Indianische Schamanen - Gaukler, Narren und Herrscher
Schamanen waren Mittler zwischen der Geisterwelt und den Menschen.Tänze und Gesänge waren bei den Festen allgegenwärtig (Bild: Brigitte Werner)
Sitting Bull war gleichzeitig Häuptling und Schamane
Wahrnehmungen aus Vergangenheit und Zukunft machten den Schamanen zum "Heyoka", zum "Umgekehrtmann". Auf Schritt und Tritt bestimmte Narrheit sein Tun. Er rasierte sich die linke Kopfhälfte kahl, trug die Kleidung und Mokassins verkehrt herum. Das bedeutete, dass er "gleichzeitig kam und ging". Beim Reiten saß er rückwärts, trocknete sich ab, ehe er sich wusch, brachte die Menschen zum Lachen und machte sie gleichzeitig nachdenklich. Er zeigte ihnen, dass jede Wahrheit zwei Seiten hat. Selbst die nüchterne Wirklichkeit trug ein doppeltes Gesicht. Narrheit wurde zu Weisheit und umgekehrt. Es steckte Größe in der Erkenntnis, wie fragwürdig das menschliche Leben grundsätzlich ist.
Schamanen bewiesen häufig Größe. Der Sioux-Häuptling Sitting Bull war beispielsweise auch gleichzeitig Schamane. In seiner Person vereinten sich die höchsten Ämter, die ein Stamm zu vergeben hatte. Sitting Bulls Ausstrahlung gab ihm Macht über Menschen. Die Herzen gewann er jedoch auf magische Weise, durch Visionen, die man im europäischen Kulturkreis als "das zweite Gesicht" bezeichnen würde.
Schamanen bestimmten den Ablauf der Feste und Tänze
Die Aufgaben des Schamanen reichten von der Heilkraft über das Priestertum bis hin zur herrschenden Rolle eines Stammesführers. Die Funktion des Arztes übte er jedoch nur bei Bedarf aus. Viel wichtiger war seine Rolle als Mittler zwischen der Geisterwelt und den Menschen. Vor allem die großen Feste wurden als religiöse Feiern mit Umzügen, Tänzen und Gesängen begangen. Masken, Kostüme und Musikinstrumente blieben die übrige Zeit im Tipi des Schamanen. Er gab sie aus, wenn man sie brauchte. Er bestimmte den Ablauf des Festes und studierte die Bewegungen der auftretenden Gruppen ein. Er war Regisseur und Hauptdarsteller in einer Person.
Beim Sonnenfest trat er in der geschnitzten und bemalten Maske der Sonne auf und sang die Solopartie. Kehrreime des Chors schlossen jede Strophe seiner Lieder ab. Er wurde zum Schauspieler und manchmal auch zum Gaukler oder belehrenden Narren. Von allen Erscheinungen des indianischen Volkslebens war der Schamane nicht nur die schillerndste Gestalt, sondern auch die beeindruckendste.
Bildquelle:
Fellwalker / Flickr
(Die Feuer-Zeremonien der Indianer)
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(Die Traumdeutung der Indianer)