v.l.n.r. Christoph Hohmann ...

v.l.n.r. Christoph Hohmann (Malvolio), Kristina Pauls (Olivia), Zora Klostermann (Maria), Rita Feldmeier (Clown) (Bild: © HL Böhme)

Falsche Liebe in Illyrien

Die Bühne (Hugo Gretler) ist weitgehend kahl, wir sehen Stuhlreihen, die an frühere, primitive Kinositze erinnern. Zu Beginn setzen sich die Schauspieler und tauschen beständig die Plätze. Von der Decke hängen Kleidungsoberteile herab, davor schiebt sich mitunter ein Vorhang, der aus silbrig-glitzernden Streifen besteht, wie eine Art Riesen-Lametta. Nicht einmal Palmen gibt es, vereinzelte Kleidungsstücke liegen auf dem Boden, achtlos hingeworfen, als seien sie bloß Requisiten, jederzeit austauschbar. Die Phantasie-Insel Illyrien ist der Schauplatz, wo Viola (Patrizia Carlucci) strandet und sich aus Überlebensgründen in den Diener Cesario verwandelt, zu des Herzogs (Dennis Herrmann) Diensten. Die Verwandlung gelingt der Carlucci, hübsch, aber busenlos, glaubhaft, nur die helle Stimme ist etwas verräterisch, aber niemand merkt's. Nun ist die Kritik keineswegs dazu geeignet, eine Inhaltsangabe zu liefern. Deshalb kurz: Viola/Cesario verliebt sich in den Herzog Orsino, und die Gräfin Viola (Kristina Pauls), die Orsinos Liebesangebote stets abweist, ist plötzlich in Cesario vernarrt. Das gibt natürlich Anlass zu komischen Elementen, die sich mitunter ins Tragische wandeln.

Chronische Suche nach Humor

Kristina Pauls, Patrizia Carlucci

© HL Böhme

 

 

 

Der Regisseur Michael Talke, permanent auf der Jagd nach Lachern, nutzt diese Chance nicht. Während Katharina Thalbach im Berliner Ensemble (Premiere 24.11.2012) auf das Witzgefühl der Erotomanen setzte, hat Talke nur Kristina Pauls im Aufgebot, die allein durch ihr Auftreten einen Hauch von Erotik verströmt. Nach der Pause nur barfuß auftretend, ist sie keine komische Figur, eher eine tragische, die lediglich auf ihr verzweifeltes Herz hört. In dieser Inszenierung erleben wir eine chronische Suche nach dem Humor, der mit dem letzten Aufgebot sogar Heiterkeitsausbrüche auszulösen vermag, zumindest beim leicht amüsierbaren Publikum. Christoph Hohmann hat nach besagter Szene sein Pulver verschossen, er kann sein Niveau nicht halten. Letztlich wird seine Figur Malvolio für verrückt erklärt und in einen Karton gesperrt, ein Symbol für den Knast. Eine simplere und groteskere Lösung für die Inhaftierung konnte dem Regisseur wohl nicht einfallen.

Unter dem Rock

Zora Klostermann als Zofe Maria hat eine äußerst undankbare Rolle. Sie trippelt in kindischer Weise ständig auf der Stelle und trägt ein Plastikgerüst, das einen überlangen Rock darstellen soll, unter dem man schön Platz findet, wie in Günter Grass', von Schlöndorff verfilmten Roman "Blechtrommel". Ein probates Versteck für Sir Toby, der von dem in den Mittelpunkt drängenden Jon-Kaare Koppe gespielt wird – immerhin liefert er als versoffener Offizier eine überzeugende Darstellung ab. Das Verwechslungs- und Identitätsspiel wird auf die Spitze getrieben, als Violas Zwillingsbruder Sebastian (Alexander Finkenwirth) auftaucht – und Olivia ihn für Viola/Cesario hält. Ein schauerliches Ende, und hier sollte die Kritik an Shakespeare ansetzen. Es geht nicht um die Seele – und die ist bekanntlich unsterblich – sondern nur um ein Gesicht. Ich liebe ein Gesicht, egal welche Seele darin haust. Talke liefert nur ein angedeutetes Happy-End mit zwei Hochzeiten, unamerikanisch, ohne Knutschfaktor. Das ist wahrlich kein großes Theater, nur ein Unterhaltungstheater, das nichts anderes als unterhalten will. Wer das goutiert, kann einigermaßen zufrieden nach Hause gehen.

Was ihr wollt

Von William Shakespeare

Deutsch von Angela Schanelec

Regie: Michael Talke, Bühne: Hugo Gretler, Kostüme: Marialena Lapata, Musik: Marc Eisenschink, Dramaturgie: Ute Scharfenberg.

Es spielen: Dennis Herrmann, Kristina Pauls, Patrizia Carlucci, Alexander Finkenwirth, Christoph Hohmann, Jon-Kaare Koppe, Wolfgang Vogler, Zora Klostermann, Rita Feldmeier, Friedemann Eckert.

Hans Otto Theater Potsdam

Premiere vom 28. März 2014

Dauer: ca. 2 Stunden, 25 Minuten, eine Pause

Foto: © HL Böhme

 

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