Verantwortung und Unabhängigkeit können zu Überforderung führen

Besonders Akademiker versuchen sich gewissenhaft mit der Thematik zu beschäftigen, die nach der Geburt auf sie zukommt. Es gibt jede Menge Ratgeber für den Umgang mit Babys und Kleinkindern. Wer auf Ratgeberliteratur vertraut, bei dem kann sich eine trügerische Sicherheit einstellen. Bücher können nur Sachlagen illustrieren, aber die individuelle Lebenssituation und der Charakter des Kindes bleiben außen vor.

Es gibt keinen Plan für ein glückliches Kind und für eine glückliche Mutter sowieso nicht. Keine Frau weiß, wie sie sich als Mutter fühlen wird und welches Baby sie gebären wird.

Dabei sind Ängste in der Schwangerschaft normal. Wichtig ist es, sich mit anderen darüber auszutauschen. Bei manchen Frauen kommen die Ängste erst nach der Geburt hoch, schwierig wird es, wenn keine Hilfe in Anspruch genommen wird. Die Situation wird umso komplizierter, je weniger man sich seine Gefühle eingestehen kann. 

Mit der Geburt des ersten Kindes wird das Leben auf den Kopf gestellt

Insbesondere die erste Geburt wirkt auf Neu - Mütter wie ein Schock. Erst ging es um sie und wie sie sich mit der Schwangerschaft fühlen und die Geburt erleben wollen. Häufig verläuft eine Geburt anders als gewünscht und man trifft unter der Geburt andere Entscheidungen.

So bald das Neugeborene im Arm der Mutter liegt und vielleicht schon mal ein wenig an der Brust der Mutter getrunken hat, beginnt ein völlig neues Leben. Die Schwangerschaft und die Geburt sind beendet und rücken in den Hintergrund. Plötzlich ist da ein kleines Lebewesen, was immerzu trinken will und an einem dran klebt. Man selbst steht noch unter dem Eindruck einer turbulenten Geburt und hat mit Geburtsverletzungen zu kämpfen. Oder mit der einfachen Frage, ob man schon wieder alleine aufs Klo gehen kann. Zeitgleich muss man sich noch 24 Stunden am Tag um ein kleines Baby kümmern. Dazu kommt dann noch die hormonelle Umstellung von Schwangerschaft auf Rückbildung und Ankurbelung der Milchproduktion.

Ein Stimmungstief ein paar Tage nach der Geburt durchleben die meisten Frauen. In der Fachliteratur werden diese Tage auch als Baby - Blues bezeichnet. Bei 80 bis 90 % der Frauen verabschiedet sich diese Phase von selbst wieder. Bei einer kleinen Anzahl von Frauen bleibt dieses Tief über das Wochenbett hinaus bestehen.

Wenn die Symptome zu spät erkannt werden, dreht sich die Negativspirale immer weiter nach unten. Die Betroffenen leiden in der Regel unter massiven Schuldgefühlen. Richtig gefährlich wird es, wenn Frauen ihre Babys nicht annehmen können, weil sie keine Nähe zu ihnen fühlen und sie als Fremdkörper betrachten. Der Weg hin zu Vernachlässigung und / oder Misshandlung ist dann nicht mehr weit. In besonders dramatischen Fällen kann es sogar zur Ermordung des Kindes kommen.

Deshalb ist es wichtig, dass die Betroffene sich so schnell wie möglich in professionelle Behandlung begibt.

Erste Alarmanzeichen sind, wenn eine junge Mutter durchgängig traurig und niedergeschlagen wirkt und keine Hoffnung hat, dass sich ihr Zustand in der Zukunft bessern wird. Einige Frauen reagieren mit einer übertriebenen Fröhlichkeit und betonen immer wieder, wie glücklich sie sind. In so einem Fall sollte man ebenso hellhörig werden. Oft werden Sätze gesagt, wie "Mein Kind mag mich nicht", "Ich bin eine schlechte Mutter", "Meinem Kind würde es ohne mir besser gehen", "Am liebsten würde ich abhauen" oder "Ich würde nie mehr ein Kind bekommen wollen".

Weitere Informationen zur postpartalen Depression und Psychose gibt es unter www.schatten-und-licht.de .Der Verein vermittelt den Kontakt zu Selbsthilfegruppen, spezialisierten Therapeuten und bietet ein Forum zum Austausch.

Man wird nicht zur Mutter geboren

Jede Frau muss sich erst mal an ihre neue Rolle gewöhnen. Die Veränderung zieht sich durch alle Lebensbereiche. 

Der Körper hat sich durch die Schwangerschaft verändert und in der Stillzeit spielt er durch die Verbindung zum Kind noch immer eine wichtige Rolle. Die Gefühle, die damit verbunden sind, lösen Irritationen aus.

Wie viel eigenständige Person bin ich noch, wenn ich Tag und Nacht jemand anderem diene? Frauen fühlen sich oft enger verbunden mit ihrem Kind, als mit ihrem Partner, das kann zu Partnerschaftskonflikten führen. Sexualität spielt im ersten Jahr nach der Geburt eine untergeordnete Rolle. Da taucht schnell die Frage auf, ob man nun auf ewig im Zölibat lebt.

Neu - Mütter fühlen sich häufig nicht sofort als Mutter. Das Bild einer immer glücklichen Mama, die weiß, wie sie sich richtig verhalten muss, wird stark durch die Medien geprägt. Mit der Realität hat das nichts zu tun, denn auch als Mutter wird niemand perfekt sein können. Mütter machen Fehler, wie alle Menschen und dürfen schwach sein. So lange man in der überwiegenden Zeit seiner Verantwortung gerecht wird.

Das erste Kind rüttelt meist ziemlich am Selbstbild, was sich aber im Laufe des ersten Lebensjahres wieder zusammen setzt.

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