Horrorkomödie „Infestation - Nur ein toter Käfer ist ein guter Käfer“
Hier kapituliert sogar der beste Kammerjäger: In der Horrorkomödie „Infestation - Nur ein toter Käfer ist ein guter Käfer“ erobern Riesenkäfer die Erde. Fans von "Shaun of the Dead" kommen voll auf ihre Kosten.Feindbild Insekten zieht immer!
"Infestation - Nur ein toter Käfer ist ein guter Käfer" setzt einen seit den 1950er-Jahren ungebrochenen Filmtrend fort: Riesige Insekten wollen der Menschheit an den Kragen und erweisen sich für die Überlebenden als nur schwer totzukriegende Monster. Von Klassikern wie "Them!" über "The Beginning of the End" bis hin zu moderneren Themenvariationen wie Paul Verhoevens umstrittenen Science-Fiction-Kracher "Starship Troopers" oder lupenreinen Horror der Marke "Mimic": Wenn es mehr als zwei Beine hat und widerliche Geräusche von sich gibt, lauf weg oder halte mit der Knarre drauf!
Der Grund für die Beliebtheit dieses Feindbildes in "Giant Bug Movies" erklärte Jeff Goldblum im Genreklassiker "Die Fliege": "Insekten kennen kein Mitleid!". Weshalb also sollte man Empathie für einen Widersacher empfinden, der bar jeglichen Mitgefühls ist?
Doch genug des Psychoanalysierens, das bei einer Horrorkomödie wie "Infestation - Nur ein toter Käfer ist ein guter Käfer" völlig übertriebenen Aufwand darstellt. Als Beweis hierfür sei der Trailer angeführt.
Handlung - Geheimwaffe gegen Riesenkäfer: Taser!
Loser Cooper (Chris Marquette) erwischte alles andere als einen Traumstart in einen neuen Tag auf Erden: Sein tendenziell paranoider Vater Ethan (Ray Wise) wirft ihm auf dem Weg zum Büro vor, ein Versager zu sein, beim Überqueren der Straße wird er von einem Wagen angefahren und zu allem Überfluss teilt ihm seine strenge Chefin Maureen (Deborah Geffner) mit, dass er gefeuert sei. Als Cooper denkt, es könne nicht mehr schlimmer kommen, belehrt ihn das Schicksal eines Schlechteren. Im Büro seiner technisch gesehen Ex-Chefin lässt ihn ein hoher Ton ohnmächtig zu Boden sinken.
"Guten Abend aus dem neuen 'Tagesschau'-Studio! Unsere Topmeldung: In China essen sie Hunde, wie dieses Foto einer Speisekarte beweist."
Nach dem Erwachen stellt er fest, dass er sich in einem Kokon befindet. Cooper befreit sich mühsam daraus, kommt aber gar nicht dazu die Frage zu stellen, wer ihn so hübsch verpackte. Denn plötzlich steht er einem riesigen Käfer gegenüber, der ihn sofort angreift. Cooper wehrt den Angriff ab und bemerkt, dass er offenbar der einzige Mensch bei Bewusstsein ist. Alle anderen sind ebenfalls in Kokons eingewickelt oder verschwunden.
Pragmatisch befreit er neben seiner Ex-Chefin deren attraktive Tochter Sara (Brooke Nevin), die ebenso blonde wie egozentrische Wetterfee Cindy (Kinsey Packard), Albert (Wesley Thompson), dessen schwerhörigen Sohn Hugo (E. Quincy Sloan) und die Asiatin Leechee (Linda Park). Nachdem niemand so recht den Durchblick hat was eigentlich geschehen ist, schlägt Cooper vor, dass sie zu seinem Dad marschieren sollten, der als ehemaliger Elitesoldat bestimmt wisse, wie vorzugehen sei.
Neuer Sicherheitstrend bei besorgten Eltern: Sie wickeln ihre Kinder in Watte ein.
