Hausinschriften als Kulturgut

Hausinschriften sind ein unmittelbares Zeugnis dessen, was man zu verschiedenen Zeiten sprachlich zum Ausdruck brachte. Im Gegensatz zur Stadt waren Inschriften auf dem Land eine Art Gemeingut, man konnte sie an nahezu jedem Bauernhof finden. Eine komplette Sammlung blieb jedoch Utopie, zum einen konnte man aus Platzgründen nicht alles archivieren, zum anderen überlebten viele Inschriften den Zahn der Zeit und den Krieg nicht. Inschriften eignen sich zum Ablesen der Alltagskultur, da Inschrift und Mensch stark miteinander verbunden sind. Im deutschsprachigen Raum ist eine recht einheitlich verlaufende Inschriftenbeliebtheit zu erkennen. Zum einen war das durch ähnliche Gesinnung gegeben, zum anderen spielte auch Nachahmung eine Rolle. Auch endete die Hausinschriftenkultur etwa gleichzeitig, nämlich mit der technischen Aufklärung, Schutzsprüche gegen z.B. Blitzschlag wurden dann eben durch Blitzableiter ersetzt.

Die Inschriften sind etwas so Persönliches, dass man sie stets von der Person aus betrachten muss. Die Eigenarten, die Glaubenswelten und Werte der Bauern spielen eine sehr große Rolle dabei. Der Hof steht als wichtigster Ausgangspunkt im Vordergrund, stellt er doch die Voraussetzungen für die Existenz. Über ihn wurde Zugehörigkeit zur Nachbarschaft zum Ausdruck gebracht, ebenso wie er für das eigene Geltungsbewusstsein diente und auch religiöse Anschauungen und modische Aspekte berücksichtigen konnte. Das alles konnte man in Hausinschriften für sich selber sprechen lassen.

Verbreitung

In Deutschland, Schweiz, Österreich, Elsass, Niederlande, Dänemark waren Inschriften an Gebäuden weit verbreitet. Im übrigen Europa entwickelte sich diese Kultur nicht, und wenn, dann nur bei öffentlichen oder kirchlichen Gebäuden. Wenn vorhandene Sprüche übernommen und / oder ergänzt wurden, dann handelte es sich nicht um Nachahmung oder Phantasielosigkeit, sondern um ein immer neues Memorieren des Spruchinhaltes. Deutschsprachige Inschriften findet man bereits im 14. Jahrhundert, die Blütezeit lag im 16. - 18. Jahrhundert. Spätere Hausinschriften entstanden meist nur noch aus der Tradition heraus und hatten mit der ursprünglichen Funktion und Bedeutung nichts mehr zu tun.

Entstehungszeit von Hausinschriften

Sinnbildliche Zeichen an den Häusern gab es bereits bei den Germanen in vorchristlicher Zeit zum Schutz und zur Abwehr, erste Inschriften sind ab Beginn des 14. Jahrhunderts belegbar. Es war also schon lange ein Wunsch, sich über Hausinschriften auszudrücken.

Die zunehmende Alphabetisierung und die Erfindung des Buchdrucks eröffneten nun die Möglichkeit hierzu, die Zahl der Hausinschriften nahm schlagartig zu. Sich selber auf diese Art und Weise auszudrücken, geschah auf freiwilliger Basis, es gab niemals weltliche oder kirchliche Ge- oder Verbote hierzu.

 

Bis etwa 1500 stellten Inschriften ein Einzelphänomen dar und war an Gebäuden von Kirche und Adel zu finden. Ab 1500 wurde daraus ein Massenphänomen und auch an Häusern von Bauern und Bürgern üblich. Die Blütezeit dauerte etwa 400 Jahre, währenddessen die Inschriften zum Allgemeingut avancieren. Das Deutsche verdrängte das Lateinische in der Spruchkultur und vielerorts gab es auch Inschriften in Mundart.

