Erstes Lustiges Taschenbuch: Der Kolumbusfalter

Cover "Der Kolumbusfalter"Der 1. Oktober 1967 markiert einen ganz besonderen Tag in der deutschsprachigen Comiclandschaft: An jenem Tag, als "France 2" als erster französischer TV-Sender sein Programm in Farbe auszustrahlen begann, erschien die erste Ausgabe von "Walt Disneys Lustige Taschenbücher", später als "Lustiges Taschenbuch" bekannt. Im Gegensatz zum ersten französischen Farbfernsehprogramm, wurden die Bücher zur Hälfte in Schwarz-Weiß gedruckt (abwechselnd jeweils zwei Seiten in Farbe, zwei Seiten in Schwarz-Weiß). Dem Erfolg der Comicreihe tat dies freilich keinen Abbruch und das ungewohnte Comicformat eroberte die Herzen der Disney-Fans.

Für eine gut erhaltene Ausgabe der legendären Nummer 1, dem "Kolumbusfalter", werden in Sammlerkreisen inzwischen vierstellige Euro-Beträge geboten. Keine schlechte Wertsteigerung wenn man bedenkt, dass die Erstausgabe für 2,50 D-Mark verkauft wurde. Auch wenn Disneys Lustiges Taschenbuch anfangs nur eine von mehreren Disney-Serien darstellte - das Micky-Maus-Magazin, "Die Tollsten Geschichten von Donald Duck – Sonderheft" und das seit langem eingestellte MV-Comix gingen dem Taschenbuch voran -, so entwickelte es sich rasch zum Verkaufsschlager. Kein Wunder: 250 Seiten Comics aus Entenhausen zum verlockenden Taschengeldpreis boten Lesespaß für viele Stunden! Und das beileibe nicht nur für Kinder: Gerade in den rebellischen 1960er Jahren entdeckten Erwachsene, darunter viele Studenten, die unverwandt unsere Welt auf die Schippe nehmenden Abenteuer aus Entenhausen.

Bunte Schwarz-weiß-Malerei aus Entenhausen

Nicht nur das Taschenbuchformat unterschied Disneys Lustiges Taschenbuch, das bis 1987 "Walt Disneys Lustige Taschenbücher" hieß, von den "normalen" Comicausgaben im Heftchenformat. Ungewöhnlich waren neben der Länge der einzelnen Geschichten, die sich mitunter auf über 100 Seiten erstreckten, was einen Abdruck im Heftchenformat unmöglich machte, die meist strenge Aufteilung der Bände in "Donald"- und "Micky"-Geschichten, sprich: Enthielt der "Kolumbusfalter" ausschließlich Abenteuer mit dem Duck-Clan, so waren im Nachfolgeband "Hallo … hier Micky!" nur Geschichten rund um Micky Maus vertreten.

Anfangs wurden die oft völlig zusammenhanglosen Comics durch eine Vorgeschichte und Zwischenepisoden notdürftig miteinander verbunden. Ein Konzept, das längst wieder fallengelassen wurde, sodass die Comicabenteuer in Disneys Lustiges Taschenbuch jeweils eigene Episoden ohne unmittelbaren Zusammenhang zu den anderen Geschichten darstellen. Zum Glück, denn sowohl zeichnerisch, als auch von den Ideen her waren diese Zwischengeschichten meist von minderer Qualität und mündeten oft darin, dass die Hauptgeschichten schlichtweg zu Träumen erklärt wurden.

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Darüber hinaus hat sich in den hunderten Ausgaben seit dem "Kolumbusfalter" noch Vieles mehr geändert. Inzwischen werden sämtliche Seiten in Vollfarbe gedruckt, es gibt Jubiläums- und Sonderausgaben, spezielle Cover wie Hologramm-Cover und die Geschichten fallen meist weitaus kürzer aus. Über die Qualität der Geschichten in Disneys Lustiges Taschenbuch lässt sich natürlich streiten. Der Artikelautor bevorzugt eindeutig die alten, ausufernden Geschichten, was auf verklärte Nostalgie zurückgeführt werden könnte.

Faktum ist: Disneys Lustiges Taschenbuch findet jede Menge begeisterte Leser. 2011 konnten von jeder der monatlich erscheinenden Ausgaben rund eine Viertelmillion (!) Exemplare abgesetzt werden – und das trotz der elektronischen Konkurrenz durch Internet, iPad und eBook-Reader Kindle, Spielekonsolen oder Handys. Die Abenteuer aus Entenhausen faszinieren eben immer noch und verhelfen der Comicreihe zu einem ungebrochenen Boom.

Politisch korrekt in Entenhausen

Interessanterweise spiegelt die Comicreihe den Trend zur politischen Korrektheit wider, wie in diesem Artikel über Zensur in Disneys Lustigem Taschenbuch anschaulich dargestellt wird. Angefangen vom blauen Dunst über die Verlockungen des Alkohols, bis hin zu entschärften Gewaltdarstellungen reicht die Palette der freiwilligen Zensur. Comicsammler erfreuen sich derweil an den witzigen Seitenhieben auf die damals gängige gesellschaftliche Darstellung bzw. Vorstellung von "Bekloppten" oder Dunkelhäutigen. Schließlich machten sich die Geschichten aus Entenhausen nicht über die "Außenseiter", sondern über die Gesellschaft selbst lustig.

Natürlich bleibt Disneys Lustiges Taschenbuch auch Jahrzehnte nach dem "Kolumbusfalter" das, was es von Anfang an darstellte: Eine relativ preisgünstige Möglichkeit, dem grauen Alltag wenigstens für ein paar Stunden zu entfliehen und über die Missgeschicke Donalds oder Dagoberts legendären Geiz zu lachen. Und das vereint junge und ältere Leser bis heute: Disneys Lustiges Taschenbuch bietet Lesespaß für alle!

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