Einführung - Grundgedanken des Autors

Seit der Einführung der Arbeitsmarktreform ist Harz ein Dauerstreit in der Politik und Öffentlichkeit. Kaum eine Woche, in der in den Medien nicht über neue Pleiten, Pech und Pannen berichtet wird. Gerichte berichten über eine immer weiter anschwellende Klageflut. Die Bürokratie, die mit dem Hartzkonzept kam, ist in ihrer Dimension fast peinlich und wird immer mehr aufgebläht. Sozialkosten sind gestiegen, wenn auch durch diese Reform etwas gebremst und die Armut ist größer geworden. Nicht nur die Armut, sondern auch die Angst vor Harz IV und somit der soziale Abstieg machen die Arbeitnehmer in den Betrieben krank. Dies ist ein Versuch die (meist) negativen Folgen näher zu analysieren.

Parallelen zur Apartheid

Die Grundgedanken vom sogenannten Harzkonzept ähneln stark der ehemaligen Ideenwelt der Apartheid in Südafrika. Man muss nur näher hinsehen. In diesem Apartheidsregime gabt es eine sogenannte Jobreservation für Weiße Südafrikaner. Dieses garantierte den privilegierten Weißen (oder denen die sich per amtlichen Beschluss Weiße nennen durften) einen Arbeitsplatz und somit ein sicheres Auskommen. Das Harz-IV-Konzept begünstigt diese Entwicklung von Jobreservation in Deutschland in einem hohen Maße. Wer schon in jungen Jahren bedingt durch Arbeitslosigkeit oder vielleicht niedriges Einkommen der Eltern in die Harz-Falle hinein rutscht, wird kaum eine realistische Chance haben einen dauerhaften Arbeitsplatz (oder Ausbildungsplatz) zu finden. Bildungsgänge (Studiengänge) bleiben durch den Mangel an materiellen Ressourcen diesem Personenkreis verschlossen. Die an vielen Universitäten geforderte Studiengebühr ist eine weitere Hürde. Privilegiert wird hier eine Mittelschicht die über ein ausreichendes Einkommen verfügt. Dass diese Mittelschicht kein Interesse daran hat, bei den knappen Ressourcen an adäquaten Arbeitsplätzen, nun auch noch Konkurrenz "von unten" zu bekommen ist nachvollziehbar. Aber auch diejenigen, die in dieses zweifelhafte "Hilfesystem" abgerutscht sind haben kaum noch Aussichten auf eine bessere Zukunft. Schon bei der Stellensuche wird durch das gängige Verfahren bei der Arbeitsvermittlung selektiert. Durch Stellen die offiziell für Alle im Internetauftritt der Arbeitsagentur veröffentlicht werden und durch Arbeitsplatzangebote die speziell von den Agenturen betreut werden. Zu diesen Listen haben nur die Arbeitsvermittler einen Zugang. Nach welchen Verfahren, wer ein betreutes Stellenangebot von seinem Vermittler erhält, bleibt wahrscheinlich ein Geheimnis der Agentur für Arbeit und dem Jobcentern. Natürlich muss die Eignung und Zumutbarkeit für beide Seiten beachtet werden. Ob das allerdings die einzigen Kriterien sind, darf angezweifelt werden. Die "Macht" der Auswahl obliegt vor allem beim Arbeitslosengeld II, durch die vielen Kann und nicht muss Vorschriften, dem Arbeitsvermittler bzw. Fallmanager.
Eine weitere Diskriminierung tritt beim Wohnraum auf. Durch die Mietobergrenzen und die Begrenzung der Wohnungsgrößen (je nach Personenanzahl) wurde eine Gettoisierung von Sozialleistungsempfängern eingeleitet. Natürlich kann man bei einem Bezug von Sozialleistungen keine gehobenen Wohnansprüche erwarten. Realistischerweise muss aber gesagt werden, dass die Mietobergrenzen der Kommunen in den meisten Fällen zu niedrig ausfallen. Angemessener Wohnraum in diesen Preisklassen ist je nach Region erst gar nicht zu bekommen. Falls doch Wohnraum zur Verfügung steht, ist er meist in einem nicht akzeptablen Standard oder Preis / Leistungsverhältnis. FensterUm überhaupt wohnen zu können, wird jede "Bude" angemietet, Hauptsache es passt in die vorgegebene Kategorie des Leistungsempfangs. So bilden sich neue soziale Brennpunkte, die fast nur noch aus Empfängern von Sozialleistungen bestehen. Die mit Dauer der Arbeitslosigkeit