Architekt: Albert Speer (Bild: Bundesarchiv)

Welthauptstadt Germania (Bild: Bundesarchiv)

'Berlin wird als Welthauptstadt nur mit dem alten Ägypten, Babylon oder Rom vergleichbar sein! Was ist London, was ist Paris dagegen!' - Adolf Hitler

Die Planungen für Berlin, welche zwischen 1935 bis 1943 ausgearbeitet wurden, sahen ein Kreuz aus zwei überdimensionalen Hauptverkehrsachsen vor, die, von Nord nach Süd und von Ost nach West verlaufend, im Stadtzentrum einen Schnittpunkt bildeten. Vier Ringe sollten die Verkehrsströme von den Achsen in die Stadtfläche verteilen, um den repräsentativen Charakter der beiden Prachtstraßen nicht im hohen Kraftfahrzeugaufkommen der Welthauptstadt zu ersticken. Hierbei rechnete Hitler gerade der Nord-Süd-Achse, welche er auch als 'Hauptstraße des germanischen Reiches' bezeichnete, besondere Bedeutung zu – sollten sich am Kernstück ihres insgesamt 50 km langen Verlaufs doch sämtliche relevanten Ministerien der NS-Diktatur, Botschaften, Kongressgebäude, Hotels und kulturelle Einrichtungen wie die neue Oper, Theater, Lichtspielhäuser und ein Hallenbad im Stile der römischen Thermen wiederfinden. Jenes 5 km lange Zentrum sollte sich von einem Bahnhofsneubau im Norden Moabits bis zu einem ebenfalls neu errichteten Südbahnhof in Tempelhof erstrecken und zahlreiche der Repräsentativbauten beherbergen, die Hitler auch gerne unter dem Begriff 'Monumente des Stolzes' zusammenfasste – darunter ein 117 m hoher und 170 m breiter Triumphbogen, in dessen Granit die Namen aller im ersten Weltkrieg gefallenen deutschen Soldaten gemeißelt werden sollten, der fensterlose Führerpalast und nebenan das neue Zentrum der Reichshauptstadt: die Große Halle.

Ein ganz besonderes Geburtstagspräsent

Schon 1936 übergab Hitler Speer diverse Entwürfe bzgl. seiner Vision der größten Versammlungshalle der Welt, um davon detaillierte Baupläne anzufertigen: 'Diese Zeichnungen machte ich vor zehn Jahren. Ich habe sie immer aufgehoben, da ich nie daran zweifelte, daß ich sie eines Tages bauen würde. Und so wollen wir sie nun auch ausführen.' So erhielt Hitler am 20.04.1937, zu seinem 48. Geburtstag, ausgearbeitete Grundrisse und Ansichten, 2 Jahre später sogar ein 3 m hohes Holzmodell des Äußeren der Halle wie auch eines des Innenraumes mit herausnehmbarem Boden, um den Bau auch schon vor Fertigstellung aus der ihm zugedachten Perspektive in Augenschein nehmen zu können. Doch nicht nur Hitler hätte in seiner 'Halle des Volkes' Platz gefunden – das geplante Fassungsvermögen des Kultraums belief sich auf 150.000 – 180.000 Besucher. Planungen bzgl. eines großen, zentral positionierten Baus als Versammlungsmöglichkeit für die Bewohner einer Stadt waren allerdings nicht neu – so wurden nach Beendigung des ersten Weltkriegs mit Bruno Tauts 'Die Stadtkrone' und Walter Gropius' 'Zukunftskathedrale des Sozialismus' bereits ähnliche Gedanken formuliert. Ob Hitler bzw. Speer nähere Kenntnis von diesen Entwürfen genommen, diese das Vorhaben der NS-Ruhmeshalle evtl. sogar beeinflusst hatten, ist unbekannt; jedoch fand jedes der drei Projekte sein Vorbild wohl in der mittelalterlichen Kathedrale.

'Unsere großen Kultbauten in Berlin und Nürnberg werden die Dome in den Dimensionen lächerlich machen. Lassen Sie nur so einen kleinen Bauern in unsere große Kuppelhalle in Berlin treten. Da bleibt ihm nicht nur der Atmen weg. Der Mann weiß von da an, wohin er gehört ... Das sage ich Ihnen, Speer, diese Bauten sind das Wichtigste! Sie müssen alles daransetzen, sie noch zu meinen Lebzeiten fertigzustellen. Nur wenn ich selber noch in ihnen gesprochen und regiert habe, bekommen sie die Weihe, die sie für meine Nachfolger brauchen.' - Adolf Hitler

Modell der Großen Halle, Dokumentati ...

