Greifvögel in Deutschland – erkennen, unterscheiden und schützen
Mäusebussard, Habicht, Sperber und Milan - Greifvögel im Kurzporträt, ihre Besonderheiten und UnterschiedeWas ist ein Greifvogel?
Ein Greifvogel ist ein fleischfressender Vogel, der seine Beute als Grifftöter (Griffhalter) erlegt, das bedeutet: Er greift und tötet seine Beutetiere mit den Krallen. Mit den Fängen wird das Opfer gepackt, die spitzen Krallen wirken wie kleine Dolche.
Auch Kleinvögel wie z.B. die Würger gehören zu den fleischfressenden Vögeln, sie fangen ihre Beutetiere aber mit dem Schnabel.
Habicht (Bild: David Aubrey)
Der Habicht (Accipiter gentilis) - Vogel des Jahres 2015
Ein ausgezeichneter Jäger wurde in den letzten Jahrhunderten selbst zum Gejagten. Der Habicht ist der deutsche Greifvogel, der durch die illegale Greifvogelverfolgung am meisten bedroht ist. Um auf diese Problematik aufmerksam zu machen, haben deutsche Naturschützer den Habicht zum Vogel des Jahres 2015 gewählt. Warum ausgerechnet der Habicht einen so schlechten Ruf hat, wie er lebt, wie er jagt und was ihn besonders macht:
Der Habicht - Vogel des Jahres 2015: Warum ein Jäger zum Gejagten wurde
Mäusebussard (Bild: Mike Powles)
Der Mäusebussard (Buteo buteo)
Den Mäusebussard kennen die meisten. Kein Wunder, schließlich ist er unser häufigster heimischer Greif und von allen 25 Bussardarten am weitesten verbreitet. Außerdem gibt er sich nicht gerade unauffällig: Er bevorzugt zum Jagen offenes Gelände, sitzt gerne (exponiert) auf Bäumen oder Pfählen.
Hat man einen von ihnen gesehen, hat man alle gesehen? - Nein. Das trifft auf den Mäusebussard nicht zu. In seiner Färbung ist er ausgesprochen variabel, kann ein ganz helles, ein gemischtfarbiges bzw. geflecktes oder sehr dunkles Federkleid haben. Die Zeichnung des Gefieders kann ganz unterschiedlich sein. Schaut man ihn genauer an, fällt eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Adler auf. Der Mäusebussard ist jedoch etwas kleiner als sein majestätischer Kollege. Auch in der Luft erinnert er an den Adler: Er zieht im Segelflug große Kreise und ist an seinem langsamen Flügelschlag zu erkennen.
Ganz typisch ist sein Ruf, der so manchen an eine Katze denken lässt - und weil der Mäusebussard mit der Katze auch die Vorliebe für kleine Nager teilt, hat man ihn früher schon mal als "Katzenadler" oder "geflügelte Katze" bezeichnet.
Wie sein Name verrät, sind neben Insekten und kleineren Säugetieren Mäuse die bevorzugte Beute des Mäusebussards. Als Ansitzjäger lauert er seiner Beute auf und schlägt sie dann auf dem Boden.
Seinen Horst, den er oft mehrere Jahre lang nutzt, baut der Mäusebussard bevorzugt im Wipfel hoher Bäume an Waldrändern - und da soll es ab und an passieren, dass er in Konflikt mit unschuldig vorbeilaufenden Joggern gerät.
Warum kommt es vor, dass Mäusebussarde gelegentlich Jogger angreifen? - Der Tierexperte Vitus B. Dröscher erklärt es so: Der Mäusebussard wird durch den Jogger irritiert, weil er dessen seltsames Verhalten nicht deuten kann. Aus Sicht des Vogels verhält sich dieser Mensch vollkommen unnatürlich und an seine Umgebung unangepasst: Der Jogger bleibt nicht stehen und lauscht nicht auf Gefahren. Er ist nicht vorsichtig, hält nicht inne, sieht sich nicht um. Möglich, dass der Mäusebussard den Jogger deshalb als Bedrohung für seine Brut wahrnimmt - oder sogar als großes, fliehenes Beutetier.
Auch in der kalten Jahreszeit bleibt der Bussard meist seiner Heimat treu oder sucht sich innerhalb Deutschlands ein neues Quartier für den Winter.
