Wieso, weshalb, warum?

Nachdem ich mich in meiner Kinder- und Jugendzeit wenig für Handarbeiten interessiert habe, bin ich heute der Meinung, dass diese nicht aussterben werden. Warum? Weil man bzw. Frau im Laufe der Zeit die Werte am selbst gemachten erkennen. Natürlich ist es schön, alles kaufen zu können. Aber es selber zu machen ist immer etwas Besonderes und vor allem etwas ganz Persönliches.

Mit der Geburt meiner ersten Tochter veränderten sich die Prioritäten in meinem Leben. An erster Stelle kam immer das Kind. Hab ich beim Einkaufen vorher überlegt, ob ich manche Dinge wirklich brauche, so wurde der Kleinen fast jeder ausgesprochene und unausgesprochene Wunsch erfüllt. Da kleine Kinder noch wenig Wünsche haben, äußert sich das zunächst in ihrem Kleiderschrank. Jedes niedliche Kleidungsstück wurde gekauft - von mir oder auch von den Großeltern. Kauft man nicht gerade bei Esprit, halten sich die Preise für Babykleidung noch im Rahmen. Oft gibt es Shirts oder Hosen im Doppelpack. Werden die Kleinen größer, ändert sich das. Sprunghaft werden die Kleider teurer, ebenso sprunghaft wachsen die Kinder aus ihnen heraus. Im Kindergarten wurden wir immer häufiger mit den Worten "dieses T-Shirt hab ich auch" begrüßt. Auch wenn dieser Satz im Kindergarten noch als "Qualitätsmerkmal" gilt, so nervte er mich ein wenig. Und da mir immer mehr Bekannte und Freundinnen von ihren Nähwerken berichteten, war ich der Meinung, dass Nähen so schwer nicht sein kann. Ich erbettelte mir eine der Nähmaschinen meiner Oma und nahm mir vor, meiner Tochter ein paar Sachen zu machen, die nicht jedes zweite Kind im Kindergarten auch hatte.

Der schwere erste Stich

Nun hatte ich eine Nähmaschine, aber von der tollen selbst gemachten Kleidung war ich noch weit entfernt. Ich scheute mich, viel Geld für Stoff auszugeben, der am Ende im Mülleimer landet oder gar nicht verwendet wurde. Also musste auch hier Omas Fundgrube herhalten. Leider war der Stoff nicht ganz das, was ich mir vorgestellt hatte, aber zum ersten Üben sollte es reichen. Ich versuchte mich an einem einfachen Rock aus Omas altem Vorhangstoff. Ich habe eine gerade Stoffbahn ausgeschnitten, zusammengenäht, versäumt und mit einem Gummibund versehen. Was den Stoff betrifft, war der Rock nach meinem Geschmack furchtbar, aber meine Tochter wollte ihn gar nicht mehr ausziehen. Von diesem ersten Erfolg beflügelt nahm ich all meinen Mut zusammen und kaufte einige verschiedene Stoffe und ein paar Schnittmuster.

Nähen für Anfänger

Zum Ausprobieren und Üben gibt es viele verschiedene Schnittmuster frei im Internet. Ich versuchte mich daher zunächst an Halstüchern und Knister-Labeltüchern. Ich war positiv überrascht von den Ergebnissen. Auch wenn ich am Anfang mehr aufgetrennt als genäht habe, so wurden die Nähte zusehends besser und ich immer sicherer. Was aber am Wichtigsten war, es machte mir Spaß.

Wendehalstuch für Babys und Kleinkinder

Erfolg macht süchtig

Daher traute ich mich bald an die ersten Shirts für die Kinder. Auch hier machte Übung den Meister. Wusste ich beim ersten Shirt noch nicht wirklich, welche Naht man am besten wann näht, ging das zweite T-Shirt schon recht flott von der Hand oder besser gesagt, von der Nadel. Erfolg macht süchtig und mit jedem gelungenen Werk machte ich weiter. Nach einigen Projekten wurde es Zeit, den Rock aus Omas Vorhangstoff zu ersetzen. Ein feines Stöffchen hatte ich mir ausgesucht. Ich merkte schnell, wie unterschiedlich sich die verschiedensten Stoffe nähen ließen. Manche gingen besonders gut, andere ließen mich fast verzweifeln. Aber aufgeben gilt nicht. Nach einer langen Nachtschicht war der selbst genähte Rock fertig. Ich war begeistert - und meine Tochter auch.

Kinderrock Schnitt Adeline

Die nächsten Wünsche und Ideen sind natürlich schon in meinem Kopf. Die Nähmaschine wird also weiter rattern.

Und da ich noch vor einigen Jahren geschworen hätte, dass ich in Sachen Nähen absolut talentfrei bin, bin ich sicher, dass viele vor und nach mir genau diesen Weg zur Nadel gegangen sind oder gehen werden. Und wem das Nähen tatsächlich nicht liegt, der entdeckt vielleicht die Möglichkeiten des Strickens. Ich habe schon so manche Frau erlebt, die für die eigenen Kinder oder spätestens für die ersten Enkelkinder zum Handarbeitsteufel wurde.

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