"Grüne Denkmäler" in Dresden
In Dresden sind zahlreiche Bäume als Naturdenkmäler anerkannt und/oder erinnern als Gedenkbäume an wichtige Ereignisse und Persönlichkeiten in der Geschichte der Stadt.Schulmeisterlinde und Kaditzer Linde
Beginnen möchte ich mit zwei Linden, die ein "biblisches Alter" haben und sich im Dresdner Ortsteil Kaditz im Nordwesten von Dresden am rechten Ufer der Elbe befinden, genauer: im Kirchhof der Emmauskirche in Altkaditz, dem denkmalgeschützten Ortskern des nach Dresden eingemeindeten Ortes Kaditz. Dabei handelt es sich um die sogenannte Schulmeisterlinde und die Kaditzer Linde. Die Schulmeisterlinde ist der älteste Baum Dresdens, von dem Pflanztermin und –anlass bekannt sind. So wurde der Baum am 8. April 1622 gepflanzt, und zwar vom damaligen Kaditzer Schulmeister Paul Schulze. Anlass war der Schuljahresbeginn. Die Schulmeisterlinde ist folglich der älteste Gedenkbaum Dresdens.
Die Kaditzer Linde ist ein Naturdenkmal. Sie hat eine Höhe von 20 Metern und ist nach unterschiedlichen Schätzungen 700 bis 900 oder sogar 1000 Jahre alt. Sie ist damit der älteste Baum Dresdens. Der Umfang des Stammes beträgt etwa 10 Meter! Mit ihrer mächtigen Krone überspannt die Kaditzer Linde einen großen Teil des Kirchhofs. Im Laufe ihres langen Lebens hat die Linde mehrmals große Brände, die in ihrer Nähe wüteten und denen das Pfarrhaus und die Kirche zum Opfer fielen - beispielsweise im Dreißigjährigen Krieg - wie durch ein Wunder beinahe unversehrt überstanden.
Erst beim Dorfbrand von 1818 – der Stamm der Linde war zu diesem Zeitpunkt bereits hohl - kam sie nicht mehr so glimpflich davon, sondern erlitt schwere Schäden. Aber sie überlebte, und entwickelte aus Wurzeln starke Sekundärstämmlinge, wodurch sich die Standfestigkeit erhöhte, und über den Brandwunden und teilweise auch auf der Innenseite des hohlen Stammes bildete sich neue Rinde, durch die die starken Hauptäste Nahrung erhalten. Das alles gilt als höchst ungewöhnlich und beeindruckte auch Goethe, als dieser bei seinem letzten Dresden-Aufenthalt Kaditz besuchte. Beim Jahrhunderthochwasser 2002, als das elbnahe Kaditz vollständig von den Fluten eingeschlossen war, drohte der Linde neues Ungemach. Aber das Wasser stoppte an der Kirchenschwelle - und am Fuß der Linde.
Schulmeisterlinde im Hof der Emmauskirche, Altkaditz, Dresden (Bild: DynaMoToR/wikimedia.org/wiki)
Die Kaditzer Linde auf dem Kirchhof der Emmauskirche in Kaditz, Dresden. (Bild: Paulae/wikimedia.org/wiki)
Alberteiche in Kauscha und Meschwitzeiche
Im Folgenden möchte ich über zwei Eichen berichten, die wegen ihrer Größe hervorstechen. Die eine ist die Alberteiche in Kauscha im Südosten Dresdens. Sie ist eine von mehreren Eichen, die im April 1898 anlässlich des 70. Geburtstags und 25-jährigen Regierungsjubiläums von König Albert von Sachsen gepflanzt wurden. Es handelt sich dabei um eine Stieleiche, auch Sommereiche oder Deutsche Eiche genannt, und damit um ein Exemplar der in Mitteleuropa am weitesten verbreiteten Eichenart. Mit einem Stammumfang von 5,10 Metern, einer Höhe von 25 Metern und einem Kronendurchmesser von 35 Metern ist die Eiche in Kauscha die größte bekannte Alberteiche.Sie ist gleichzeitig Naturdenkmal und Gedenkbaum.
Die Meschwitzeiche ist mit einem Stammumfang von 3,70 Metern, einer Höhe von 26 Metern und einem Kronendurchmesser von 33 Metern die größte Schindel-Eiche in Deutschland. Diese Eichenart stammt ursprünglich aus den USA. Früher wurden aus ihrem Holz Dachschindeln hergestellt – daher der Name "Schindel-Eiche". Die Meschwitzeiche erhielt ihren Namen zur Erinnerung an die Verdienste des Dresdner Forstmeisters Friedrich Wilhelm Meschwitz (1815-1888), der die Eiche 1880, also acht Jahre vor seinem Tod, selbst auf dem – bis 1960 bestehenden - Familiengrab auf dem St.-Pauli-Friedhof in Dresden gepflanzt hat. Meschwitz hatte, indem er in der Dresdner Heide das Wegenetz ausbauen ließ, großen Anteil an der Erschließung der Heide für den Fremdenverkehr, initiierte umfangreiche Baumpflanzungen und arbeitete an zahlreichen forstwissenschaftlichen Themen.