Modell der Großen Halle, Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände (Bild: KaterBegemot)

Fiktive Bauanalyse

Nach vorläufiger Planfassung bestand die Konstruktion aus einem quadratischen Granitunterbau von ca. 315 m Seitenlänge und 74 m Höhe, während die zu einer leicht parabolischen Kurve ansetzende Kuppel, die eben jene abschließende Laterne und der auf ihr thronende Reichsadler weitere 246 m gen Himmel ragen sollten. Der runde Innenraum verfügte über einen Durchmesser von 250 m. In seinem Zentrum befand sich eine Kreisfläche von 70 m Radius, um welche, in 3 Ränge untergliedert, konzentrisch verlaufende, 30 m hohe Tribünen errichtet werden sollten. Der gesamte Raum war eingefasst in einen Kranz aus 100 kantigen, 24 m hohen Marmorpfeilern; lediglich gegenüber dem Eingang fand dieser eine Unterbrechung: eine 50 m hohe, 28 m breite Nische, deren Grund mit goldenem Mosaik ausgekleidet war – passender Hintergrund für das wohl einzige Schmuckelement im gesamten Raum: ein 14 m hoher, vergoldeter Reichsadler, der, ein eichenlaubumfasstes Hakenkreuz in seinen Fängen, auf einem Mamorsockel thronte. Irgendwo davor: Hitler.

Nach außen sollten gebündelte kannelierte Pfeiler an den Ecken des Baus, feingliedriger Fries und ein in Platzrichtung vorgelagerter Portikus die Dimensionen der 21.000.000 m³-Anlage unterstreichen. Letzterer, dessen 30 m hohe Säulen aus rotem, schwedischem Granit gefertigt werden sollten, wäre flankiert worden durch 2 15 m hohe Plastiken: linkerhand Atlas, das emaillierte Himmelsgewölbe tragend; rechterhand Tellus, die ebenfalls veredelte Weltkugel balancierend. Um den Betrachter mit der Kuppelkonstruktion nicht gänzlich zu erschlagen, hätte diese nicht direkt auf dem Unterbau gestanden, sondern optisch auf einem Reliefkranz aus 20 m hohen Pfeilern unter dem Kuppelansatz geruht. Uneinigkeit zwischen Hitler und Speer bestand nun darin, wie der Bau zu überwölben sei: während Speer, seiner Theorie vom Ruinenwert folgend, gänzlich auf die Nutzung eines Stahlskeletts verzichten wollte, hegte Hitler Bedenken bzgl. möglicher Komplikationen hinsichtlich Reparaturen nach einer Bombardierung Berlins. Der Führer und der Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt fanden bzgl. ihrer Bauplanung einen Kompromiss: während die innere Kuppel an einem Stahlgerippe aufgehängt wurde, verzichtete man beim Mauerwerk auf etwaige Hilfskonstruktionen und baute massiv. Nach außen war die Überwölbung mit Kupferplatten besetzt; sie fand ihren vertikalen Abschluss in einer ca. 40 m hohen Laterne aus Glas und Metall, auf der vorerst ein weiterer Reichsadler mitsamt Hakenkreuz installiert werden sollte. Nachdem Frankreich am 22. Juni 1940 jedoch den Waffenstillstand von Compiègne unterschrieb, überdachte Hitler seine Pläne dbzgl.: 'Das hier wird geändert. Hier soll nicht mehr der Adler über dem Hakenkreuz stehen, hier wird er die Weltkugel beherrschen! Die Bekrönung dies größten Gebäudes der Welt muß der Adler über der Weltkugel sein.' Bedenken, ein derartiges Konstrukt könnte feindlichen Bombern als Navigierhilfe hinsichtlich des Regierungsviertels dienen, entkräftete Hitler umgehend: 'Göring hat mir versprochen, daß kein feindliches Flugzeug nach Deutschland hereinkommt.'

Dimensionen des Größenwahns

Um einen Bau dieser Größenordnung zu realisieren, benötigt man allerdings auch ein ähnlich überdimensioniertes Fundament: um die Einsinktiefe des märkischen Sandes auszugleichen, bedurfte es laut Meinung der zuständigen Ingenieure eines Betonquaders, der einen Inhalt von über 3.000.000 m³ gefasst hätte. Zur Überprüfung der Richtigkeit dieser Berechnungen wurde im Berliner Umland ein Probestück jenes Fundaments hergestellt, welches heute, im Zusammenhang mit der Großen Halle, als einziges gefertigtes Teil angesehen werden kann.

Schon im Januar 1938 begannen die Vorbereitungen für das Mammutprojekt: Grundstücke wurden angekauft oder mittels Enteignungen zugänglich gemacht, Bodenuntersuchungen durchgeführt und Granit–bzw. Marmorankäufe in Finnland und Südschweden getätigt. Die Gesamtkosten für das Bauvorhaben beliefen sich auf etwa 1.000.000.000 RM, die laut Hitler jedoch durch die Einnahmen touristischer Eintrittsgelder finanzierbar gewesen wären. Wie bei vielen anderen Bauten an der Nord-Süd-Achse rechneten Hitler und Speer auch bei der Volkshalle mit einer Fertigstellung 1950, jedoch wurde aufgrund des Frankreichfeldzugs nicht einmal mehr die für den 1. Mai 1940 geplante Grundsteinlegung ausgeführt.

'Wer wollte mir damals glauben, daß dies einmal gebaut würde!' - Adolf Hitler

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