Weihnachtsgeschenke als Tradition

Warum werden zum Weihnachtsfest Geschenke verteilt? Eigentlich dachte ich, Google weiß alles. In diesem Fall nicht. Auch Wikipedia beantwortet die Frage nicht. Dafür kann man hier nachlesen, dass die Tradition des Schenkens bis in das 13. Jahrhundert zurückgeht. Es ist also seit Jahrhunderten so, dass beschert wird. Am Anfang wurden die Gaben nur am 6. Dezember verteilt, am Nikolaustag. Später, nach der Reformation, verlegte man das Datum, da die evangelische Kirche keine Heiligen verehrt. Nikolaus blieb uns trotzdem erhalten. Heute schenken wir eben zweimal. Am Nikolaustag kleiner und bescheidener und zu Weihnachten immer großzügiger. Die Art, wie die Geschenke übergeben werden, variiert weltweit. In Deutschland wird bereits am Heiligabend, den 24. Dezember beschert. In anderen Ländern wie England und Amerika einen Tag später oder in der Nacht zum 25. Dezember. Auch die Überbringer sind nicht die gleichen. In Norddeutschland klopft der Weihnachtsmann an die Tür, im Süden kommt das Christkind. Nur eines ist vermutlich immer gleich, sowohl die Schenkenden als auch die Beschenkten erleben bei der Übergabe Ihrer Gaben erfreuliche Überraschungen oder eben das Gegenteil. Wobei es üblich ist, sich die zweite Variante nicht anmerken zu lassen. Schließlich möchte man den Schenkenden nicht verletzen. In Zeiten, in denen wir im Handel beinahe alles kaufen können, dürfte es doch nicht schwer sein, jemanden eine Freude zu machen. Warum fühlen sich dann manche durch diese Tradition so gestresst?

Geschenke früher und heute

In einem Weihnachtsgedicht von Theodor Storm wird Knecht Ruprecht vom Christkind gefragt: "Hast denn das Säcklein auch bei dir?" Die Antwort lautet: "Das Säcklein das ist hier, denn Äpfel Nuss und Mandelkern essen fromme Kinder gern." Süßes Naschwerk und Früchte aus dem warmen Süden waren kostbare Geschenke. Wenn man bedenkt, dass im Mittelalter Zucker so teuer war, dass ihn sich arme Bauern nicht leisten konnten, wird das verständlich. Mit Honig wurden Steuern bezahlt. Alles was süß ist, füllt heute selbstverständlich die Weihnachtsteller, früher waren diese Dinge selten. Ebenso weisen Texte in Kinderliedern darauf hin, dass die Weihnachtsüberraschung durchaus vorhandenes Spielzeug war, erneuet und repariert . "Meine Puppe ist verschwunden, hab nicht mal den Bär gefunden. So viel Heimlichkeit in der Weihnachtszeit." Vielleicht bekam die Puppe ein neues Kleid und dem Bär wurde endlich das Loch im Rücken gestopft? Langte es noch für ein Paar neue Schuhe, weil sie dringend gebraucht wurden? Nicht immer konnten sich Menschen so reich beschenken wie heute. Nützliche Dinge auf dem Gabentisch waren nicht ungewöhnlich. Heute hat sich in den reichen Industriestaaten die Kultur des Schenkens geändert. Für den Einzelhandel sind die Monate November und Dezember die umsatzstärksten des ganzen Jahres. Nicht nur die Eltern schenken Spielzeug, sondern auch die Großeltern, eventuell sogar Tanten und Onkel. Wächst ein Einzelkind in einer sonst großen Familie auf, wird es regelrecht überhäuft mit Gaben, die alle nur gut gemeint sind. Wird aus dem Kind ein Jugendlicher, ist es nicht mehr so einfach, das Passende zu finden. Es gibt alles im Überfluss, aber der Jugendliche hat einen ganz konkreten Wunsch. Leider sind diese Wünsche nicht immer bescheiden und erfüllbar. Dann liegt von Eltern, Großeltern, Tanten und Onkeln unter dem Weihnachtsbaum vielleicht nur noch ein Briefumschlag mit Geld.

Wir schenken uns nichts - geht das gut?

In früheren Jahrhunderten wurden nur Kinder beschenkt. Heute schenken sich alle untereinander etwas. In manchen Familien, so auch in meiner, beschenken wir inzwischen erwachsenen Kinder unsere Partner, unsere eigenen (inzwischen erwachsenen) Kinder, unsere Schwiegerkinder, wenn vorhanden Enkelkinder, unsere Eltern und auch uns als Geschwister untereinander (wird sind vier Geschwister). Dazu kommen, wie in Patchworkfamilien üblich, die Kinder unserer neuen Partner. Da bedarf es tatsächlich einiger Anstrengung, für jeden etwas zu finden. Nicht nur die Ideenfindung ist anstrengend, der eigene Geldbeutel soll auch nicht überlastet werden. Was liegt bei einer großen Familie näher, als sich darauf zu einigen, die Bescherung auf wenige Personen einzuschränken? Im Idealfall sind sich erwachsene Geschwister einig, darauf zu verzichten. Wenn einer darunter ist, der trotzdem etwas schenken möchte, und selbst aber vom Beschenkten nichts bekommt, setzt das von beiden Seiten Toleranz voraus. In manchen Familien sind die Einkommensverhältnisse der Parteien sehr unterschiedlich. Auch hier ist es wichtig, das Geschenk nicht in Geld umzurechnen, sondern als das zu betrachten, was es sein soll: eine Aufmerksamkeit, eine Kleinigkeit, die Freude machen soll, ein Zeichen "Ich hab an Dich gedacht". 