verbundene Gefahr von zunehmenden Alkohol / Drogenmissbrauchs lässt erahnen, wie sich diese (Niedrigpreis) Wohngebiete auf längere Sicht entwickeln werden. An dieser Stelle möchte ich wieder die Parallele zur Apartheid ziehen. Auch Schwarze (Farbige) durften nicht in Gebieten von Weißen wohnen. Entweder in den sogenannten Homelands (speziell ausgewiesene Gebiete für Schwarze) oder in den weitverbreiteten Townships (Gettos) am Rande der Städte. In unserer Gesellschaft gibt es keine Verbote in gute Wohngegenden zu wechseln. Allerdings bedarf es bei Sozialleistungsempfängern hierzulande auch keiner Verbote. Die Mittel, zumindest nicht in einem sozialen Brennpunkt wohnen zu müssen sind schlicht nicht vorhanden.
Meldepflichtig ist auch eine sogenannte Ortsabwesenheit. Empfänger von Arbeitslosengeld müssen mit der Post erreichbar sein. Allerdings ist es möglich, sich bei weiterlaufenden Bezügen bis zu drei Wochen pro Jahr Urlaub zu nehmen. Hier ist natürlich auch erst einmal die Frage: Wovon? Ein spontan verlängertes Wochenende zum Beispiel von Freitag bis Dienstag ist nur mit Hindernissen möglich. Jede längere Ortsabwesenheit muss vorher gemeldet werden. Kommt es beispielsweise während einer unangemeldeten Abwesenheit zu einer ernsten Erkrankung (zum Beispiel einer schnell notwendigen Blinddarmoperation) kann der Krankenversicherungsschutz entfallen und der Leistungsbezug! Selbst diese letzte Stufe der nackten Existenzsicherung würde somit entfallen. Zumindest für eine gewisse Zeit. Der Weg in den Abstieg der Obdachlosigkeit und / oder Kriminalität kann beginnen. In diesem Land kann man Arbeitssuchende (noch) nicht über Gesetze dazu zwingen, sich in einem bestimmten Gebiet aufzuhalten. Aber die Reglementierung der ständigen Erreichbarkeit für die Agentur und drohende Sanktionen bei einem Verstoß lassen im Grunde keine große Wahlmöglichkeit des Aufenthaltsorts zu. Die Regierung bzw. das System muss einfach nur warten wo die Wohnorte bzw. in welchen Stadtteilen solche "Homelands" oder "Townships" für Sozialleistungsempfänger von selbst entstehen. Bis zu einem gewissen Grad kann sogar vorher gesagt werden, wo diese "Townships" der deutschen Machart entstehen werden. Ganz einfach in den Gebieten einer Stadt, wo die Mieten am günstigsten sind. Es wurde ja bereits darüber nachgedacht Arbeitssuchende in den neuen Bundesländern anzusiedeln, weil dort die Mieten und Lebenshaltungskosten je nach Region geringer sind.
Auch das seit Neustem erlassene Verbot für Arbeitssuchende nicht mehr an bestimmten staatlichen Lotterien teilnehmen zu dürfen (mit gerichtlicher Bestätigung!) ist ein weiteres krasses Beispiel für die Einschränkung von Freiheitsrechten. Abgesehen von der Weltfremdheit des Urteils, weil schlicht unkontrollierbar, wird hier gezeigt, dass eine Eingliederung in ein normales Leben scheinbar gar nicht gewünscht ist. Was ist daran so schlimm, wenn ein Arbeitsuchender einen Volltreffer oder auch nur einen größeren Gewinn erzielt. Darf er oder sie noch nicht einmal mit ein bisschen Glück wieder in die Gesellschaft einsteigen? Bestenfalls wird doch der Geldbeutel der Steuerzahler entlastet. Das Argument man müsste Sozialleistungsempfänger vor der Spielsucht schützen ist lächerlich. Dann müsste man eigentlich "Alle" vor einer Spielsucht schützen. Ist ein normaler Arbeitnehmer etwa weniger Spielsucht gefährdet als Sozialleistungsempfänger? Wenn, dann doch wohl eher mehr. Es sind ja auch mehr finanzielle Mittel vorhanden. Wie viele Wohlhabende haben aufgrund von Spielsucht schon ihr Haus und Vermögen verloren! Dieses weltfremde Urteil ist allerdings mittlerweile vom Oberlandesgericht wieder aufgehoben worden. Es zeigt aber die um sich greifenden Tendenzen von Freiheitsbeschränkungen für Sozialleistungsempfänger. Scheinbar machen sich diese Tendenzen in allen Schichten der Bevölkerung breit.