Meschwitzeiche auf dem Dresdner St.-Pauli-Friedhof (Bild: DynaMoToR/wikimedia.org/wiki)
Naturdenkmal Stieleiche, Zur Eiche, Kauscha, Dresden (Bild: Dr. Bernd Gross/wikimedia.org/wiki)
Luthereiche Strehlen und Wettineiche Leubnitz
Weitere besonders markante Gedenkbäume in Dresden sind die Luthereiche Strehlen - Strehlen ist ein Stadtteil von Dresden im Südosten der Stadt - und die Wettineiche Leubnitz, die sich in Altleubnitz, dem alten Dorfkern des Doppelortes Leubnitz-Neuostra im Dresdner Süden befindet. Die Luthereiche wurde am 10. November 1883 anlässlich des 400. Geburtstags des Reformators Martin Luther gepflanzt. Es handelt es dabei um eine Variante der Stiel-Eiche, die als Säuleneiche oder auch Pyramideneiche bezeichnet wird, da hier die Seitentriebe ähnlich wie bei einer Säulenpappel straff aufrecht wachsen. Die Luthereiche ist wegen ihrer Größe und besonderen Ausprägung.auch als Naturdenkmal geschützt So verfügt sie über einen Stammumfang von 3,70 Metern, über einen Kronendurchmesser von 16,50 Metern und ist 26 Meter hoch. Bei den verheerenden Luftangriffen der Alliierten am 13. Februar 1945 auf Dresden entging die Luthereiche Strehlen nur knapp einem Bombentreffer.
Die Wettineiche Leubnitz wurde 1889 anlässlich der 800-Jahr-Feier der Übergabe der Herrschaft über die Grafschaft Meißen an das Haus Wettin gepflanzt. Das heißt: Graf Heinrich I. aus dem Adelsgeschlecht der Wettiner war ab 1089 Markgraf von Meißen und damit der erste Wettiner, der diesen Landstrich regierte, womit der Aufstieg des Hauses Wettin zu einem der führenden Adelsgeschlechter im Deutschen Reich und später in Europa begann. Vor der Eiche befindet sich das sandsteinerne Wettindenkmal in der Form eines Baumstumpfs; allerdings ohne Hinweisschild.
Naturdenkmal Säuleneiche, Schulhof, Mockritzer Straße, Strehlen, Dresden (Bild: Dr. Bernd Gross/wikimedia.org/wiki)
Wettineiche in Leubnitz, Dresden (Bild: DynaMoToR/wikimedia.org/wiki)
Rieseneiche im Sauerbusch und Flatterulme
In diesem Abschnitt möchte ich die größte und älteste Eiche im Dresdner Stadtgebiet, die sogenannte Rieseneiche, vorstellen sowie eine Flatterulme, die ich als extravagant bezeichnen würde. Beide Bäume sind Naturdenkmäler.
Die Rieseneiche, eine Stiel-Eiche, befindet sich im Sauerbusch, dem nördlichsten Zipfel der Dresdner Heide, beim Ortsteil Langebrück. In der Nähe stand bis 1993 eine weitere Eiche, die mutwilliger Brandstiftung zum Opfer gefallen ist. Die beiden Eichen wurden bereits 1679 in einer Urkunde als markante Bäume erwähnt. Das Alter der Rieseneiche wird auf 700 Jahre geschätzt. Der Baum besitzt einen Stammumfang von 6,60 Metern und eine Höhe von 22 Metern. Leider ist sein Zustand inzwischen besorgniserregend.
Die Flatterulme befindet sich in Altübigau, dem dörflichen Kern des Stadtteils Übigau im Nordwesten von Dresden. Die Ulme hat einen Stammumfang von 3,10 Metern und ist 20 Meter hoch. Flatterulmen lieben feuchten Boden und vertragen Überflutungen von mehr als 100 Tagen im Jahr. Als Reaktion auf diese besonderen Bodenverhältnisse können die Flatterulmen Brettwurzeln ausbilden, also bis zu zehn Meter hohe, sternförmig angeordnete, meist rippenartige Wurzeln, wie man sie sonst nur bei den Baumriesen im tropischen Regenwald findet, denen die Brettwurzeln Standfestigkeit verleihen. Die Flatterulme ist mit anderen Worten der einzige mitteleuropäische Baum, bei dem sich Brettwurzeln entwickeln können.
