Gabriele Senn Galerie | Hans ...

Gabriele Senn Galerie | Hans Weigand, Welle aus dem 16. Jh (Bild: Courtesy of Gabriele Senn Galerie Wien)

neugerriemschneider | Ai Weiwei, Iron Tree Trunk, 2015

© Ai Weiwei, courtesy the artist and neugerriemschneider, Berlin

 

 

Aus Alt mach neu

In der Kunst ist es wie in der Literatur: Es kommt zu einem Déjà-vu-Gefühl. Vieles hat man doch schon einmal gesehen, nur anders. Kein Wunder: Nicht wenige Themen werden zitiert, neu aufgegriffen und variiert mit dem Ziel, eine neue Version zu schaffen, als ein künstlerisches Weiterdenken, das sich Bahn bricht, hinein in die Unverbrüchlichkeit. Nehmen wir einmal "Akt, die Treppe heruntersteigend" von Carina Linge (Jarmuschek + Partner): Sogleich steigt die Erinnerung hoch an Gerhard Richters "Emma, Akt auf einer Treppe" von 1966. In der Tat, die Szenerie ist verwandelt, die Fluchtpunkt-Situation ist erweitert und dadurch geheimnisvoller, der Akt rückt in den Hintergrund und die Treppe wird zum Blickfang. Hans Weigand (Gabriele Senn Galerie) orientiert sich mit "Welle aus dem 16. Jh" an Katsushika Hokusais "Die große Welle vor Kanagawa" (Vollendung 1833). Allerdings sind bei Weigand keine dem Untergang geweihten Boote zu erkennen, seine Welle gleicht einem alles verschlingenden Ungeheuer, einem Meer-Moloch. Bei Ai Wei Wei (Galerie neugerriemschneider) erhält man eher den Eindruck, als würde er sich selbst kopieren, um auf dem bereits Erreichten aufzustufen. Bezaubernd ist sein "Iron Tree Trunk", ein Objekt, das als wuchtiges, ausgreifendes Massiv astlos in die Höhe ragt wie der Turmbau von Babel, als würde die Natur still den Himmel küssen.

 

Galleri Opdahl | Rebecca Ackroyd ...

Galleri Opdahl | Rebecca Ackroyd, Gutter, 2017 (Bild: Courtesy of Galleri Opdahl, Photo: Gabrielle Laure)

Galerie Neu | Emily Sundblad, Untitled, 2016

Courtesy of the artist and Galerie Neu, Berlin

 

 

Mittelmaß und Sogkräfte

 

Enttäuschend sind zuweilen die Leinwand-Produktionen. Die Galerie Neu beispielsweise hat in diesem Segment wenig Innovatives zu bieten, beeindruckend bei der diesjährigen Präsentation ist allerdings die Arbeit von Yngve Holen, der zwei Waschtrommeln "geschaffen" hat, in denen weiße verknüllte Textilienreste liegen. Vielfältiger im Angebot ist die Galerie Eigen + Art, die unter anderem Martin Eder im Programm hat, der das ungewöhnliche Talent besitzt, moderne Trash-Kultur mit sehnsuchtsbeladener Innerlichkeit und stilisierten Wehmutsgefühlen zu kombinieren, etwa in "Die Tat". Ein sinnierende, andachtsvolle Frau in psychedelische Farben eingetaucht ist wahrlich keine Neuheit, trotzdem spricht das Bild trotz aller negativen Zutaten zum Innern, dahin, wo die tieferen Seelenbezirke sitzen. Ganz anders der dem gleichen Haus zugehörige, kühl kalkulierende David Schnell mit dem Werk "Quartier", das dem Rezipienten nicht wegläuft, sondern förmlich entgegenspringt. Das Bild mit seinen verschiedenen leuchtenden Rottönen erzeugt auch ohne magische Suggestivität eine ungewöhnliche Sogkraft. Es gibt noch viele wichtige Namen zu nennen, etwa Nasan Tur (Galerie Blain/Southern), Anna Vogel (Galerie conrads) oder Yinon Avior und Katinka Pilscheur (Galerie koal). Trotz aller Leistungen: Eine Offenbarung ist diese Messe nicht. Wohl nicht wenige Besucher*innen verlassen sie mit gemischten Gefühlen.

 

Art Berlin 2017

Station Berlin

Luckenwalder Straße 4-6

10963 Berlin

14. - 17. September 2017

 

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