Folgen für die Betroffenen

Durch das ständige (Über) Leben am finanziellen Limit kommt es langsam zu einem immer weiteren Rückzug aus dem gesellschaftlichen Leben. 

Diskriminierungen durch sogenannte Normalbürger mit geregeltem Einkommen sind nicht selten und werden durch die Medien gefördert und verstärkt. Jeder hat schon sicher Berichte über die in der "sozialen Hängematte" liegenden Arbeitssuchenden gesehen, die im Grunde vorgeführt werden. Keiner hinterfragt aber, warum diese Menschen keine Lust mehr auf Arbeit haben. Vielleicht haben sie es ja sehr lange versucht und mittlerweile schlicht aufgegeben. Oder haben in der Arbeitswelt extrem schlechte Erfahrungen mit Mobbing und Vorgesetzten gemacht. Wurden diese Menschen vielleicht einfach nur "verheizt" bis sie nicht mehr konnten? Selbst in Krisenzeiten werden in Unternehmen Millionen von Überstunden gemacht. Eine deutliche Zunahme der Born-out-Krankheiten und zunehmende psychische Probleme bei Arbeitnehmern sprechen hier eine eigene Sprache. Auch die Politik und Arbeitgeberverbände tragen zu dieser Hexenjagd bei. Regelmäßig wird in kleinen Wirtschaftsaufschwüngen von Fachkräftemangel geredet. So mancher fragt sich, warum dann der gut ausgebildete Nachbar noch arbeitslos ist. Gut ausgebildete Fachkräfte gibt es im Reich der Arbeitssuchenden sicher genug. Nur werden diese einheimischen Fachkräfte von den Unternehmen nicht gefragt. Ausländische Fachkräfte sind mit dem deutschen Arbeitsrecht nicht so gut vertraut. So kann man sie auch leichter wieder los werden. Außerdem stellen sie meist nicht so hohe Anforderungen an die Arbeitsbedingungen und sind oftmals auch ein wenig billiger. Warum gehen denn so viele gut ausgebildete Leute ins Ausland nach Norwegen, Amerika etc. Ganz bestimmt nicht, weil dort die schlechteren Bedingungen und ein schlechteres soziales Klima herrscht.
Vernünftige Mindestlöhne, die ein würdiges Leben ermöglichen, sind unabdingbar um Arbeitssuchenden eine Motivation zu geben. Hier sind vordringlich die Unternehmen gefragt ihre soziale Verantwortung zu übernehmen und Arbeitssuchenden Chancen zu geben. Dazu gehört eine Unternehmenskultur, die nicht nur ausschließlich dem maximalen Gewinnstreben untergeordnet ist. 
Der Ausschluss aus dem gesellschaftlichen Leben und der Arbeitswelt führt zu zunehmender sozialer Isolation bei den Betroffenen. Psychische Destabilisierung und Demotivation treiben die Betroffenen in Suchtprobleme und körperlicher Krankheit. Bluthochdruck, Folgeerscheinungen wie Fettleibigkeit und Diabetes, wegen schlechter Ernährung, mag hier nur als Beispiel genannt sein. Armut macht nun einmal tatsächlich krank und führt zu einem weiteren Ausschluss aus der Gesellschaft, was zu einer weiteren Verschärfung der sozialen Situation bei den Betroffenen führt.

Wie Hartz IV zur Uniformität zwingt - oder Kleider machen Leute.....