Und in diesem eigentlichen Sinn von Geschenken liegt meiner Meinung nach das Problem, wenn sich nahestehende Personen einigen, die Tradition auszusetzen. Eine kleine Aufmerksamkeit macht Freude. Auf diese gegenseitig zu verzichten, mag vor dem Fest praktisch sein, kann am Tag der Bescherung aber auch traurig stimmen.

Argumente für den Verzicht auf Geschenke

 

  • Sie sparen Zeit und Geld
  • Sie brauchen sich keine Gedanken machen, was geeignet wäre
  • Sie können nichts Falsches schenken
  • Sie können nicht versehentlich etwas doppelt schenken
  • das Gefühl, zu wenig oder zu viel zu schenken, bleibt aus
  • Sie können sich einreden, modern zu sein und dem Konsum zu entsagen
  • man tut etwas für die Umwelt, wenn auf unnütze Geschenke verzichtet wird
  • Sie müssen sich nicht verbiegen, wenn Sie den zu Beschenkenden gar nicht mögen

Wir schenken uns etwas - Vorfreude ohne Stress

Weihnachten ist ein Fest der Familie. Oft treffen sich zu den Feiertagen mehrere Generationen, die sich sonst nur selten sehen. Die gemeinsame Bescherung gehört zu den Höhepunkten. Wird mein Geschenk dem anderen gefallenen? Besonders wenn viel Zeit oder Geld in einer Überraschung steckt, ist die Spannung groß. Vielleicht kennen Sie das Gefühl des Glücks, wenn Sie genau das Richtige getroffenen haben? Dann freuen sich beide Seiten gleichermaßen. Dabei kommt es nicht darauf an, besonders teuer zu schenken. Ich persönlich habe eine Grundregel: Schenke nie etwas, was dir nicht selbst ausgesprochen gut gefällt. Das muss nicht gekauft sein. Eigene Dinge aus der Küche, Marmelade, Weihnachtsgebäck, Pralinen, getrocknete Kräuter oder gebastelte Kleinigkeiten kosten kein Vermögen. Darin steckt oft viel Liebe. Diese Dinge können ruhig an mehrere Personen verschenkt werden. CD's, Bücher, Wein oder kulinarische Freuden passen oft. Wer dabei nicht erwartet, immer perfekt zu schenken, kann die Bescherung gelassener angehen. Sie werden nie immer alle gleich beglücken. Stressfreier werden die Besorgungen, wenn Sie das ganze Jahr die Augen offen halten. Wer ein Geschenkefach einrichtet, in dem sich Dinge sammeln, die zum Verschenken gedacht sind, braucht Weihnachten nicht in Hektik verfallen. Im Urlaub finden sich oft Dinge, die geeignet sind. 

Stressfrei schenken funktioniert, wenn Sie sich davon verabschieden, perfekt sein zu wollen. Vergleichen Sie Ihre Gaben nicht im Wert mit anderen. Wenn jemand teuer schenkt, ist es seine Sache. Sie müssen nicht ebenso teuer einkaufen. Wichtig ist, dass der Empfänger spürt, es kommt von Herzen. Die Bescherung zu Weihnachten ist kein Wettbewerb sondern eine Herzensangelegenheit. Da ist es tatsächlich manchmal besser, sich Zeit zu schenken. Es darf also auch ein Gutschein für einen gemeinsamen Ausflug sein.

Argumente, die für das Schenken sprechen

 

  • man möchte dem anderen eine Freude machen
  • Sie können selbst schon Vorfreude genießen, besonders bei aufwendigen Geschenken
  • vielleicht stöbern Sie gerne durch Läden und haben Spaß beim Aussuchen?
  • Sie folgen einer Tradition, die seit Generationen gebräuchlich ist
  • beide Parteien, der Beschenkte und der Schenkende, kommen sich näher
  • sich etwas zum Fest zu schenken, kann ein Akt der Versöhnung sein

Auch mit kleinen Dingen zeigen Sie, dass Sie an den anderen gedacht haben, nicht nur direkt zum Fest, sondern schon lange vorher. Dazu ist nicht viel notwendig. Weihnachten ist zuerst ein Fest der Liebe, erst in zweiter Linie eines der Geschenke. Diese sollten nicht überbewertet werden. Ganz fehlen dürfen sie meiner Meinung nach aber auch nicht. Ich würde sie vermissen.

Wenn Sie gerne Schenken und Weihnachten über die eigene Familie hinaus schauen, packen Sie doch einen Schuhkarton für Weihnachten. Ich war im letzen Jahr mit meinen Töchtern gemeinsam unterwegs, um drei solche Kartons zu füllen. Das hat viel Freude gemacht, war anstrengend aber ein herrlicher, gemeinsamer Tag.

Autor seit 13 Jahren
152 Seiten
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