Institutionen und Netzwerke für homosexuelle Senioren - Was Lesben, Schwule und Transgender im Alter brauchen

Homosexuelle in unserer Zeit können ohne Probleme sehr selbstbewusst zu ihrer Identität stehen. Das war aber nicht immer so, denn über Jahrzehnte hinweg waren Lesben und Schwule dazu gezwungen, ihre Sexualität aus Angst vor Diskriminierung und Verfolgung zu verbergen.

Lesben und Schwule mussten sich lange verstecken

Ältere Lesben und Schwule wurden über einen sehr langen Zeitraum ihres Lebens Opfer von Stigmatisierung. Aufgrund rigider Gesetzgebung und der fehlenden Akzeptanz in der Gesellschaft lebten sie tagtäglich in der Gefahr, denunziert, misshandelt oder gar verhaftet und verurteilt zu werden. Diese Stigmatisierung hat natürlich Spuren hinterlassen, so dass ältere Lesben und Schwule auch heute noch darauf achten, ihre Homosexualität nicht offen zur Schau zu stellen.

Homosexuelle Senioren und ihre Nöte

Lesben und Schwule leben in ganz eigenen Lebenszusammenhängen, die sich auch im Alter nicht verändern. Mit diesem Problem haben vor allem homosexuelle Senioren zu kämpfen, die ihren letzten Lebensabschnitt in einem Seniorenheim verbringen. Da Homosexualität dort kaum thematisiert wird, fühlen sie sich bei "normalen" Seniorenveranstaltungen oft sehr unwohl. Denn bei den üblichen Gesprächen über die Enkelkinder oder verstorbene Lebenspartner wird ganz selbstverständlich über heterosexuelle Lebensweisen gesprochen und andere Lebensentwürfe bleiben außen vor. Lesbische und schwule Senioren finden im Alter immer weniger Orte, an denen sie Gleichgesinnte treffen und wo sie einfach so sein können, wie sie sind, nämlich lesbisch oder schwul. Was vielen fehlt, ist das so genannte Heimatgefühl. Dies wäre umso wichtiger, weil sie ohnehin durch die Verfolgungen und Bedrängnisse vergangener Jahrzehnte nicht oder nur ansatzweise in der Lage waren, sich eine Heimat zu schaffen, die sie als Lesben oder Schwule akzeptiert.

Die lesbisch-schwule Szene bot bisher wenig für Alte

Lesbische und schwule Senioren haben aber nicht nur mit den gesellschaftlichen Gegebenheiten zu kämpfen. Leider bot auch die so jugendorientierte lesbisch-schwule Szene in den vergangenen Jahren nur sehr wenig für Senioren an, so dass sie sehr häufig alleine gelassen waren und keinen Anschluss fanden. Ältere Lesben und Schwule wurden einfach nicht wahrgenommen. Die Folge war eine Vereinsamung vieler älterer Homosexueller. Sie zogen sich zurück, hatten immer weniger Sozialkontakte und Bekannte starben weg und verkleinerten den Freundeskreis noch mehr.

Neue Angebote für lesbische und schwule Senioren

Gerade in den letzten Jahren bemüht sich die Szene aber um mehr Angebote und Anlaufstellen für homosexuelle Senioren. Beispielsweise gibt es die Gruppe Gay&Gray des Sub e.V. in München oder das Projekt "Netzwerk Anders Altern" der Schwulenberatung Berlin, in dessen Rahmen es auch Coming out Gruppen für Ältere gibt. Inzwischen gibt es in fast allen deutschen Metropolen und größeren Städten Angebote der Lesben- und Schwulenberatungsstellen oder auch der Vorort ansässigen Aidshilfen, die sich speziell an Ältere richten. Diese lesbischen oder schwulen Seniorengruppen sind in der Regel keine normalen Freizeitgruppen, denn sie bieten den Senioren auch die Möglichkeit, über ihre bisher versteckte Homosexualität zu sprechen und dadurch einen freieren Umgang mit ihrer Sexualität kennenzulernen und zu praktizieren. Eine Frucht dieser Arbeit ist auch das zunehmende Interesse junger Homosexueller. In einigen Städten haben sich inzwischen ganze Gruppen junger Homosexueller gegründet, die Patenschaften für lesbische oder schwule Senioren übernehmen. Ein Beispiel hierfür ist das Patenprojekt der Sub-Beratungsstelle in München.

Wohnen im Alter für Lesben und Schwule

Das Thema Wohnen im Alter ist für ältere Homosexuelle nicht selten ein großes Problem, weil sie neben den Sorgen, die sie mit heterosexuellen Senioren teilen, auch große Angst haben, in einer Pflegesituation Ausgrenzung oder Diskriminierung zu erleben. Leider kommt es immer wieder vor, dass schwule Männer in Pflegeeinrichtungen von Heimbewohnern und auch Pflegepersonal wegen ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert werden. Aufgrund solcher Ängste kann es für lesbische oder schwule Senioren wichtig sein, sich frühzeitig über Pflegeeinrichtungen zu informieren und bei der Auswahl darauf zu achten, dass man dort auf homosexuelle Lebensentwürfe eingeht und die besonderen Anforderungen berücksichtigt. Um sich zu informieren, sollte man entweder direkt bei der betreffenden Heimleitung fragen oder sich bei einer Beratungsstelle für Lesben und Schwule informieren. Eine solche Beratungsstelle für Fragen über lesbisches und schwules Leben im Alter ist das Rosa Alter der Münchner Aidshilfe.

 

Autor seit 13 Jahren
212 Seiten
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