Menschen, die von Harz IV leben und Niedriglohnempfänger wird fast unweigerlich eine "Uniform" aufgezwungen (in Form von Kleidung). In unserer konsum- und statusorientierten Gesellschaft spielt Markenware eine wichtige Rolle. Beurteilt wird man (leider) meist nach Aussehen und Auftreten (der erste Eindruck ist lang und überdauernd!). Hier spielt Kleidung eine wichtige Rolle. Menschen mit etwas geübten oder geschulten Blick erkennen relativ schnell die Kaufgewohnheiten Anderer. Hartz IV-Empfänger und grundsätzlich Menschen mit niedrigen Einkommen sind gezwungen, extrem ökonomisch zu haushalten. Gezwungenermaßen wird dann Bekleidung sehr bekannter Billiganbieter bevorzugt. Das kann gerade für Kinder, Jugendliche und Heranwachsende sehr belastend sein! Gerade in dieser Gruppe wird ein "Dazugehören" oft über materielle Dinge entschieden. So wird Kleidung unmerklich zum Erkennungsmerkmal des ökonomischen Status des Trägers, der Trägerin und somit zu einer Art von Uniform.
Ich möchte hier nicht behaupten, dass preiswerte Bekleidung eine schlechtere Wahl ist! Bezweifeln darf man allerdings, dass bei ausreichenden Finanzmitteln, ständig Billiganbieter die erste Wahl sind. 

Folgen für die Gesellschaft

Hartz IV hat zu einer kostenintensiven, aufgeblähten und wenig effektiven Bürokratie geführt. Die Arbeitsvermittler und Fallmanager sind eigentlich mehr damit beschäftigt ihren sogenannten Kunden "Fehler" nachzuweisen um Sanktionen, was Leistungskürzungen bedeutet, zu verhängen. Ein wenig erfreulicher Umstand für beide Seiten, der natürlich zwangsläufig zu Konflikten führt. Die seit Einführung von Hartz ständig wachsende Klageflut bei den Sozialgerichten ist ein zuverlässiges Barometer dafür. Beide Seiten sehen in den Anderen den Feind, den es zu bekämpfen gilt. Eine Situation des Misstrauens entsteht, statt einer unterstützenden Hilfestellung bei der Arbeitssuche. Vorhandene Potenziale bei Arbeitssuchenden werden so blockiert und nicht für den Arbeitsmarkt und somit für die Gesellschaft nutzbar gemacht. Man sollte auch immer bedenken, dass die Bürokratie der Arbeitsagenturen und Jobcenter aus Steuermitteln finanziert wird. Was heißt, dass die Vermittler dafür bezahlt werden, unterstützend tätig zu werden. Die bereits angesprochenen Armutskrankheiten führen zu höheren Kosten im Gesundheitssystem. Für gesundheitlich angeschlagene Jobsuchende wird es noch schwieriger eine Arbeit zu bekommen, um sich wieder voll in die Gesellschaft zu integrieren. Die weitere Folge in diesem nicht enden wollenden Teufelskreis ist dann die drohende Altersarmut. Jahrelange beitragslose Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung führen naturgemäß zu einer starken Schmälerung der schon heute nicht gerade üppigen gesetzlichen Rente. Oder ist man provokant gesagt sogar darauf aus, dass die Armutskrankheiten zu einem schnelleren Ableben führen? Dann würde sich das Problem schlicht und einfach "von selber lösen".
Die Steigerung der sozialen Spannungen durch die immer größer werdende Schere zwischen Arm und Reich führt weiter in die Ellenbogengesellschaft. Sündenböcke werden gefragt und die Keimzelle für Links- und Rechtsextremismus wird gelegt. Gesellschaftliche Randgruppen, oder die die man dafürhält, wie Sozialleistungsempfänger, Asyl suchende, Ausländer werden zu diesen Sündenböcken. Sinkende Löhne bzw. der neu geschaffene Niedriglohnsektor verschärfen diese Situation noch weiter. Arbeit bzw. eine Bezahlung die nicht eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglicht, ist frustrierend und führt zu noch mehr Spannungen zwischen Arm und Reich. Niedrige Löhne bedeuten aber auch weniger Steuer- und Sozialeinnahmen für den Staat. Da Sozialleistungsempfänger und Niedriglohnbezieher nicht gerade zu den Gewinnern im Bildungsbereich gehören, entsteht eine neue Armutsschicht. Die Formel schlechte Bildung / Ausbildung = höheres Armutsrisiko setzt sich so über Generationen fort. Ein unerschöpflicher Pool aus billigen Arbeitskräften entsteht, den die sozial Bessergestellten nur noch "ausschöpfen" brauchen! Das sogenannte "Dienstmädchenprivileg" bei Politikern ab einer gewissen Hierarchieebene soll hier nur als Beispiel genannt sein. Vernünftige Bezahlung scheint zu ein Fremdwort für viele geworden zu sein! Die Bemühungen der Politik mit Bildungsgutscheinen entgegen zu steuern ist im Grunde nur ein Versuch das schlechte Gewissen zu beruhigen. Schon, dass man Besitzer eines Bildungsgutscheins ist, legt zweifellos die Herkunft des Betreffenden offen. So entstehen die gleichen Probleme wie sich heute im Gesundheitssystem entwickeln. Unterschiedliche Behandlung von Privatpatienten (Selbstzahler für Bildung) und Kassenpatienten (Gutscheininhaber für Bildung). Das wiederum führt langfristig zu einem sinkenden Kulturniveau in der Gesellschaft, weil "frische Ideen" in der Kulturlandschaft ausbleiben. Flache Dokusoaps und Internetplattheiten sind hier wahrscheinlich nur der Anfang. Kultur kann nur blühen, wenn jedem die Gelegenheit gegeben wird, sich mit Kultur zu befassen oder sogar selbst tätig zu werden. Gehobenes Kulturniveau darf nicht das Privileg von materiell Privilegierten werden. Falls doch, wird dem Weg zur Dekadenz Tür und Tor geöffnet.