Räumliche Verbreitung

Die Hausinschriftenkultur wird als typisch deutsch bezeichnet, da sich in anderen Ländern keine entsprechende Parallele herausgebildet hat, dort beschränkt man sich auf reine Bauinschriften, zum Beispiel in Frankreich. Der Grund dafür liegt in anderen Sozialstrukturen und auch anderen baulichen Gegebenheiten. Allerdings endet die Kultur der Hausinschriften nicht an den politischen Grenzen, sondern erstreckt sich darüber hinaus bis nach Dänemark im Norden, in die Schweiz nach Süden und bis nach Rumänien im Osten. Auch Österreich, Elsass und die Schweiz müssen in die Betrachtung mit einbezogen werden. Innerhalb Deutschlands ist das Vorkommen der Inschriften ebenfalls nicht einheitlich. In Niedersachsen, Hessen und Mainfranken sind auch heute noch eine Vielzahl von Sprüchen zu finden. Im Osten ist einiges aus Sachsen und Thüringen überliefert, aus Preußen und Schlesien hingegen kaum etwas. Vor allem im ostdeutschen Bereich veränderte sich das Bild, da das Regime wohl keine religiösen Ausdrucksformen an den landwirtschaftlichen Kollektiven dulden mochte.

Ideengeber für die Themen - Bau- und Zimmerleute

Gleiche Sprüche innerhalb Deutschlands sind auf wandernde Handwerker zurückzuführen. Das ist allerdings nicht nachzuweisen und ist auch sicherlich nicht der einzige Grund, denn oft stammte der Text nicht vom Handwerker, sondern vom Auftraggeber. Nicht nur der Name der Bewohner kann in verschlüsselter Form auftauchen. Sehr oft wurde die Abkürzung "ZM" in Bauinschriften gefunden, was sich als Abkürzung für "Zimmermann" lesen lässt. Die sich anschließenden Initialen der Handwerksmeister lassen sich nur in ihrem eigenen Kirchenspiel finden, was eine Zuordnung erheblich vereinfacht.

Pfarrer, Lehrer

Gebildetere Stände hatten eine Beratungsfunktion. Vor allem häufig vorkommende Bibelzitate lassen auf die Mitwirkung von Pfarrern schließen, vor allem dann, wenn die Bibelstelle dazu angegeben wurde. Trotzdem kann man davon ausgehen, dass die Zitate der Denkweise der Bevölkerung entsprach. Je kunstvoller die Inschriften bzw. je ausgeklügelter die Chronogramme sind, umso eher muss man Mithilfe von außerhalb annehmen.

Themen

Oft dient die Bibel als Quelle für kirchliche Inschriften. Daneben existiert eine Fülle von weltlichen Inschriften. Allerdings ist das kirchliche Sprachgut in allen Teilen Deutschlands verbreiteter als das weltliche. Die Inschriften werden in vier Gruppen untergliedert. Zunächst gibt es die reine Spruchinschrift, den reinen Hausspruch. Sie beinhaltet zumeist kirchliche oder weltliche Weisheiten. Im Bauspruch wird die Fertigstellung dokumentiert. Man findet dort die Jahreszahl und eventuell auch den Namen des Erbauers. Bauinschriften waren an konkretes Ereignis gebunden, wie zum Beispiel der Grund für das Bauvorhaben oder Schwierigkeiten beim Hausbau. Auch Zeichen kommen häufig vor. Meist handelt es sich um Schmuck, Symbole oder Marken, aber auch um christliche Symbole. Sie sind zum Teil als Vorläufer oder Ergänzung der Inschrift zu sehen. Als Sonderformen der Inschrift existieren auch Rätselinschriften, Chronogramme, Runen und Stabreime.

Sonja, am 24.08.2013
3 Kommentare Melde Dich an, um einen Kommentar zu schreiben.


Bildquelle:
a.sansone (Wozu braucht man einen Schneckenzaun?)
a.sansone (Wie machen Sie eine romantische Ecke im Garten?)
Heike Nedo (Pfirsichbaum pflanzen, schneiden und pflegen)

Laden ...
Fehler!