Was wir konsumieren frisst Material und Energie

Eine Binsenweisheit. Das ist ja nicht neu! Und dennoch: denken wir beim Kauf eines T-Shirts, eines Möbelstückes, eines neuen Flachbildschirmes u.s.w. daran, wieviel Material und Energie darin steckt? Wir fragen, welche Effiizensklasse der Kühlschrank hat, ohne kritisch zu hinterfragen, ob es ein kleineres Modell nicht auch täte.

Der Materialverbrauch unserer heutigen Produkte ist enorm gestiegen. Ich zitiere aus dem Buch "Selbst denken - eine Anleitung zum Widerstand" von Harald Walzer:

"... viele Produkte erfordern selbst immer mehr Material. Autos zum Beispiel verzeichnen über die letzten Jahrzehnte ein spektakuläres Wachstum. Ein VW-Golf hat im Lauf seiner Bauzeit von 750 Kilogramm Gewicht auf 1,2 Tonnen zugelegt. Noch extremer ist der Mini ..." (siehe oben) Wog der heutige Kultwagen in den 60er Jahren 617 Kilogramm, so wiegt das kleine Model Mini Cooper heute 1185 Kilogramm. "Die Größe des heutigen Mini übertrifft lässig die des einstigen Inbegriffs des Oberklasse-Sportwagens Porsche 911."

Bei manche Familien stehen ein oder zwei (oder drei) Wagen in der Garage. Auf dem Land sind zwei Autos normal. "... und in denselben Haushalten finden sich sechs Flatscreens, eine Klimaanlage, ein amerikanischer Kühlschrank ... und überhaupt eine sogenannte Landhausküche, mit deren technischer Ausstattung man zwei voll belegte Jugendherbergen versorgen könnte" (Zitat Seite 25 des o.g. Buches)

Vielleicht protestiert jetzt mancher Leser innerlich: bei mir ist es nicht so. Und doch gibt es wohl kaum einen Haushalt, der von sich behaupten kann, dass er alle Dinge, die er besitzt wirklich braucht, sie regelmäßig verwendet und daran Freude hat (Ausnahme sind eingefleischte Minimalisten). 

Alles was wir konsumieren verbraucht Material und zur Verarbeitung dessen Energie. Dann, während wir die Dinge benutzen, werden weiter Material und Energie verbraucht (Kraftstoff, Strom, Wasser, Zeit, Platz zum Aufbewahren) und zuletzt, nach einer oft viel zu kurzen Lebensdauer, folgt im besten Fall ein energieaufwendiges Wiederaufbereiten, um die inzwischen knapp gewordenen Materialien für neue kurzlebige Produkte zu gewinnen.

Weiter wachsen mit Wind- und Sonnenenergie? Das geht nicht gut!

Wir können uns eine Solaranlage aufs Dachs bauen und verbrauchen nur noch grünen Strom. Wir fahren natürlich ein Elektroauto und wohnen in einem gut isolierten Haus. Aber all das verbraucht ebenso Material wie ein Benzin-Auto. Und der elektrische Wäschetrockner wird in der Herstellung nicht "grüner", wenn wir ihn endlich anschaffen (schließlich frisst er ja unseren eigenen grünen Strom). Sein Kauf wirkt auf unsere gedacht positive Öko-Bilanz der Solaranlage negativ. Bedenkt man weiter, dass auch diese produziert und irgendwann wieder entsorgt werden muss, könnte die Bilanz gänzlich kippen. Die Lösung: selber denken - ist der elektrische Trockner wirklich notwendig?

Die Flügel der Windräder für saubere Windenergie werden aus Carbonfasern produziert. Das ist ein relativ neues, enorm stabiles und vor allem leichtes Material. Allerdings werden zur Herstellung sehr hohe Temperaturen benötigt und noch ist nicht klar, wie man diese später wieder umweltfreundlich entsorgt. Beim Verarbeiten der Fasern sind besondere Schutzmaßnahmen vonnöten, denn sie gelten als gesundheitsschädlich. 

Trotzdem finde ich den Weg hin zu mehr erneuerbaren Energien richtig. Um die Zukunftsfähigkeit unseres Planeten zu erhalten, braucht es aber mehr als den Glauben an moderne Technik. Ein stetiges Wirtschaftswachstum ohne stetiges Verbrauchen von Ressourcen ist nicht möglich. Egal ob mit Sonnenenergie produziert oder Atomkraft, unser überdimensionierter Verbrauch an Konsumgütern zerstört die Erde. Hierfür gibt es nur eine Lösung: weniger konsumieren!

Zitat Harald Walzer Seite 24: "Allein im 20. Jahrhundert wurde mehr Energie verbraucht als während der kompletten Menschheitsgeschichte davor."

Es darf nicht passieren, dass die erneuerbaren Energien dazu verführen, nun noch mehr Energie zu verbrauchen. Die grüne Energie muss Ersatz sein. Sie darf nicht zusätzlich zur Kohle- und Atomenergie den Planeten weiter belasten. 

Aus Wachstum muss Kreislauf werden

Noch hat niemand ein Perpetuum Mobile erfunden. Wikipedia definiert wie folgt: es sind "... Geräte ..., die – einmal in Gang gesetzt – ohne weitere Energiezufuhr ewig in Bewegung bleiben und dabei je nach zugrundegelegter Definition möglicherweise auch noch Arbeit verrichten sollen." Ressourcen, die der Erde entnommen werden, sind entweder in der Form verloren, oder sie können nachwachsen oder in anderer Form wieder in den Kreislauf zurückgehen. Nichts kann ständig wachsen ohne an anderer Stelle etwas dafür zu entnehmen oder gar zu zerstören. Nur ein Weg führt zurück in die Nachhaltigkeit: weniger Konsum, weniger entnehmen, die Dinge wieder länger nutzen, mehr Zeit für das tatsächliche Benutzen der Dinge verwenden. 

Wieviel weniger es sein soll, muss jeder für sich entscheiden. Unsere Politiker sind der Wachstumsreligion so verfallen, dass sie gar nicht gewillt sind, gegen den überdimensionierten Konsum steuernd einzugreifen. Wir müssen selbst denken. Was brauchen wir? Wie viel? Wofür? Lohnt es sich, immer mehr zu arbeiten, für kurzfristige, scheinbare Bedürfnisse? Der Glaube an ewiges Wachstum führt in die Sackgasse. Und die Ausrede, einer allein wäre machtlos, bleibt eine Ausrede. Unsere Enkel fragen später nicht, was Politiker soundso getan hat, sie wollen wissen, wie wir als Großeltern ganz konkret gelebt haben.

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