Kürzungen und Einstellungen von Sozialleistungen sind mittlerweile zum regelrechten Volkssport geworden. Ich glaube nicht dass den Verantwortlichen bewusst ist, welchen immensen Schaden sie anrichten. Der Weg in Obdachlosigkeit, Kriminalität, Bettelei, Prostitution, Alkohol etc. wird vorgezeichnet. Falls es doch irgendjemanden der Verantwortlichen klar ist, umso beschämender für die Verantwortlichen. Die Folgeschäden durch Sozialkürzungen sind sicher höher als die eingesparten Sozialleistungen.
Durch das ständige Leben am finanziellen Limit sind viele Betroffene gezwungen, illegal zu arbeiten. Abgesehen von der "Unrechtmäßigkeit" dieser Beschäftigungen, wird durch das Harzkonzept Schwarzarbeit gefördert. Die Ausfälle an Steuern und Sozialeinnahmen für den Staat bzw. die Gesellschaft sind sicher enorm. Aus Betroffenen werden auch so ungewollt Kriminelle.

Konsequenzen für Unternehmen

Für Unternehmen, die auf qualifiziertes Personal angewiesen sind, fehlen Fach- und Führungskräfte trotz hoher Arbeitslosigkeit. Durch die schlechteren Bildungschancen für Niedriglohnempfänger und Sozialleistungsempfänger rücken weniger einheimische Kräfte nach. Auch dringende Nachqualifizierungen, um bereits vorhandenes Potenzial auszuschöpfen, unterbleiben meist durch die Jobcenter oder werden zu spät durchgeführt. Welcher Arbeitgeber wartet schon ein Jahr oder länger bis potenzielles Personal nachgeschult ist? Anstatt den Bedarf anhand von meist nicht ganz so schlechten prognostischen Daten nach zu schulen, verharren die Agenturen und Jobcenter in endloser Bürokratie. Hier sind allerdings auch die Unternehmen gefordert, den vorhersehbaren Bedarf zu melden und sich an den Kosten für Nachschulungen zu beteiligen. Schlechte Vorbildung von Anwärtern zieht auch für die Unternehmen höhere Kosten nach sich. Auszubildende müssen aufwendig durch Nachhilfe gefördert werden. Gute Fach- und Führungskräfte werden immer mehr zur Mangelware und behindern eine gesunde Expansion und Weiterentwicklung der Unternehmen. Eine wachsende Angst der Belegschaften vor dem sozialen Abstieg führt zu einer Hemmung von kreativen Potenzialen und dem sogenannten Mobbing. Mitarbeiter, die ständig Angst vor einer Kündigung haben, kündigen selbst irgendwann innerlich. Eine "Leck mich am Arsch Stimmung" und nur noch absoluter Dienst nach Vorschrift sind die Folgen. Mobbing und ständige Angst vor dem sozialen Abstieg bringen hohe Krankenstände mit sich und somit hohe volkswirtschaftliche Folgekosten. 