"Im Allgemeinen", so lehrt uns schon Schmeils Tierkunde im Jahr 1954, ist der Bussard "ein sehr nützliches Tier, das sorgsam geschont werden sollte."
Sperber (Männchen) (Bild: Mark Hamblin)
Sperber (Weibchen) (Bild: 12462615)
Der Sperber (Accipiter nisus)
"Gleichsam ein Habicht im Kleinen" sei der Sperber, so Schmeils Tierkunde. Und tatsächlich ist der Sperber ähnlich unbeliebt wie sein größerer Verwandter. Obwohl er Deutschlands kleinster heimischer Greifvogel ist, sollte man ihn nämlich nicht unterschätzen: Der Sperber ist ein berüchtigter Vogeljäger, der sich zu 90% von Kleinvögeln ernährt. Um die 1000 Kleinvögel soll ein Sperberpärchen pro Jahr erbeuten.
Kaum größer als ein Turmfalke ist das Sperberweibchen, das Männchen noch deutlich kleiner. Das größere Weibchen gilt als als angriffslustiger und wagt sich eher in die Nähe des Menschen, vor allem im Winter. Da kann es schon vorkommen, dass sich auch der Sperber als Gast am Vogelhaus einfindet und sich am reichhaltigen Nahrungsangebot bedient.
Blitzschnell kann er zuschlagen: Der Sperber ist ein ausgesprochen wendiger Jäger, der fast ausschließlich kleinere Vögel, hin und wieder auch Mäuse erbeutet. Weil er die Angewohnheit hat, plötzlich und überraschend aus der Deckung hervorzuschießen, wird der Sperber auch Stößer genannt. Seine Beute jagt er im Flug, dicht über dem Boden, und folgt ihr auch in Bäume und Dickicht hinein.
In der Luft kann der Sperber mit beeindruckenden Wendungen und Drehungen glänzen. Im Flug ist er schwer vom Habicht zu unterscheiden, fällt aber durch die deutlich schnelleren Flügelschläge auf.
Der Sperber bevorzugt Landschaften, in denen er viel Deckung findet und auf offener Flur jagen kann. Wie viele andere Greifvögel passt auch er sich mehr und mehr dem Leben in der Stadt an.
Rufen hört man den Sperber eher selten und wenn, dann nur innerhalb seines Brutreviers. Seinen Horst baut er auf hohen Nadelbäumen an Waldrändern, dabei sind ihm Fichten und Lärchen am liebsten.
Sperber bleiben im Winter entweder in ihrem Brutrevier oder suchen sich eine vorübergehende Heimat in wärmeren Gebieten wie Südeuropa oder Afrika.
Interessant ist auch die Bedeutung seines Namens: Der Begriff "Sperber" kommt ursprünglich aus dem Althochdeutschen und setzt sich aus "sparo" = Sperling und "aro" = Adler zusammen. Der Sperber ist also ein Sperlingsadler, ein kleiner Adler. Auch im Englischen wird er als sparrow hawk, als Sperlingshabicht, bezeichnet.
Rotmilan (Bild: Duncan Shaw)
Der Rotmilan (Milvus milvus)
Der Rotmilan, größter Vertreter der hier vorgestellten Greife, ist ein besonders schöner und stattlicher Vogel, der durch seine rostrote Färbung und das helle Flügelfeld auffällt. Gut erkennbar ist er durch seinen stark gegabelten Schwanz. Der Rotmilan wird deshalb auch als Gabelweihe oder Königsweihe bezeichnet.
Ähnlich dem Bussard kann man auch den Rotmilan vor allem an warmen Tagen seine großen Kreise am Himmel ziehen sehen. Er unternimmt auf Beutejagd weite Suchflüge, bleibt aber meist in Sichtweite des Horstes.
Der Horst des Rotmilans liegt geschützt im Wald auf hohen Bäumen, bevorzugt auf Eichen, Buchen oder Kiefern. Hat der Rotmilan eine Heimat gefunden, die ihm gefällt, bleibt er dieser meist treu, er kehrt immer wieder zum alten Nest zurück.
Bei seiner "Wohnungseinrichtung" ist der Rotmilan besonders orginell: Neben Pflanzenmaterial verwendet er bevorzugt menschliche Abfälle zum Nestbau, z.B. Papier, Stoffreste oder Plastik - was für den Nachwuchs nicht immer ganz ungefährlich ist.
