Cover "I spit on your Grave (2010)"Die ebenso junge, wie attraktive Schriftstellerin Jennifer (Sarah Butler) mietet sich irgendwo im Süden der USA eine abgelegene Hütte. Dort möchte sie in Ruhe ihr neues Meisterwerk schreiben. Die erste Begegnung mit den Einheimischen verläuft noch friedlich: Tankstellenwart Johnny (Jeff Branson) baggert die selbstbewusste Stadtfrau auf lächerliche Weise an und erntet eine Retourkutsche, die ihn vor seinen Freunden entblößt.

 

Johnny sinnt auf Rache und beginnt, diese schon bald umsetzen. Er und seine Freunde, darunter der geistig zurückgebliebene Matthew (Chad Lindberg), stellen der feschen Jennifer nach und überfallen sie schließlich. Völlig enthemmt und in dem Bewusstsein, dass der Sheriff (Andrew Howard) mit von der Partie ist, vergewaltigen sie die junge Frau wieder und immer wieder. Doch als sie Jennifer töten wollen, um ihre Verbrechen zu vertuschen, geschieht das Unerwartete: Das Opfer entkommt.

 

Fortan beschäftigt die Hinterwäldler einzig die Frage, wie sie Jennifer erwischen und töten können, ehe sie ihnen die Polizei auf den Hals hetzen kann. Eine unberechtigte Sorge, denn die Schriftstellerin hat keineswegs vor, ihre Peiniger dem Gesetz zu überlassen. Sie nimmt auf blutige und drastische Weise Rache...

Trailer "I spit on your Grave (2010)"

Nervenschonender Torture Porn

Klassiker "I Spit on Your Grave"

Wem der Plot verdächtig bekannt vorkommt, hat natürlich recht. Regisseur Steven R. Monroe inszenierte ein modernes Remake des Horrorklassikers "I Spit on Your Grave" aus dem Jahr 1978. Auch damals wurde eine junge Schriftstellerin Opfer einer Vergewaltigung und setzte anschließend alles daran, die Täter biblischer Gerechtigkeit zuzuführen. Interessanterweise war dem ursprünglich "Day of the Woman" betitelten Streifen anfangs kein großer Erfolg beschieden. Erst der plakative Titel "I Spit on Your Grave" rückte den Film ins Zentrum des Interesses und führte zu allerlei Kontroversen, wobei ausgerechnet manche Feministinnen den Streifen auf Grund des Rachemotivs positiv rezensierten.

 

Von derlei Überlegungen ist Monroes knapp drei Jahrzehnte später entstanden Produktion Lichtjahre entfernt. Der sprichwörtliche "Torture Porn" ist zumindest in Horrorfilmkreisen salonfähig geworden und vermag nur noch dank massiver Überschreitung verbliebener Tabus zu schockieren, wie beispielsweise in "A Serbian Film" geschehen. Die schmuddelig wirkende Billigproduktion aus den späten 1970er-Jahren ist naturgemäß technisch schnörkelloser Hochglanz-Ästhetik gewichen, die sich von "Saw" & Co. kaum noch unterscheidet.

 

An den Schauspielleistungen gibt es wenig zu bemängeln. Sarah Butler verkörpert das Vergewaltigungsopfer mit glaubwürdiger Intensität, während Routinier Andrew Howard (unter anderem: "Hangover 2", "Transformers: Die Rache") mit viel Lust an Sadismus einen Sheriff gibt, der wie ein Provinzkönig über "seine" Stadt herrscht.

 

Freilich: Gerade diesen fähigen Darstellern hätten eingehende Charakterisierungen gut zu Gesicht gestanden. Leider legt das Drehbuch keinen Wert darauf, seine Figuren plastischer zu präsentieren, sondern rückt unverhohlen plakativ die Gewaltexzesse in den Mittelpunkt. Zwar empfindet der Zuschauer natürlich Mitleid für das geschundene Opfer. Doch Sarah Butlers Figur bleibt ebenso wie der restliche Cast ohne die nötigen Ecken und Kanten, um mehr als pflichtschuldiges Mitleid zu erheischen.

 

Pfiffig wie Jigsaw

Wie in einem Märchen werden die Rollen verteilt: Hier die Guten, da die Bösen. Und ebenso gleich einem Märchen ereilt die Bösen das unvermeidbare Schicksal, wobei der Racheengel keineswegs wie eine reale Frau wirkt, sondern vielmehr offenbar mit übernatürlichen Mächten im Bunde zu stehen scheint. Denn wie die traumatisierte und verletzte Jennifer einer Gruppe bewaffneter Männer entkommen kann, bleibt nicht das einzige Mysterium. Ihr perfider Rachefeldzug würde selbst Jigsaw oder den Folterknechten aus "Hostel" Respekt abverlangen. Wie sie völlig unentdeckt und ohne jegliche Hilfe all die zuschnappenden Fallen errichten kann, entzieht sich jeglicher Erklärung. Nicht nur in diesem Punkt versagt die innere Logik - in einer Sequenz am Ende des Filmes wird auf jegliche Plausibilität verzichtet und der Zuschauer vor den Kopf gestoßen.

 

Die Originalversion von "I Spit on Your Grave" präsentierte die Racheakte hingegen auf nachvollziehbare Weise, sodass diese plausibel und nicht an den Haaren herbeigezogen wirkten. Zudem schafft es Monroe nicht, Sympathie für Jennifer zu entwickeln. Ganz im Gegenteil: Mit fortschreitender Dauer des Filmes erweist sich die junge Frau als Sadistin, die offenbar Freude am Quälen der plötzlich völlig hilflosen Männer empfindet. Auf der Strecke bleibt wieder einmal die Spannung. Erbarmungslos räumt das zart gebaute Opfer unter den körperlich weit überlegenen Tätern auf. Das ist zwar mitunter kreativ und nett anzusehen, aber auch äußerst nervenschonend inszeniert.

 

Fazit: "I Spit on Your Grave" spuckt auf Charakterisierungen, Logik und Spannung, um im Fahrwasser der Torture-Porn-Welle mitzuschwimmen. Leider ist das ebenso augenscheinlich, wie auch kurzsichtig gedacht. Was ein provokanter Horrorthriller hätte werden können, avanciert somit zum braven Mitläufer aktueller Horrorströmungen.

Originaltitel: "I Spit on Your Grave"

Regie: Steven R. Monroe

Produktionsland und -jahr: USA 2010

Filmlänge: ca. 108 Minuten (ungeschnittene Fassung)

Verleih: SUNFILM Entertainment

Deutscher Kinostart: -

FSK: Freigegeben ab 18 Jahren (geschnittene Fassung)

Laden ...
Fehler!