 

Die Weltfremdheit des Konzepts

Schon seit der Einführung des Hartzkonzepts ist es ein endloses Streitthema in der Politik, bei Gerichten und in den Medien. Mehrfach wurde korrigiert und nachgebessert. Daran erkennt man schon den fehlenden Realitätssinn, der bei der Entwicklung des Konzepts vorhanden war. Sogenannte ein Euro Jobs, die von den Beschäftigungsstellen häufig als Ersatz für fehlendes Personal genutzt wurden und werden. Leistungskürzungen bis unter das Existenzminimum um Arbeitssuchende in den schlecht bezahlten Niedriglohnsektor zu drücken. Keinen verbindlichen, flächendeckenden und ausreichenden Mindestlohn einzuführen ist hier ein weiteres Beispiel für den fehlenden Realitätssinn. Die Einführung der 400 Euro Arbeitsverhältnisse hat vielfach nur zur Teilung von Vollzeitarbeitsplätzen geführt. Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist somit verloren gegangen. Peter Hartz ist, wenn man es einmal ganz genau nimmt, ein verurteilter Vorbestrafter. Der Medienwirbel um ihn dürfte noch jedem gut in Erinnerung sein. Darf man ernsthaft erwarten dass Menschen, vor allem diejenigen die in der Hartzfalle stecken, das Konzept ernst nehmen? Viele Mitarbeiter von Fort - und Weiterbildungsinstituten, die die sogenannte Arbeitslosenindustrie "bedienten" haben frühzeitig vor einem Scheitern des Konzepts gewarnt. Es ist in den Medien ruhig geworden um Peter Hartz, was bestimmt auch in seinem Interesse liegt. So kann er gelassen neuen Geschäften und Tätigkeiten nachgehen.

Arbeitsvermittlung

Durch die Einführung der "Kannbestimmungen" bekommen die Fallmanager und Arbeitsvermittler in den Jobcentern ein zu viel an Macht. Welcher normale Mensch will verleugnen, dass im Grunde Entscheidungen in seinem persönlichen Umfeld nicht von Sympathien mitgetragen werden. Somit ist Aussehen, Auftreten, sozialer Status sicher eine Größenordnung ob und welche Leistungen der Vermittler oder Fallmanager bewilligt. Ungerechtigkeiten, Streit, Willkür sind so Tür und Tor geöffnet. Eine immer mehr ansteigende Klageflut bei den Sozialgerichten spricht auch hier eine deutliche Sprache. Die Grundsicherung sollte grundsätzlich auf "muss" Vorschriften beruhen, um den Arbeitssuchenden zumindest ein Mindestmaß an Sicherheit zu geben. Unberechtigter Druck vom Amt darf nicht zum "Erpressen" von Arbeitssuchenden führen. Welcher Arbeitgeber möchte schon "gebrochene" Arbeitnehmer beschäftigen, die den Job nur wegen des unerträglichen Drucks von Amt machen? Sicher sind diese Menschen dann auch kein großer Gewinn für das Unternehmen. Eine Kriminalisierung von Arbeitsuchenden die nicht bereit sind (aus welchen Gründen auch immer) jede Arbeit zu machen wird hier Vorschub geleistet. Job abgelehnt = Sozialleistungen gestrichen und schon ist ein Weg in die Kriminalität gebahnt! Hartz IV kann so Leben zerstören! Nicht eine Einschränkung von Sozialleistungen muss das Ziel sein, sondern passgenaue Hilfen die ein Leben in Würde ermöglichen. Nur so sind schnellere (Wieder) Eingliederungen von Menschen möglich die auch bei länger andauernder Arbeitslosigkeit nicht zerbrochen sind. Besser geeignetes und geschultes Personal die passgenauer vermitteln könnten und sozial kompetenteres Personal durch strikte Auslese können hier ein Anfang sein, diese Abstiegskarrieren nicht aufkommen zu lassen. Die aufgeblähte Bürokratie mit sogenannten Eingliederungsvereinbarungen, halbjährlichen neuen Antragstellungen, Kontoauszugskontrollen etc. senken weiter die Zeitspanne, die eigentlich der Arbeitsvermittlung gehört. Eine Entbürokratisierung wäre schon erreicht, wenn es eine regional angemessene Pauschalleistung von Arbeitslosengeld II geben würde die alle Wohnkosten, Bewerbungskosten etc. einschließt. Allerdings muss diese Leistung angemessen sein und die tatsächlichen Lebenshaltungskosten für ein würdiges Leben decken.