In abwechslungsreichen Landschaften und offenem Gelände, vor allem in Agrarlandschaften siedelt sich der Rotmilan gerne an. In der Wahl seiner Beute ist er recht variabel: Er ernährt sich von Mäusen, Maulwürfen, Feldhamstern und kleineren Vögel, schlägt aber auch kranke und junge Tiere mittlerer Größe (etwa Hasen oder Hühner). Noch größere Beutetiere nimmt er nur als Aas.
Der Rotmilan ist ein Suchjäger, der im tiefen Suchflug nach Beute Ausschau hält und diese dann im Darüberfliegen ergreift und mitnimmt. Er tötet die Beutetiere nicht nur mit den Krallen, sondern auch durch gezielte und kräftige Schnabelhiebe.
Wer den Rotmilan in Aktion erleben möchte, der sollte aufpassen, wenn die Landwirte zum Mähen ihrer Wiesen anrücken: Mäharbeiten sind für den Rotmilan ganz besonders attraktiv, weil sie Beutetiere für ihn zugänglich machen, die er zuvor nur schwer erreichen konnte.
Der Rotmilan zeigt wenig Territorialverhalten, ist ein eher geselliger Vogel und gerne mit Artgenossen gemeinsam unterwegs. Teilweise spielen Rotmilane sogar miteinander oder lassen nur zum Vergnügen Zapfen aus der Luft auf den Boden fallen.
Der Rotmilan ist ein echter Europäer und der Schwerpunkt seiner Verbreitung liegt mit geschätzten 10.000 bis 14.000 Brutpaaren in Deutschland. Sich der Verantwortung für diesen "heimlichen deutschen Wappenvogel" bewusst zu sein, ist deutschen Naturschutzverbänden besonders wichtig.
Der Rotmilan ist geschützt und steht auf der Vorwarnstufe der Roten Liste.
Schwarzmilan (Bild: James Hager)
Der Schwarzmilan (Milvus migrans)
Der Schwarzmilan ist der kleinere Bruder des Rotmilans. Manche behaupten, der Name "Braunmilan" bzw. schwarzbrauner Milan würde ihn noch treffender beschreiben.
In seinem lateinischen Namen steckt das Wort "migrans", das ins Deutsche übersetzt "wandernd" bedeutet. Tatsächlich ist der Schwarzmilan sehr weit verbreitet und gilt sogar als weltweit häufigste Greifvogelart.
Der Schwarzmilan ist etwas kleiner als der Rotmilan und auch nicht so auffällig gefärbt. Im Flug lässt er sich gut durch seinen halbgefächerten und deutlich weniger gabelförmigen Schwanz vom Rotmilan unterscheiden. In der Luft wirkt er sehr elegant, er gleitet und segelt häufig.
Weil der Schwarzmilan eine Vorliebe für tote Fische hat und deshalb oft in der Nähe von Gewässern anzutreffen ist, hat man ihn auch Seemilan oder Wassermilan genannt. Der Schwarzmilan ist allerdings flexibel, was Lebensraum und Beute betrifft: Wo immer er Brutmöglichkeiten und ausreichend Nahrung findet, dort siedelt er sich an.
Der Schwarzmilan hat sich besonders stark auf Aas spezialisiert. Ähnlich wie der Rotmilan stöbert auch er gerne auf Müllkippen nach Nahrung.
Und noch etwas hat er mit dem Rotmilan gemein: Beide Milanarten machen es sich - vor allem im Winter - gerne mal etwas bequemer und jagen anderen Vögeln die Beute ab, anstatt selbst auf Beutezug zu gehen.
Was den Schwarzmilan charakterisiert: Er ist außerordentlich stimmbegabt. Häufig hört man sein melodisches Trillern, auch mit einem "Wiehern" oder "Miauen" werden seine Rufe verglichen. Gerne singen Schwarzmilane auch im Duett.
Während der Rotmilan meist in Spanien oder Frankreich überwintert oder in der deutschen Heimat bleibt, zieht es den Schwarzmilan in der kalten Jahreszeit ins Winterquartier nach Afrika.
Bildquelle:
Bildautor: Claudia Steininger
(Krähen - Unglücksvögel, "Rabeneltern" und Nesträuber?)