Bereits der Weg zu Ethans Haus erweist sich als gefahrvoll, zumal Cindy ihren Schwager und dessen Kinder retten möchte. Auf deren Anwesen entdeckt die Gruppe Überlebender nämlich, mit welchen fiesen Gegnern sie es tatsächlich zu tun haben: Manche Menschen mutieren nach einem Insektenstich zu Hybridwesen aus Insekt und Mensch, die den neuen Herrschern des Planeten willenlos zu Diensten sind. Als auch noch Sara, in die sich Cooper verliebt hat, von den Käfern entführt wird, erwacht in Cooper ein ungeahntes Gefühl, nämlich jenes, zum Helden bestimmt zu sein und dies seinem Vater zu beweisen …
Kritik - Irrwitzige Horrorkomödie
"Shaun of the Dead" reloaded
Bereits nach wenigen Minuten offenbart sich bei "Infestation - Nur ein toter Käfer ist ein guter Käfer" unwillkürlich ein Vergleich zu Genreprimus "Shaun of the Dead". Beide Filme setzen statt auf klassische Helden auf Loser-Typen als Protagonisten, parodieren beliebte Horrorthemen und nehmen das Genre dennoch ernst genug, um eine spannende Handlung entspinnen zu können. Keine Selbstverständlichkeit, wie Legionen an völlig misslungenen Parodieversuchen belegen, etwa der atemberaubend unlustige und schlichtweg doofe "Beilight – Biss zum Abendbrot".
Nun wäre es zu viel der Ehre, "Infestation - Nur ein toter Käfer ist ein guter Käfer" auf eine Ebene mit Simon Peggs Geniestreich zu stellen. Immerhin vermag der von Kyle Rankin inszenierte Streifen erstaunlich gut zu unterhalten, wenngleich ihm das gewisse Etwas fehlt, das "Shaun of the Dead" zum Kultklassiker geraten ließ.
"Und so, liebe Kinder, entsteht Nebel."
Der Käfer! Er läuft und läuft und …
Natürlich ist der Plot nicht gerade von besonders originellen Wendungen oder verblüffend neuen Ideen gekennzeichnet. Schließlich muss sich eine Parodie zwangsläufig innerhalb der konventionellen Grenzen des auf die Schippe genommenen Genres bewegen, um als solche wahrgenommen und verstanden zu werden. Trotzdem gelingt es "Infestation - Nur ein toter Käfer ist ein guter Käfer" eine in sich selbst schlüssige und streckenweise sogar fesselnde Story zu erzählen. Erst beim unvermeidlichen Showdown offenbaren sich ein paar dramaturgische Durchhänger, die aber glücklicherweise nicht ins Gewicht fallen.
Die Figur des Cooper kann dabei dem sympathischen Shaun aus "Shaun of the Dead" nicht ganz das Wasser reichen. Chris Marquette verleiht seiner Figur eine Spur zu glattes und cleveres Auftreten. Etwas nervig wird mit der Zeit das ständige Anbaggern von Sara (nett anzusehen, wenngleich steif: Brooke Nevin). Auch der wandelnde Blondinenwitz Cindy (Kinsey Packard) vermag nicht zu überzeugen und schmeißt mit ihrem bizarrem Verhalten die Horrorkomödie ein paar Mal aus der Bahn. Diese Kritikpunkte sind jedoch marginal und stellen Nörgeln auf hohem Niveau dar.
Bulgarien: Europas Klein-Hollywood
Produziert wurde "Infestation - Nur ein toter Käfer ist ein guter Käfer" in Bulgarien, das sich allmählich zu Europas Hollywood-Ausgabe mausert. Der Grund hierfür liegt in den buchstäblich günstigen Produktionsbedingungen. Insbesondere Filme, die für Fernsehsender oder direkt für die DVD-Verwertung bestimmt sind, werden mittlerweile bevorzugt in Bulgarien gedreht.
Vergleiche mit ungleich höher budgetierten Hollywoodproduktionen muss das von Kyle Rankin, der auch das Drehbuch verfasste, inszenierte Horrorspektakel nicht scheuen. Angesichts des extrem niedrigen Budgets verblüffen die hohen Schauwerte und die Special Effects selbst, die nicht immer den höchsten Qualitätsstandards entsprechen, aber bis auf ein paar Ausreißer im Showdown erstaunlich sauber umgesetzt wurden.
