Konzentration und Halbherzigkeit - Begleiter des Lebens
Gedanken eines Zen-SchülersDer vergessliche Meister
"Mein ganzes Leben habe ich es nicht geschafft, konzentriert zu sein. ständig habe ich meine Tasche und Dinge irgendwo liegen gelassen" – diese Worte stammen von Shunryu Suzuki Roshi, einem der bedeutendsten Zen-Meister des 20. Jahrhunderts und das scheint zunächst verwunderlich. Es stellt sich die frage, was meint "Konzentration". Gewöhnlicherweise setzen wir Konzentration mit Kontrolle gleich. wir glauben, wenn wir nur "konzentriert genug" sind, gelingt uns alles und wir haben die Dinge "im Griff". das ist ein großer Irrtum. Achtsamkeit, oder wie Meister Tenryu oft sagt "Gegenwärtigkeit" meint etwas anderes. es heißt, unbewusst und natürlich der Bewegung des Kosmos zu folgen, im Moment aufzugehen. doch auch hier kann es Missverständnisse geben. es heißt nicht, sich mit den Umständen, dem Moment gemein zu machen, einfach alles hinzunehmen und mitzumachen, sondern unbewusst und natürlich in jeder Situation zu wissen, was zu tun ist, und dies auch zu TUN, OHNE ZÖGERN. Im Sandokai heißt es: "lenken wir unseren schritt nach vorn, hier und jetzt, gibt es weder nah noch fern. der geringste Zweifel jedoch wirft einen Abgrund auf, so tief wie zwischen Berg und Fluss."
Das heißt im Wesentlichen, die Einmaligkeit des Moments zu verwirklichen. Beim Nähen meines Rakusu habe ich eines sehr stark und sehr direkt erfahren: der Mensch neigt in seinem tun oft zur Halbherzigkeit, oder vielmehr: ich tue dies. Es gibt etwas, das uns immer glauben lässt, es gäbe eine zweite Chance, ein davonkommen, und diese Halbherzigkeit ist oft unbewusst unser Begleiter, auch wenn wir meinen, wir seien ernsthaft in unserem Tun.
Gaku Zan - C. René Hirschfelds Blog-Seite über Zen, Buddhismus und Welt
Den Moment verwirklichen
Das heißt im Wesentlichen, die Einmaligkeit des Moments zu verwirklichen.
Beim Nähen meines Rakusu habe ich eines sehr stark und sehr direkt erfahren: der Mensch neigt in seinem tun oft zur Halbherzigkeit, oder vielmehr: ich tue dies. Es gibt etwas, das uns immer glauben lässt, es gäbe eine zweite Chance, ein davonkommen, und diese Halbherzigkeit ist oft unbewusst unser Begleiter, auch wenn wir meinen, wir seien ernsthaft in unserem tun.
Es gibt auch hierzu eine schöne Geschichte von Suzuki Roshi in seinem Buch "not always so". Er war mit seinen Schülern im Fluss baden und obwohl er nicht schwimmen konnte, wagte er sich recht weit hinein. plötzlich verlor er den Boden unter den Füßen. da er sich sicher war, seine Schüler würden ihn retten, so schreibt er, war er selbst in seinem Tun in diesem Moment nicht ernsthaft, sondern halbherzig, "unkonzentriert" und zappelig. Er schreibt, nachdem er dies erkannt hatte, habe sich seine Praxis auch in fortgeschrittenem Alter noch einmal grundlegend geändert. oder mein Cousin, der (schwerer Asthmatiker und dennoch starker Raucher) selbst sagt: "Wir Raucher interessieren uns erst für den Lungenkrebs, wenn wir ihn haben, bis dahin glauben wir, davonzukommen."
Der halbherzige Schüler
Beim Nähen des Rakusu für meine Ordination ertappte ich mich wieder und wieder dabei, obwohl ein stich nicht genau und gut war, nicht zu trennen sondern weiter nähen zu wollen mit der unbewussten Einstellung "naja, das wird schon so gehen".
Aber es gibt keine zweite Chance, niemals. Dieser Stich ist dieser Stich und der Moment schon vorbei bevor wir anfangen zu zögern. Und es gibt kein Davonkommen. Hier und jetzt mit ganzem Herzen, das meint Achtsamkeit, Gegenwärtigkeit. Sich selbst in jedem Moment vollständig verbrennen – "das Feuerholz sieht die Asche nicht. die Asche sieht das Feuerholz nicht" sagt Dogen Zenji. oder, wie Meister Tenryu gern sagt: ins Wasser springen, nicht hineinfallen.
Gewöhnlicherweise wird der Mensch vom Leben herumgewirbelt wie in einem Ozean, mal mehr, mal weniger. Man hält still, solange es angenehm ist und strampelt dagegen, wenn die Richtung einem nicht gefällt.
Den WEG zu gehen, bedeutet weder, still zu halten und sich von den wogen verschlingen zu lassen, noch herumzuzappeln. Auch nicht, lächelnd am Ufer zu stehen und distanziert zu erwägen, was geschehen würde, wäre man im Wasser.
Den Weg zu gehen meint, ohne Angst und ohne Halbherzigkeit, in vollem vertrauen jeden Moment aufs neue ins Wasser zu springen und loszuschwimmen.