Schwule und wie man sie sich vorstellt - Tuntig, extrovertiert und zickig – gängige Klischees über schwule Männer

Schwule Männer mussten sich schon immer nicht nur gegen Diskriminierung und Intoleranz wehren, sondern auch gegen Klischees, mit denen sie belegt wurden. Ein solches Schubladendenken gegenüber Schwulen ist weit verbreitet, allerdings stellt sich die Frage, ob Schwule wirklich so sind, wie sie beschrieben werden.

Das gilt als typisch schwul

Im Alltag begegnet man ja nicht im Minutentakt schwulen Männern, aber es gibt eine Veranstaltung, auf der man alle gängigen Klischees auf einem Haufen findet: der CSD (Christopher Street Day). Wenn sich die schwule, lesbische und transidente Gemeinde einmal im Jahr trifft, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen und sich öffentlich für die Anliegen homosexueller Menschen stark zu machen, dann sieht man sie, die halbnackten Adonisse, die stöckelbeschuht tanzenden Transen, fetischliebende Lederkerle und gutgelaunte Jungschwuppen, die zickig-tuntig den Catwalk dieses schwulen Mega-Events für sich in Beschlag nehmen. Auf den CSD's der Welt werden dem geneigten Betrachter alle bekannten und beliebten Klischees vor Augen geführt, die schwule Männer als zickig, tuntig, extrovertiert, transig, fetischverbunden und sexuell ausschweifend abstempeln. Aber ist der Schwule wirklich so, wie er von vielen gesehen wird?

Gründe für gängige Klischees

Wie sind diese Klischees aber entstanden, woher kommen die manchmal abstrusen Vorstellungen, die in den Köpfen so mancher Heteros herumgeistern. Es gibt verschiedene Ursachen, die dazu beigetragen haben, dass das vorhandene Bild entstanden ist, zum Teil sind sie hausgemacht, zum Teil tragen aber auch äußere Gegebenheiten dazu bei, ein bestimmtes Bild von Schwulen Männern in die Wohnzimmer unserer Gesellschaft zu transportieren.

Hausgemachte Vorurteile

Leider haben sich die Schwulen solche Klischees teilweise selbst eingebrockt. Zuerst einmal muss konstatiert werden, dass sich nicht alle Schwulen zur Szene gehörig fühlen, weil sie ihre häufig vorhandene Oberflächlichkeit ablehnen. Nicht jeder Schwule darf also automatisch als das gelten, was die Szene ausmacht, nämlich ihre Vielgestaltigkeit. Auch wenn sich die meisten Schwulen im Alltag als absolut gesellschaftsfähig erweisen und in ihrem privaten Umfeld nicht anders geben als Heteromänner, so gehören auch die zur schwulen Szene, die vor allem aufgrund ihres extrovertierten und femininen Auftretens die vorhandenen Klischees bestätigen. Die schwule Szene ist unbestritten bunt wie der Regenbogen und für jede Art von Lebensentwurf und sexuelle Vorliebe bietet die Szene eine entsprechende "Spielwiese". Diese Buntheit darf aber nicht den Fehlschluss nach sich ziehen, dass alle Schwulen die gleichen Lebensentwürfe und sexuellen Vorlieben hätten. Hier braucht es von innen und außen einen genauen und differenzierenden Blick und nicht das berühmte "über einen Kamm scheren".

Einseitige Medien untermauern Klischees

Auch die Medien tragen häufig zur Untermauerung der herrschenden Klischees bei und hier vor allem die meist sehr einseitige Bildberichterstattung. Schaut man sich die Berichte zu den CSD's an, so hat man den Eindruck, dass einzig die "schrillen Vögel" im Fokus der Foto-Journalisten stehen.  Als gäbe es nur diese, werden alljährlich vor allem auf die foto-affinen und schlagzeilenträchtigen Schwulen als Motiv ausgewählt und finden den Weg auf die Titelseiten. Natürlich ist es für den Leser interessanter, sich an sportlichen und spärlich bekleideten Männern oder in knappe Outfits gewandeten Transen zu ergötzen als an alten Schwulen mit Bauchansatz und politisch motiviertem Plakat in der Hand. Auch der sich dem Master ergebende Sexsklave macht natürlich mehr her als die junge Lesbe in Jeans und T-Shirt, die sich durch die Teilnahme an der CSD-Parade für die Gleichstellung von Schwulen, Lesben und Transgendern stark macht.

Unwissenheit hält Klischees am Leben

Eine weitere Ursache für das Überleben von Klischees über Schwule ist die Unkenntnis vieler Menschen. Die meisten Heteros haben nur wenig Kontakt mit Schwulen, kommen nur selten mit schwulen Arbeitskollegen, Bekannten oder Freunden in Berührung. Dadurch erleben sie Schwule und ihre oft völlig normalen Lebensentwürfe natürlich nicht in alltäglichen Lebenszusammenhängen. Die Folge ist dann nicht selten der Rückzug auf bereits vorhandene Klischees und in den Köpfen setzt sich ein entsprechendes Bild fest.

Klischees überwinden ist schwierig

Die meisten Schwulen sind verständlicherweise nicht glücklich darüber, in Schubladen gesteckt werden, in die sie eigentlich nicht gehören und wollen. Was müsste geschehen, um Klischees zu überwinden? Die Hauptaufgabe liegt wohl darin, immer wieder zu verdeutlichen, dass das, was man bei einem CSD zu sehen bekommt, nicht das alltägliche Leben schwuler Männer widerspiegelt. Zudem wäre es hilfreich, wenn in der Gesellschaft eine noch stärkere Offenheit für das Thema Homosexualität und die Bereitschaft vorhanden wäre, sich intensiver mit den Lebensentwürfen schwuler Männer auseinanderzusetzen, zumindest dann, wenn man merkt, dass im eigenen Umfeld Schwule leben, arbeiten und lieben.

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