"Und das, liebe Kinder, kann geschehen, wenn man einen Kajalstift in die Mikrowelle steckt."
Dialogwitze en masse
Natürlich steht und fällt eine Horrorkomödie mit ihren Witzen. Und diese sind in "Infestation - Nur ein toter Käfer ist ein guter Käfer" reichlich vorhanden und werden meist über die Dialoge transportiert. Beispielsweise wird die aus Asien stammende Leechee gefragt, woher sie so viel über Tiere und Chemie wisse. Daraufhin erwidert sie, dass sie Studentin sei. Flüsternd fügt sie hinzu: "Von Shiatsu-Massagen".
Eigentlicher Star des Filmes ist freilich Schauspielveteran Ray Wise, der in so ziemlich allen bekannten TV-Serien der letzten Jahrzehnte Auftritte hatte ("Drei Engel für Charlie", "Dallas", "Twin Peaks", "24", "CSI", etc.), aber auch in Kinofilmen zu sehen war, unter anderem in "Jeepers Creepers" und "Die Wiege der Sonne". Seine Darstellung des leicht paranoiden, pingeligen Ex-Elitesoldaten mit liebevoller Hingabe zu seinem Schoßhündchen (woraus sich übrigens einer der besten und bizarrsten Gags des Filmes entwickelt) ist schlichtweg köstlich und in jeder Szene ein Genuss.
"Kommen wir nun zu Lektion 10 unseres Militärtrainings: 'Sich totstellen'. Hat mir in Vietnam einige Male das Leben gerettet."
Die Gagdichte mag nicht so hoch wie in "Shaun of the Dead" sein, befindet sich aber deutlich über dem, was in den letzten Jahren für teures Eintrittsgeld im Kino zu sehen war.
Fazit - Highlight des Genres: „Infestation - Nur ein toter Käfer ist ein guter Käfer“
Mit "Infestation - Nur ein toter Käfer ist ein guter Käfer" werden in erster Linie Fans von Horrorkomödien bedient. Angenehm sticht heraus, dass kein spezielles Wissen vorausgesetzt wird, um die Gags und Anspielungen verstehen zu können. Es schadet zwar nicht, beispielsweise die "Alien"-Filme gesehen zu haben oder die Ironie des "Falls es mich erwischen sollte"-Dialogs vollauf genießen zu können. Aber selbst Zuschauer, die einen Horrorfilm nicht einmal mit der Zange angreifen wurden, werden sich köstlich amüsieren!
"Infestation - Nur ein toter Käfer ist ein guter Käfer" macht nicht alles, aber das meiste richtig. Ein paar Ungereimtheiten (Charaktere verschwinden plötzlich völlig aus dem Plot, ein angeblich Schwerhöriger verfügt über ein erstaunlich gutes Gehör, Schatten bei Infrarotsicht in völliger Dunkelheit, was auch als Hommage an den berüchtigten Filmfehler in "Das Schweigen der Lämmer" aufgefasst werden kann), dramaturgische Durchhänger und dem niedrigen Budget geschuldete Special-Effects-Patzer können dem überaus positiven Fazit nichts anhaben.
Wer auf angemessenem Niveau lachen möchte und beim Anblick riesiger Käfer nicht in Ohnmacht fällt, ist mit "Infestation - Nur ein toter Käfer ist ein guter Käfer" bestens bedient!
Das offene Ende deutet übrigens auf eine Fortsetzung hin. Vielleicht wird ja dann auch erklärt, woher die Riesenkäfer kamen und wie sie binnen kürzester Zeit die Erde erobern konnten...
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Daten & Fakten
Originaltitel: "Infestation"
Regie: Kyle Rankin
Produktionsland und -jahr: USA 2009
Filmlänge: ca. 92 Minuten
Verleih: Alive - Vertrieb und Marketing/DVD
Deutscher Kinostart: -
FSK: ab 16 Jahren
Offizielle Website: www.iconmovies.net/infestation/
Bildquelle:
http://www.amazon.de
(Horrorfilme: Nach wahrer Begebenheit oder frei erfunden?)