüne Gentechnik

  • Dieses Argument kann klar entkräftet werden. Die Erträge sind nur in Einzelfällen und auch nur in geringem Ausmaß höher. - Eine Schweizer Studie konnte für Gegenden in den USA nachweisen, dass über den Zeitraum von zehn Jahren bei den meisten Sorten sogar der Ertrag von Bio-Sorten und der Ertrag von Gentech-Pflanzen ziemlich gleich war. Erträge sin d zudem von sehr vielen Faktoren – wie Wetter, Bodenbeschaffenheit, allgemeine Pflege – abhängig. Die Welternährungsorganisation FAO brachte erst vor Kurzem eine große Langzeitstudie heraus, wonach die kleinen familiengeführten landwirtschaftlichen Betriebe den größten Ertrag pro Hektar Landfläche erwirtschaften. - Sie aus dem Markt zu drängen, heißt die Ernährungsgrundlagen zu gefährden. 

Fazit:

Wir wissen nicht, was die grüne Gentechnik in Zukunft bringt. Mit heutigem Stand kann man aber sagen, dass die vollmundigen Versprechen der Gentech-Industrie sich nicht bewahrheitet haben. Grüne Gentechnik ist mit wenigen Ausnahmen primär eine Technologie für industrialisierte Landwirtschaft. Das heißt: Vorteile gibt es hauptsächlich dort wo ein landwirtschaftlicher Betrieb auf Monokulturen setzt. Diese Form der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung treibt aber viele Kritiker auf die Palme. Denn: Viele Böden werden dadurch langfristig ausgelaugt, Super-Unkräuter sind aufgrund der eingesetzten Spritzmittel - speziell dort wo gentechnisch verändertes Saatgut eingesetzt wird - auf dem Vormarsch. Außerdem werden häufig die kleinteilige Landwirtschaft und die ansässigen Kleinbauern verdrängt mit erheblichen negativen sozialen Folgen. Gerade in Schwellen-Ländern mit großflächigem Gentech-Anbau wie Argentinien oder Indien konnten viele Kleinbauern nicht mehr mithalten oder wurden in den schlimmsten Fällen sogar mit üblen Methoden von ihrem Land vertrieben. Die Betroffenen siedelten sich in den Städten an und formen dort die modernen Slums. Kann sein, dass man irgendwann mal gentechnische Methoden findet, die tatsächlich überwiegend Vorteile bringen. Für die Herstellerindustrie ist aber primär eines wichtig: Es muss sich um Saatgut und dazugehörige Spritzmittel handeln, die man mit patentfähig sind und die man großflächig vermarkten, weil sich sonst die aufwändigen Forschungskosten und Einführungskosten nicht rechnen. Für die Industrie steht der Profit im Vordergrund, ob das für die Gesellschaft insgesamt und vor allem langfristig gut ist, müsste sich allerdings erst weisen. Meine persönliche Meinung ist: Man lasse sich von den Profiteuren der grünen Gentechnik – Biotechnologen, Gentech-Konzerne, Betreiber von Monokulturen – keinen Sand in die Augen streuen.

Wir wissen nicht, was die grüne Gentechnik in Zukunft bringt. Mit heutigem Stand kann man aber sagen, dass die vollmundigen Versprechen der Gentech-Industrie sich nicht bewahrheitet haben. Grüne Gentechnik ist mit wenigen Ausnahmen primär eine Technologie für industrialisierte Landwirtschaft. Das heißt: Vorteile gibt es hauptsächlich dort wo ein landwirtschaftlicher Betrieb auf Monokulturen setzt. Diese Form der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung treibt aber viele Kritiker auf die Palme. Denn: Viele Böden werden dadurch langfristig ausgelaugt, Super-Unkräuter sind aufgrund der eingesetzten Spritzmittel - speziell dort wo gentechnisch verändertes Saatgut eingesetzt wird - auf dem Vormarsch. Außerdem werden häufig die kleinteilige Landwirtschaft und die ansässigen Kleinbauern verdrängt mit erheblichen negativen sozialen Folgen. Gerade in Schwellen-Ländern mit großflächigem Gentech-Anbau wie Argentinien oder Indien konnten viele Kleinbauern nicht mehr mithalten oder wurden in den schlimmsten Fällen sogar mit üblen Methoden von ihrem Land vertrieben. Die Betroffenen siedelten sich in den Städten an und formen dort die modernen Slums. Kann sein, dass man irgendwann mal gentechnische Methoden findet, die tatsächlich überwiegend Vorteile bringen. Für die Herstellerindustrie ist aber primär eines wichtig: Es muss sich um Saatgut und dazugehörige Spritzmittel handeln, die man mit patentfähig sind und die man großflächig vermarkten, weil sich sonst die aufwändigen Forschungskosten und Einführungskosten nicht rechnen. Für die Industrie steht der Profit im Vordergrund, ob das für die Gesellschaft insgesamt und vor allem langfristig gut ist, müsste sich allerdings erst weisen. Meine persönliche Meinung ist: Man lasse sich von den Profiteuren der grünen Gentechnik – Biotechnologen, Gentech-Konzerne, Betreiber von Monokulturen – keinen Sand in die Augen streuen.

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Autor seit 11 Jahren
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