Positive Auswirkungen der Arbeitsmarktreform

Die Hereinnahme arbeitsfähiger Sozialhilfeempfänger in die Arbeitsvermittlung ist eines der positiven Auswirkungen der Arbeitsmarktreform. Endlich bekommen diese Menschen wieder eine Chance im Arbeitsmarkt. Wenn auch eine Geringe, da die Jobcenter offensichtlich in den gegenwärtigen Strukturen überfordert sind. Aber es ist zumindest ein Anfang. Viel soziales Elend, das über Jahrzehnte mit der Sozialhilfe zugedeckt wurde, kam ans Tageslicht. Der Einsatz sogenannter Fallmanager ist im Grunde ein gutes Instrument. Inwieweit es sich um qualifiziertes Personal handelt, mit welcher beruflichen Qualifizierung, ist einem Außenstehenden verschlossen und mag dahingestellt sein. Tatsächlich kann aber so soziales Elend beträchtlich gemindert werden, wenn entsprechend den Bedürfnissen der Hilfesuchenden gehandelt wird. Wie ehrlich Statistiken sein können, ist bei der Einführung der Arbeitsmarktreform sichtbar geworden. Plötzlich schnellte die Arbeitslosenquote auf über 5 Millionen hoch. Leider ist diese Statistik durch die Einführung der 400 Euro Jobs verwässert worden. Jeder der solch einen Job hat ist aus der Statistik raus, trotzdem er wahrscheinlich eine Vollzeitstelle sucht. Auch tauchen Teilnehmer von Arbeitsgelegenheiten (ein Euro Jobs), Umschüler, Teilnehmer von Fortbildungen erst gar nicht in dieser Statistik auf. Viele Arbeitssuchende gehen möglichst vorzeitig mit Abschlägen in Rente, da sich für sie so wie so keine Arbeit mehr zu finden ist. Eigentlich ein Dilemma, da hier wertvolles Erfahrungs- und Lebenspotenzial nicht mehr die Arbeitswelt positiv beeinflussen kann. Die Einführung des sogenannten Sozialgelds für "noch nicht rentenfähige" arbeitsunfähige Menschen ist ein weiteres positives Instrument der Reform. Warum sollte man auch diese Menschen zur Arbeitssuche zwingen. Bei ausgeprägten gesundheitlichen Problemen ist eine Arbeitsaufnahme im Grunde eigentlich schlicht nicht möglich.
Das Arbeitslosengeld II Empfänger ein Auto besitzen dürfen ist ein weiteres positives Kriterium der Reform. Zu fragen ist allerdings nur wovon? Zumindest ist aber ein Anfang geschaffen, dass ein preiswertes Auto beim Abrutschen in Harz nicht sofort auf den Schrott landen muss. Das verlängert zumindest für einen etwas längeren Zeitraum die Erfolgsaussichten auf Arbeit und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.

Schlussbemerkung

Der interessierte Leser soll durch diese Zeilen zum Nachdenken angeregt werden. Kann sich eine Gesellschaft wie unsere überhaupt leisten so mit Menschen um zu gehen? Wir wollen modern und weltoffen sein und gehören zu den reichsten Ländern dieser Erde. Auf der anderen Seite leisten wir uns Ausfälle wie die Hartz-IV-Reform. Man könnte auch überspitzt formulieren: Jeder Tierschutzverein hätte bei solchen Bedingungen längst Anzeige wegen nicht artgerechter Haltung erstattet!
Die sozialen Unruhen mit Plünderungen von Jugendlichen in England mögen ein Warnzeichen sein, die sozialen Bedingungen endlich sinnvoll zu reformieren.
Nach unserem Grundgesetz ist die Würde des Menschen unantastbar. Das Hartzkonzept hält diesem Grundsatz sicher nicht ein.
Dies soll allerdings auch kein Plädoyer für eine soziale Hängematte sein. Hiervon möchte ich mich distanzieren. Allerdings sollte man nach Wegen suchen, um es besser zu machen. Kritische Hinterfragungen sind ein Anfang um Missstände zu verdeutlichen. Als Fortsetzung ist geplant einige Gedankengänge zu zeigen, wie man es besser machen könnte.

 

Fotos: © Kuscheltier 2012

Kuscheltier, am 16.08.2011
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Bildquelle:
http://www.geschenke-der-hoffnung.org/ (Weihnachten im Schuhkarton)
Kuscheltier (Tunnel-Menschen - ein Leben in Dunkelheit)
sabinevanerp (Die Erhöhung eines Pflegegrads und die Verhinderungspflege)

Autor seit 13 Jahren
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