Naturdenkmal Rieseneiche Sauerbusch in der Dresdner Heide (Bild: Staubi59/wikimedia.org/wiki)
Flatterulme Altübigau, Naturdenkmal (Bild: Staubi59/wikimedia.org/wiki)
Politische Buche und Splittereiche
Die politische Buche und die Splittereiche in Dresden zeigen explizit, dass selbst Bäume in einen politischen Kontext eingebunden sein können. So befinden sich in der Rinde der Buche Einritzungen, die bereits vor 1933 von verschiedenen politischen Gruppen vorgenommen wurden. Und zwar sieht man hier die Buchstaben "KPD" und "SED". Ferner kann man drei schräg abwärts gerichtete Pfeile als Symbol der Eisernen Front – diese war ein 1931 gegründeter Zusammenschluss des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB), des Allgemeinen freien Angestelltenbundes (Afa-Bund), der SPD und des Arbeiter-Turn- und Sportbundes (ATSB) - erkennen, die mit einem darüber geritzten Hakenkreuz (NSDAP) wahrscheinlich unkenntlich gemacht werden sollten. Die politische Buche befindet sich am Hang des Kleditschgrundes in Niederwartha, einem Ortsteil der nach Dresden eingemeindeten Ortschaft Cossebaude. Wegen ihrer politischen Bezüge, aber auch wegen ihrer Größe – so hat die politische Buche einen Umfang von 4,05 Metern und eine Höhe von 25 Metern – ist sie als Naturdenkmal ausgewiesen
Die sogenannte "Splitter-Eiche" befindet sich im Großen Garten, einem großen innerstädtischen Waldgebiet in Dresden, und zwar unweit des prächtigen Mosaik-Brunnens. (S. dazu https://pagewizz.com/mein-dresden-ein-ganz-persoenlicher-streifzug-durch-die-stadt/) Im Schutz des Großen Gartens war diese Eiche zu einem mächtigen Baum herangewachsen, und keiner der Kriege, die während ihres 300-jährigen Lebens tobten, hatte ihr etwas anhaben können. Dann kam der 13. Februar 1945, der Tag, an dem von den verheerenden Bombenangriffen der Alliierten auch der Große Garten nicht verschont blieb. Die Eiche wurde durch Bombensplitter getroffen und ihr Stamm dadurch schwer beschädigt. Die "Splittereiche" hat folglich nicht soviel Glück gehabt wie ihre Schwester, die Luthereiche, deren "Schicksal" ich oben beschrieben habe.
Auch ein Baum ist damit in Dresden zum Kriegsopfer geworden. Aber im Gegensatz zu den vielen Menschen, die der 13. Februar das Leben gekostet hat, hat die Eiche überlebt und wuchs weiter. Sie ist allerdings ein Baum "mit zwei Gesichtern". Auf der einen, der Innenstadt abgewandten Seite zeigt sie sich als imposante Erscheinung. Auf der anderen, der Innenstadt zugewandten Seite, sieht man ihre schweren Verwundungen. Inzwischen ist wenige Meter vom Baum entfernt eine Tafel aufgestellt worden, die an jene Schreckensnacht erinnert und damit über die Ursache der Schäden am Baum aufklärt. Neben dem Hinweis auf die Bombenangriffe steht hier ein Zitat des amerikanische Dichters Mark Twain. Es lautet: "Die Zeit mag Wunden heilen, aber sie ist eine miserable Kosmetikerin!"
"Politische Buche" im Kleditschgrund (Naturdenkmal) (Bild: Staubi59/wikimedia.org/wiki)
"Politische Buche", Naturdenkmal im Kleditschgrund, Niederwartha, Dresden (Bild: DynaMoToR/wikimedia.org/wiki)
Splittereiche im Großen Garten, Dresden (Bild: DynaMoToR/wikimedia.org/wiki)
Splittereiche im Großen Garten, Dresden (Bild: DynaMoToR/wikimedia.org/wiki)
Quellennachweis:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Naturdenkmale_in_Dresden
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Gedenkb%C3%A4ume_in_Dresden
https://www.sachsen-depesche.de/kultur/die-kaditzer-linde-in-dresden.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Wilhelm_Meschwitz
https://www.monumentale-eichen.de/sachsen/2-kategorie/langebr%C3%BCck/
https://de.wikipedia.org/wiki/Flatterulme
https://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%A4uleneiche
https://de.wikipedia.org/wiki/Haus_Wettin
http://www.stadtwikidd.de/wiki/Politische_Buche
https://www.sz-online.de/nachrichten/eiche-im-grossen-garten-wird-bomben-mahnmal-3677357.html
Bildnachweis:
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